Emotionales Adieu von Verwaltungsratspräsident Heinz Brand

  23.08.2022 Gstaad

Die Generalversammlung der Bergbahnen Destination Gstaad AG fand am vergangenen Samstagmorgen auf dem Eggli mit Rekordzahlen statt: Umsatz, Gewinn und anwesende Aktionäre.

BLANCA BURRI
Selten besuchten so viele Aktionäre eine Generalversammlung der Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) wie am vergangenen Samstagmorgen. 188 Personen fuhren mit den Porsche-Gondeln zum Bergrestaurant Eggli. Sie vertraten 92,38 Prozent des gesamten Aktienkapitals von 25’294’546 Franken. So grosses Interesse ist in der Regel auf Empörung oder im Gegenteil auf Zufriedenheit zurückzuführen. Bei den BDG-Aktionären ist es Letzteres. Sie sind mit dem Verwaltungsrat, der Geschäftsleitung und den Mitarbeitenden der BDG ausserordentlich zufrieden. Trotz guter Zahlen wird jedoch keine Dividende ausbezahlt, und zwar weil es nicht im Sinne der Sache ist, das Unternehmen öffentliche Gelder erhält und es deshalb nicht zugelassen und verantwortlich wäre. Diese flüssigen Mittel werden für die zukünftigen Projekte verwendet.

Transparenz führt zu Glaubwürdigkeit
Heinz Brand hatte sich am Anfang seines Verwaltungsratsmandates vor sieben Jahren auf die Fahne geschrieben, immer transparent sein zu wollen. Dies hat er durchgezogen. Das Unternehmen informiert nicht nur über Erfolgsmeldungen, sondern auch darüber, wenn etwas nicht so gut läuft: steigende Energiekosten, Fachkräftemangel oder als weiteres Beispiel die Gastronomieausrichtung des Bergrestaurants Eggli vom vergangenen Winter, als sich viele Einheimische wegen zu exquisiten Speisen und hohen Preisen auf dem Hausberg von Gstaad nicht mehr wohlfühlten. Auch bei aktuellen Themen zeigt sich die BDG offen: Jan Brand übernimmt als neuer Verwaltungsratspräsident die strategische Leitung. Gleichzeitig arbeitet er für Gstaad Saanenland Tourismus operativ. Da Gstaad Saanenland Tourismus ein enger Partner der BDG ist, könnte diese Verbandelung zu Mauschelei oder zu Konflikten führen. Um dem vorzubeugen, übernimmt die GST-Geschäfte jeweils der Vizepräsident, momentan in der Person von Matthias Matti. Darüber informierte Heinz Brand die Aktionäre bereits vor der Wahl, die mit Applaus erfolgte. Transparenz liess Brand auch bei der Neuwahl von Michael Teuscher in den Verwaltungsrat walten. Michael Teuscher ist Regierungsstatthalter Obersimmental-Saanenlandund somit zuständig für die Baubewilligungen. Da bei Neubauten von Bergbahnen das Bundesamt für Verkehr (BAV) zuständig sei, gebe es keine Mandatsüberschneidungen, versicherte Heinz Brand. «Auch innerhalb Michael Teuschers Zuständigkeitsbereich ist geregelt, dass er keine BDG-Themen in seiner Funktion als Regierungsstatthalter betreut», versprach Heinz Brand. Auch Michael Teuscher wurde mit grossem Applaus gewählt.

Ein Scherenschnitt und ein paar Tränen
Für die Verabschiedung von Verwaltungsratspräsident Heinz Brand hielt Matthias Matti eine launische und brillante Rede. Er sprach als Auswärtiger, als Grossrat und vor allem als Weggefährte über den BDG-Patron mit den breiten Schultern und der Vorliebe für farbenfrohe Pullover. Er liess bei der Laudatio auch dessen Nikotinkonsum nicht aussen vor, viele Gespräche hätten deshalb im Freien stattgefunden. Heinz Brand habe immer alle Partner und Mitarbeitenden im Blick gehabt. «Wenn er ins BDG-Büro kam, grüsste er erst alle einzelnen Mitarbeitenden und wenn er wieder ging, verabschiedete er sich wieder. Ein richtiger Patron eben.» Heinz Brand wurde nicht nur mit Worten, sondern auch mit einem lang anhaltenden Applaus und einem Scherenschnitt beschenkt. Vom Dank war Heinz Brand tief gerührt, so dass er sich die Augen wischte und sich räusperte, bevor er weitersprach.

Ein dynamisches Unternehmen
Sieben Jahre nach der Sanierung ist das Bergbahnunternehmen bestens aufgestellt. Es hat eine stabile Geschäftsleitung, verzeichnet einen Umsatzwachstum, hat die Kosten im Griff und richtet sich nach klaren strategischen Zielen aus. Was besonders auffällt: Es hat sich von einem Verwaltungsapparat zu einem dynamischen Unternehmen entwickelt, dessen Wertehaltung heute als «Wir-Kultur» bezeichnet werden kann. Auch politisch hat es an Kraft gewonnen. Ende 2020 initiierte es die Initiative «Alles fährt Ski» und erreichte damit, dass die Schweizer Bergbahnen trotz Druck von der EU im zweiten Pandemiejahr durchgehend fuhren.

Im Visier hat das Unternehmen nun die drohende Energiemangellage, die Matthias In-Albon noch mit einer gewissen Gelassenheit angeht, weil er in den entsprechenden Gremien sitzt und deshalb die Bedeutung der Bergbahnen für die Wirtschaft kennt. Die Bergbahnunternehmen der Schweiz erwirtschaften einen Umsatz von «nur» 828 Millionen Franken. Viel gewichtiger ist aber die nachgelagerte Wertschöpfung in den Bergregionen, die bei offenen Bergbahnen mit einem Faktor 9 multipliziert werden und somit indirekt für acht Milliarden Franken Umsatz verantwortlich sind. Damit haben die Bergbahnen eine hohe Relevanz. Auf die Sparmassnahmen des Bundes angesprochen, sagt Matthias In-Albon im Anschluss an die Versammlung: «Wenn Strom gespart werden muss, müsste das sehr pragmatisch gelöst werden. Periphere Anlagen oder frequenzschwache Anlagen müssten abgeschaltet und der Rest des Skigebiets weiter betrieben werden. Wir sind derzeit daran, dass wir als ein virtuelles Arealnetz angeschaut werden und die Einsparungen nicht für jeden einzelnen unserer 70 Einspeisungspunkte einzeln gelten.» Eine Kontingentierung des Stroms wird aus seiner Sicht zum jetzigen Zeitpunkt im März 2023, also nach der Hauptsaision, ein Thema.
Während der zweistündigen Sitzung stellten die Aktionäre keine einzige Frage. Auch die Geschäfte waren unbestritten. Und so verabschiedete sich Heinz Brand kurz nach 12 Uhr mit «Häbets guet, läbet guet» aus dem Amt und sass anschliessend mit den Aktionären bei einem Mittagessen noch zusammen, viele dankten und verabschiedeten sich danach persönlich von ihm.


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