Festival mit Raum für Comedy, Achtsamkeit und ganz viel Musik
14.02.2023 GstaadDer Ticketverkauf für das 67. Gstaad Menuhin Festival & Academy hat Anfang des Monats begonnen. Ein guter Zeitpunkt, um gemeinsam mit Christoph Müller, Artistic Director, genauer hin- und vorauszuschauen.
JENNY STERCHI
Wie ist der ...
Der Ticketverkauf für das 67. Gstaad Menuhin Festival & Academy hat Anfang des Monats begonnen. Ein guter Zeitpunkt, um gemeinsam mit Christoph Müller, Artistic Director, genauer hin- und vorauszuschauen.
JENNY STERCHI
Wie ist der Ticketverkauf gestartet?
Der Vorverkauf startete kürzlich und es ist zu früh, um eine Einschätzung abzugeben. Wir sind optimistisch und zählen voll darauf, dass unser treues Publikum die grosse Vielfalt zu schätzen weiss!
Das Festival steht nicht still. Mit dem Gstaad Digital Festival deckt es einen immer wichtiger werdenden Teil des modernen Lebens ab. Neu ist auch ein Podcast auf der Festivalseite verlinkt. Ist das eine Eigenproduktion? Was ist das Ziel des Podcasts? An wen richtet er sich?
Der Ausbau der Leistungen im digitalen Bereich verfolgt ein Hauptziel: Wir möchten die Türen zum Festival auf allen Ebenen öffnen und wir möchten Inhalte vermitteln und die Menschen an das Festival und seine Konzerte heranführen. Podcasts sind ein sehr beliebtes Format, welches genutzt werden kann beim Reisen, Entspannen, Sporttreiben, Wandern... und natürlich während der Anfahrt zum Konzert.
Grosse Namen wie Khatia Buniatishvili und Ute Lemper stehen auf dem Programm. Sie ziehen das Publikum vermutlich ohne Erklärung an. Welche bekannten Künstler werden auch noch das Festival bereichern?
Wir präsentieren eine gesunde Mischung aus bekannten, regelmässig auftretenden Musikerinnen und Musikern sowie neuen, aufstrebenden Talenten und arrivierten Stars, die zum ersten Mal bei uns im Saanenland zu Gast sind. Neben vielen Debuts wie jenen von Lucas & Arthur Jussen, Pretty Yende oder Tarmo Peltokoski gilt es, insbesondere das Debut der Grand Dame des Klaviers, Mitsuko Uchida, zu erwähnen. Es ist eine grosse Ehre, dass sie Gstaad im Alter von 75 Jahren zum ersten Mal besucht.
Neben all den Grossen gibt es sicher auch Geheimtipps. Haben Sie einen oder zwei?
Klar, ich erachte es auch als meine Aufgabe, auf die Geheimtipps hinzuweisen: Am 26. Juli spielt die grossartige junge Cellistin Anastasia Kobekina zusammen mit dem SIGNUM Saxophone quartet ein bezauberndes Bach-Projekt mit Musik aus Südamerika und Johann Sebastian Bach. Es ist ein besonderes Gemisch von Instrumenten und Klängen. Am 30. Juli empfehle ich das geniale Comedyduo Igudesman & Joo, die sich köstlich über den Musikbetrieb lustig machen, ohne auch nur einen Moment die Musik zu verspotten. Diesmal erscheinen sie mit einer grossen Hommage an Rachmaninov, ihr Vorbild. Die zweite Sinfonie von Gustav Mahler, die «Auferstehungssinfonie», ist nicht unbedingt ein Geheimtipp, aber eine Einladung, sich dem Sog dieser monumentalen Musik hinzugeben. Oder die Energie und den unterhaltenden Wert einer neunten Sinfonie von Schostakowitsch zu erleben. Ich möchte das Publikum auch motivieren, sich Neuem aufgeschlossen hinzuwenden, denn nur dadurch gestaltet sich ein Musikfestival interessant.
