Die Buchvernissage zu «Madame Gstaad» von Gottfried und Andrea von Siebenthal war eine würdige Hommage an die Geschichte von Gstaad und jene, die sie am Leben halten und für andere zugänglich machen.

KEREM S. MAURER
Der Rahmen für die Vernissage des Buches «Madame Gstaad» von Gottfried und Andrea von Siebenthal hätte nicht passender sein können: Im Museum der Landschaft Saanen inmitten von Originalrequisiten und historischen Fotos wurden die Vernissagebesuchenden in die Zeit und die Umstände des Romans zurückgeführt. Vernissage-Moderator Samuel Krähenbühl, SVP-Grossrat aus Unterlangenegg, bezeichnete «Madame Gstaad» als das Highlight des Jahres. «Das Buch verbindet historische Fakten und eine reale Geschichte.» Und Stephan Jaggi, Präsident des Museums der Landschaft Saanen, sagte: «In Zusammenarbeit mit seiner Tochter hat Gottfried von Siebenthal sein grosses Wissen über sein geliebtes Gstaad für uns und die kommenden Generationen bildlich und schriftlich festgehalten. Ich habe mich beim Lesen zurückversetzt gefühlt in die Zeiten meiner Grosseltern, die hier im Saanenland lebten.» Käthi von Siebenthal und Urs Kohli eröffneten den Anlass musikalisch.

Demut schadet nie
«Wir können uns nicht vorstellen, wie es damals war», sagte Saanens Gemeindepräsident Toni von Grünigen in seiner Ansprache. Gekonnt schlug er den Bogen von damals – «der Tod war präsenter und Versicherungen gab es keine» – über die Anfänge des Aufschwungs – «fliessendes Wasser in den Gstaader Häusern gab es erst mit der Realisierung der MOB» – bis hin zur Gegenwart – «Arbeit und Kost haben die meisten von uns heute im Überfluss». Mit Demut angesichts der im Buch geschilderten tragischen Begebenheiten und Lebensumstände erinnerte der Gemeindepräsident daran, dass der Wohlstand, den die heutigen Generationen ernten, darauf gründe, was die vorangegangenen Generationen in den letzten 150 Jahren gesät und gepflegt hatten. «Wir tragen in uns die Menschen, die vor uns da waren»,

Katastrophe als Chance
Nach einem kurzen Film, den Andrea von Siebenthal über das Schaffen ihres Vaters für «Madame Gstaad» realisiert hatte, erläuterte das Autorenduo im Gespräch mit Samuel Krähenbühl, wie es zu der Zusammenarbeit und dem Buch gekommen ist. «Ich wollte zu Beginn die Geschichte einfach für mich aufschreiben, damit sie nicht verloren geht», erinnert sich Gottfried von Siebenthal und seine Tochter gab zu, erst einmal leer geschluckt zu haben, als er sagte, er wolle einen Roman schreiben. «Für einen Roman braucht es schon etwas mehr als das Zusammentragen historischer Fakten», sagte sie lachend. Doch nachdem sie die ersten Kapitel redigiert hatte, habe sie gespürt, dass daraus etwas werden könnte. Samuel Krähenbühl fragte, ob der Brand eine Chance für Gstaad gewesen sei. Gottfried von Siebenthal bejahte die Frage. In jener Zerstörung habe ein Neuanfang gelegen, der eine Modernisierung mit sich gebracht habe. «Es war ein Neustart für unser Dorf und ein Segen für den aufkommenden Tourismus», sagte er. So tragisch die damaligen Ereignisse auch waren, so rosig ist heute die Gegenwart im Saanenland. «Madame Gstaad hilft uns, die Wurzeln unseres Wohlstandes nicht zu vergessen», formulierte Toni von Grünigen treffend.

ZUM BUCH

«Madame Gstaad» beschreibt faktenreich und fantasievoll die wahre Lebensgeschichte von Emilie von Siebenthal (1846–1922), die als eine von 14 Kindern in jungen Jahren auf der Suche nach einem besseren Leben das Saanenland verliess und nach mehreren Jahren in Genf und Paris wieder zurückkehrte. Als Bäckersfrau in Gstaad wurde sie zu einer bedeutenden Persönlichkeit und wider Willen zu einer Schlüsselfigur des tragischen Dorfbrands, der 1898 das halbe Dorf zerstörte und das Leben aller Beteiligten nachhaltig veränderte. Allen Widrigkeiten zum Trotz wird sie in der Zeit des aufblühenden Tourismus zu einer prägenden Figur im Dorf – zu «Madame Gstaad».

PD

187 Seiten, historische Fotos und Pläne. Erschienen im Weber Verlag AG 2022, ISBN 978-3-03818-407-2.

ZUR AUSSTELLUNG

Die Ausstellung im Museum der Landschaft Saanen bietet den Besuchern in Film, Bild und mit vielen historischen Objekten einen einmaligen Einblick in das Leben der Emilie Steffen-von Siebenthal, «Madame Gstaad», in die Begebenheiten des Gstaadbrandes von 1898 und beleuchtet die Hintergründe der Erbauung des Palace-Hotels. Noch bis Ostern haben die Besucher Zeit, die Ausstellung zu besuchen.

KEREM S. MAURER

Erinnerung an die Wurzeln des heutigen Wohlstands

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