Ferienheim Wandfluh – Hoffnungsträger bis zuletzt
16.02.2023Am 17. Juni 1986 feierte man in Abländschen den Spatenstich für das Ferienheim Wandfluh. Ein symbolischer Akt voller Hoffnung für das sich damals in Hochkonjunktur befindende abgelegenste Tal des Kantons Bern.
KEREM S. MAURER In Abländschen herrschte ...
Am 17. Juni 1986 feierte man in Abländschen den Spatenstich für das Ferienheim Wandfluh. Ein symbolischer Akt voller Hoffnung für das sich damals in Hochkonjunktur befindende abgelegenste Tal des Kantons Bern.
KEREM S. MAURER In Abländschen herrschte reges Leben: Zwei Skilifte beförderten Wintersportfreunde auf die Pisten, im Dorfladen wurde eingekauft, es gab eine Post, Postautoverbindungen, eine Schule, eine Gaststätte, eine Kirche und sogar ein Ferienheim. Elisabeth und Robert Dänzer waren in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht nur in die Planung und den Bau des Ferienheims involviert, sie waren auch das erste Verwalterehepaar des Ferienheims.
«Das Ferienhaus Wandfluh wurde in den 80er-Jahren zur Belebung des Skilifts und des Dorfes gebaut», erinnert sich Hans-Peter Dänzer, der selbst eine Zeit lang im Verwaltungsrat der Ferienheim Abländschen AG sowie im Verwaltungsrat des Abländschner Skilifts sass und heute die hiesige Dorforganisation präsidiert. Die Idee hat funktioniert. Als das Ferienheim betriebsbereit und die Schul- und Skilager noch obligatorisch waren, zog es viele Ferienlagergäste an. Vor allem Schulkinder und Jugendliche. Auch das Militär wagte sich für regelmässige Schiessverlegungen in das urige Dorf hinter dem Mittelberg. Mindestens solange der Gebirgswaffenplatz Obere Birne noch in Betrieb war.
«Es ist ein Krampf»
Entsprechende Dokumente, die Hans-Peter Dänzer sorgfältig aufbewahrt, verraten, dass eine Übernachtung in der ersten Wintersaison 1987/88 acht Franken gekostet hat. Danach hat das Ferienheim stetig an Bedeutung gewonnen und nach zehn Betriebsjahren, nämlich im Winter 1997/98, verzeichnete es seine höchste Bettenbelegung in seiner vergleichsweise kurzen Geschichte. Der Job des Heimverwalters war eine 40-Prozentstelle, doch es gab im Haus wesentlich mehr zu tun.
Elisabeth Dänzer sagte im Jahr 2008 gegenüber dieser Zeitung: «Oft reist eine Gruppe am Mittag ab und die nächste zieht bereits am Nachmittag wieder ein. Dazwischen gilt es, die Bettwäsche zu waschen und das Haus zu putzen, denn die Schüler, die zumindest den Grundputz erledigen sollten, sind dabei meist nicht sehr gründlich.» Während der ersten Jahre stand ihr zum Waschen nur eine kleine Waschmaschine zur Verfügung, sodass sie die grossen Mengen an Kissenbezügen und Bettlaken auf fünf bis acht Ladungen verteilen musste. «Es ist ein Krampf», fasste sie zusammen.
Auch Beat Fuhrer, der während der goldenen Zeiten des Ferienheims Wandfluh Kommandant der Feuerwehr war, erinnert sich an Saisons, in denen viele Jugendliche das Dorf belebten. «Einmal musste die Feuerwehr ins Ferienheim ausrücken, weil die Jugendlichen mit ihren Deosprays einen Fehlalarm ausgelöst hatten», sagt er lachend. Zum Glück war es kein Ernstfall. Das Ferienheim Wandfluh war zu seiner Zeit eine Bereicherung für Abländschen und verhalf nicht nur den Heimverwaltern zu einem Nebeneinkommen. «Es bescherte einigen von uns einen Zusatzverdienst. Wir verkauften Holz, Milch und Käse ins Heim», berichtet Hans-Peter Dänzer.