Artist in Residence 2023 ist Francesco Piemontesi. Was können Sie über ihn verraten?
Er ist der zweifellos beste, erfolgreichste und innovativste Schweizer Pianist der Gegenwart. Er ist ein sehr feiner, sensibler, aber hoch virtuoser und überlegter Pianist, der mit den grossen Orchestern in der ganzen Welt spielt, zum Beispiel in Berlin, Amsterdam und Wien. Es ist höchste Zeit, dass er an einem Schweizer Festival eine Residenz mit vier Konzerten bekommt.
Der erste Teil des neuen Zyklus «Wandel» heisst «Demut». Im Programm finden sich immer wieder Konzerte mit dem Titelzusatz «Demut & Glaube» und «Demut & Vorbilder». Was erwartet die Besucherinnen und Besucher dort?
Das Thema ist unterteilt in diese Spektren. Es geht darum, die Haltung der Komponisten in der Musik zu entdecken, die im Zusammenhang mit Demut steht. Der Geisteszustand der Demut ist in diesen Jahren gegenwärtiger denn je, nachdem allen von uns durch Pandemie, Krieg und Klimawandel aufgezeigt wurde, dass es Dinge gibt, die wir nicht in unseren Händen haben.
Wie gestaltet sich die Nachfrage bei den Academys?
Die Gstaad Academy mit den vielfältigen Angeboten für hochtalentierte Nachwuchskünstlerinnen und -künstler sowie für jugendliche und erwachsene Amateure erfreut sich einer immer grösser werdenden Beliebtheit. Gerade in diesen Tagen ging die Anmeldefrist für die Gstaad Conducting Academy zu Ende. Weit über 200 Bewerbungen aus der ganzen Welt haben uns erreicht – das sind rund 600 Videos, die nun von der Jury durchforstet werden. Das Niveau ist atemberaubend. Das merkt man daran, dass eine unserer Preisträgerinnen, Izabele Jankauskaite, kürzlich in eine der führenden Künstleragenturen aufgenommen wurde.
Wie gross ist das Interesse bezüglich Nachhaltigkeitsanstrengungen?
Interessanterweise werden wir vor allem von Journalistinnen und Journalisten aber auch von der Künstlerseite auf das Thema angesprochen. Offenbar ist es ungewöhnlich, dass ein Musikfestival diesen Weg so konsequent zu gehen versucht. Wir nehmen hier gerne eine Pionierrolle ein und stellen uns der Herausforderung, den Erwartungen auch gerecht zu werden.
Lukas Wittermann sagte Ende August an der Pressekonferenz: «Als dezentrales Festival sind wir hier besonders stark gefordert. Wir werden alles daransetzen, dieses Handlungsfeld mit Impulsen, Anreizen und unter Einbezug unserer Stakeholder anzugehen.» Zugleich wurde damals kommuniziert, dass in den folgenden Wochen der Verwaltungsrat die Umsetzung verschiedener möglicher Massnahmen diskutieren wollte. Gibt es von dort bereits etwas Neues?
Ja, wir sind voll damit beschäftigt, «step by step» alle Bereiche unseres Festivalbetriebs wie auch unserer Geschäftsstelle zu durchleuchten. Allem voran ist es uns wichtig, mit künstlerischen Inhalten und der Konzertreihe «Music for the Planet» rund um die Künstlerin Patricia Kopatchinskaja Impulse zu geben. Auch mit unseren Künstlerinnen und Künstlern sind wir bereits in Kontakt, um eine möglichst emissionsarme Anreise zu erwirken. Unser Publikum befragen wir in Kürze in einer Studie unter anderem auch zum Thema der individuellen Anreise. Dazu kommt das Label von Schweiz Tourismus «Swisstainable», das für uns sehr wichtig ist – seit Beginn des Jahres erfüllen wir die Kriterien für «Level I – committed» mit dem Ziel, möglichst schnell das zweite Level zu erreichen!