Einige Ergänzungen und Überlegungen
19.09.2025 LeserbriefeDie Tatsache, dass seit geraumer Zeit Eigentümer von privaten Immobilien in der Schweiz eine Steuer auf ein Einkommen zu zahlen haben, welches diese nicht tatsächlich einnehmen, sondern nur als Naturalleistung beziehen, ist gelinde ausgedrückt «überraschend». Man ...
Die Tatsache, dass seit geraumer Zeit Eigentümer von privaten Immobilien in der Schweiz eine Steuer auf ein Einkommen zu zahlen haben, welches diese nicht tatsächlich einnehmen, sondern nur als Naturalleistung beziehen, ist gelinde ausgedrückt «überraschend». Man kann jedoch sehr wohl geteilter Meinung darüber sein. Ich persönlich gehe in diesem Sinne mit dem Leserbrief von Herrn Hans Schär vom 14. September absolut einig und teile dessen Meinungen und Ansichten in globaler Weise durchaus.
Wie in den meisten Fällen jedoch sollte eine globale, konzeptuelle, allenfalls oberflächliche Sichtweise nicht über gewisse Aspekte, oder «Kniffligkeiten» hinwegtäuschen:
Die Abschaffung des Eigenmietwertes (auf Erst- und Zweitwohnungen) bedeutet eben auch, dass Eigentümer gewisse Aufwendungen wie den Hypothekarzins, den Unterhalt an der Immobilie, gewisse Versicherungskosten und die in Zukunft kaum vermeidbaren energetischen Aufwertungsinvestitionen nicht mehr steuerlich abziehen können. (Auf kantonaler Ebene können Abzüge in Sachen Energie- und Umweltschutz bis spätestens 2050 gewährt werden. Denkmalpflegerische Abzüge bleiben bestehen/auch in kantonaler Kompetenz).
Es geht also bei der Abstimmung um die Abschaffung des Eigenmietwertes nicht nur um den umgangssprachlichen Titel der Abstimmungsvorlage, sondern um einen grundlegenden Systemwechsel bezüglich der Besteuerung von Wohneigentum. Dies, insofern als diese Vorlage auch beinhaltet, dass die steuerlichen Mindereinnahmen des Staates kompensiert werden sollen und somit das Ganze ein «Nullsummenspiel» (zumindest für die Alpenkantone) sein möge. Diese Vorlage ist nämlich an die explizite Erlaubnis an die Kantone geknüpft, auf überwiegend selbstgenutzte Zweitliegenschaften eine Steuer zu erheben. Das Parlament hat beide Elemente, das Bundesgesetz über den Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung (Eigenmietwert) und die Verfassungsänderung über die kantonale Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften, rechtlich innerhalb einer (!) Vorlage zwingend miteinander verknüpft, was möglicherweise als gesetzgeberischer «Murks» bezeichnet werden kann.
Menschen, meist ältere, finanziell besser situierte Semester, die ihr Wohneigentum auf ein «vernünftiges» Niveau abbezahlt und renoviert haben, würden von der Eigenmietwertabschaffung finanziell wohl eher profitieren.
Für jüngere Menschen hingegen, die kürzlich eine Wohnung oder ein Haus gekauft haben, oder kaufen möchten und möglicherweise Renovationen planen, sehen sich auf die Dauer mit einer deutlich komplexeren Situation konfrontiert (Stichwort: Ersterwerberabzug). Der Schuldzinsabzug wird in diesem Falle sehr (!) stark eingeschränkt, steigende Zinsen könnten mit der Zeit ein Problem darstellen. Menschen, die vorhaben, sich in diesem Sinne über längere Zeit zu verschulden (oder verschulden müssen!), sollten sich hierzu Gedanken machen.
Ziel dieses Beitrags ist es, nicht eine auch nur annähernd greifbare Übersicht zu verschaffen.
Mein Ziel ist es eher, deutlich zu machen, dass durch die Abschaffung des Eigenmietwertes auch Unsicherheiten geschaffen werden und es wohl, sollte der Eigenmietwert tatsächlich abgeschafft werden, unweigerlich zu unbeabsichtigten Nebenwirkungen führen wird:
Der budgetierte Einnahmeausfall (bei Abschaffung der Eigenmietwertes) wird zurzeit auf der Website des Eidgenössichen Finanzdepartements (EFD) mit ungefähr 1,8 Mrd. Franken beziffert. Diese Projektion mit dem Satz ergänzt, dass diese Schätzungen unsicher sind. Ich merke an, dass anlässlich der Reform der Konzernbesteuerung der Bund mit dessen finanziellen Projektionen ziemlich deutlich daneben lag…
Den Kantonen steht es frei, neue Steuern auf Zweitliegenschaften zu erheben. Ob und wie diese dies tun werden, ist zurzeit vollkommen offen und somit würde uns ein weiterer Unsicherheitsfaktor (nebst der vergangenen Erbschaftssteuerinitiativen, der bald anstehenden neuen Initiative über die Besteuerung grosser Erbschaften, der vergangenen Abstimmung über die Pauschalbesteuerung (Bund und gewisse Kantone), der vergangenen Zweitwohnungsinitiative usw.) in der Region über Jahre begleiten.
Wir sind eine Region, die mittelbar und unmittelbar vom gehobenen Tourismus lebt. Kann es sein, dass weitere Unsicherheiten, wie für jeden Markt auf dieser Erde, eher schwierige (negative) als positive Auswirkungen oder Nebenwirkungen haben wird ?
Wird die neue Vorlage im Endeffekt tatsächlich eine Entlastung bringen oder nur eine Verlagerung auf eine andere Steuer, deren Höhe und Auswirkungen wir per heute, insbesondere in unserer Region, gar nicht abschätzen können?
Sicherlich sollte, meiner Meinung nach, der Eigenmietwert aus offensichtlichen Gründen eines Tages abgeschafft werden.
Die Frage, ob dies zu diesem, möglicherweise hohen Preis zu geschehen hat, gilt es an der Urne wohlüberlegt zu beantworten.
Diese Zeilen also lediglich im Sinne eines Gedankenaustausches…
CYRILLE DE KOSTINE, SAANEN