Die Wende nach der Jahrtausendwende
Mit dem anbrechenden neuen Jahrtausend drohte Abländschen, in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen. Nach und nach verschwand in dem abgelegenen Dorf eine Institution nach der anderen. Dorfladen, Post und Postauto, Feuerwehr, Skilifte und die Schule wurden geschlossen, die Gäste im Ferienheim blieben mehr und mehr aus. Die Heimverantwortlichen kämpften lange gegen das offensichtlich Unvermeidbare. Dank einer grosszügigen Spende aus der Liquidation der Abländschen Sportanlagen AG schloss 2009 die Jahresrechnung der Ferienhaus Wandfluh Abländschen AG mit einem guten Geschäftsergebnis ab. Dennoch sah die Zukunft des Ferienheims nicht mehr rosig aus. Nach fast einem Vierteljahrhundert war das Ferienheim sanierungsbedürftig, brauchte eine neue Isolation, einen neuen Boden im Essraum, Reparaturen standen an, die Küche musste umgebaut werden. Es kam sogar die Idee auf, das Haus barrierefrei auszubauen. Diese Idee wäre von der Gemeinde Saanen unterstützt worden, doch daraus wurde nichts. Im Jahr 2013 erschien in den lokalen Medien ein flammender Appell des Verwaltungsrates, das Ferienhaus Wandfluh dürfe nicht auch noch geschlossen werden. Doch zwei Jahre später war es soweit. Am 12. September 2015 beschlossen die Aktionäre der Ferienheim Wandfluh Abländschen AG den Verkauf ihres Ferienheims.
Vom stillgelegten Heim zum Haus der Stille
Die Association Mudita hat das Ferienheim Wandfluh gekauft und verwandelte es nach einigen Umbauarbeiten in ein Centre de Retraite. «Wir werden in unserem neuen Centre de Retraite in Abländschen machen, was wir seit über 20 Jahren schon tun», liess sich Anne Michel von der Association Mudita 2016 in den regionalen Medien zitieren. «Wir organisieren Meditationen und Retraiten in der Stille.» Doch so neu sind die Neuen in Abländschen gar nicht. Anne Michel erzählte, dass sie in früheren Jahren das Ferienheim Wandfluh regelmässig gemietet hatten und geriet ins Schwärmen, als sie von ihren Erlebnissen in Abländschen erzählte. Wenn das Haus in Abländschen zu neuem Leben erweckt werde, sei dies sicher eine gute Sache, hiess es damals seitens der Gemeinde Saanen. Und mit der Association Mudita dürfte auch der Wunsch eines Aktionärs an der letzten Versammlung der Ferienheim Wandfluh AG, nämlich aus dem Ferienheim kein Schandfleck zu machen, erfüllt worden sein.
FERIENHEIME IM SAANENLAND
Rund 20 Ferienheime stehen mitunter an bester oder schönster Lage im Saanenland. Viele von ihnen sind im Besitz von auswärtigen Schulen oder Vereinen, andere sind seit Generationen im Besitz einheimischer Familien. Die meisten dieser Häuser wurden ursprünglich als Gruppenunterkünfte gebaut, andere dienten jedoch erst landwirtschaftlichen Zwecken, bevor sie in Herbergen umfunktioniert wurden. So unterschiedlich ihre Geschichten auch sind, eines haben sie gemeinsam: Wer einmal in einem Ferienlager im Saanenland gute Zeiten erlebt hat, kommt irgendwann wieder hierhin zurück. So sind Ferienheime mehr als nur Herbergen, sie sind Lebensschulen, Erinnerungsstätten und manchmal auch Sehnsuchtsorte. In loser Folge porträtieren wir einige von ihnen.
KEREM MAURER
Ferienheime im Saanenland
1 Chalet Saanenwald, Hornbergstrasse, 3777 Saanenmöser
2 Tubegrabe-Stafel, Turbachstrasse 159, 3781 Turbach
3 Ferienlager Eggli, Oeyetliweg 26, 3792 Saanen
4 Gässlihof, Gässli 23, 3784 Feutersoey
5 Ferienheim Länggass, Simneweg 4, 3777 Saanenmöser
6 Ferienheim Region Fraubrunnen, Erliweg 5, 3778 Schönried
7 Clubhaus Rüeblihorn, Lätzgüetliweg 7, 3777 Saanenmöserr
8 Bümplizerhuus, Hornbergstrasse 25, 3777 Saanenmöser
9 Ferienheim Buebebärg, Hubelstrasse 83, 3778 Schönried
10 Clubhaus Spitz, Skiclub Weyermatt, Alte Saanenmöserstrasse 2, 3776 Oeschseite
11 Ferienheim Heitimatte, Campingstrasse 10, 3785 Gsteig
12 Ferienlager Gemeinde Lauenen, Kirchstrasse 21, 3780 Lauenen
13 Lovell Mountain Lodge, Hubelstrasse 88, 3778 Schönried
14 Münsinger Ferienheim, Zügelweg 4, 3777 Saanenmöser
15 Pfadfinderheim Kuonolf, Waldmatte 95, Schönried
16 Sport Lodge (Sportzentrum Gstaad AG), Sportzentrumstrasse 5, 3780 Gstaad
17 Solothurner Ferienheim, Bergmatteweg 21, 3777 Saanenmöser
18 Grupenunterkunft Waldmatte, Chalberhöni, Saanen
19 Ferienheim Wandfluh, Abländschen




