Erster Schweizer Regionalflugplatz mit nachhaltigem Treibstoff
27.03.2025 SaanenDie Flugplatzgenossenschaft Gstaad-Saanenland hat an ihrer Generalversammlung eine wegweisende Neuerung bekannt gegeben: Als erster Regionalflugplatz der Schweiz bietet er ab sofort den nachhaltigen Treibstoff SAF an. Mit einem Literpreis von 4.62 Franken bleibt das Angebot allerdings ...
Die Flugplatzgenossenschaft Gstaad-Saanenland hat an ihrer Generalversammlung eine wegweisende Neuerung bekannt gegeben: Als erster Regionalflugplatz der Schweiz bietet er ab sofort den nachhaltigen Treibstoff SAF an. Mit einem Literpreis von 4.62 Franken bleibt das Angebot allerdings vorerst eine ökologisch motivierte Investition.
ELISA OPPERMANN
Die 39. ordentliche Generalversammlung der Flugplatzgenossenschaft Gstaad-Saanenland fand am 26. März 2025 statt. Im Zentrum der Veranstaltung standen die Vorstellung und Diskussion aktueller Projekte zur Weiterentwicklung des Flugplatzes – unter anderen auch die Einführung des nachhaltigen Flugtreibstoffs SAF (Sustainable Aviation Fuel) (siehe Kasten). Als erster Regionalflugplatz der Schweiz bietet der Gstaad Airport diesen Treibstoff ab sofort an. Der Entscheid wurde im Rahmen der Generalversammlung erstmals öffentlich gemacht und gilt als Pilotprojekt, dessen Erfolg sich erst im praktischen Betrieb zeigen wird. Gleichzeitig wurde über weitere Entwicklungen im Bereich Sicherheit, Infrastruktur und Energieversorgung informiert.
SAF als Pilotprojekt mit offenem Ausgang
Im Gespräch mit dem «Anzeiger von Saanen» erklärte Erich Imboden, COO des Flugplatzes, dass es sich beim Einsatz von SAF um ein Pilotprojekt handle. Man könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, ob sich der Betrieb wirtschaftlich oder operativ bewähren werde. «Ob es funktioniert, ist reine Spekulation», so Imboden. «Fliegen ist nicht nachhaltig, das ist allen bewusst. Deshalb versuchen wir, dort wo es möglich ist, nachhaltige Lösungen umzusetzen.» Der aktuelle Preis von 4.62 Franken pro Liter SAF stellt eine Hürde dar. Konventioneller Flugtreibstoff liegt bei 2.31 Franken pro Liter. Sollte die Nachfrage ausbleiben, sei laut Imboden auch ein Verkauf zum herkömmlichen Preis denkbar, um wirtschaftliche Risiken zu begrenzen.
Investitionen in Infrastruktur und Technik
Parallel zum SAF-Projekt wurden im vergangenen Jahr verschiedene infrastrukturelle Massnahmen umgesetzt. Dazu zählt die vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) bewilligten Anpassungen an zwei der acht bestehenden Helipads für grössere Helikopter, um auch für solche Maschinen Platz zu bieten. Ergänzt wurde die Modernisierung durch die Installation einer Roundshot-Kamera mit Nachtsichtfunktion, die es Pilotinnen und Piloten ermöglicht, die Wetterverhältnisse am Flugplatz bereits vor dem Start live einzusehen – auch in der Dunkelheit. Dies trägt zur besseren Einsatzplanung und zur Betriebssicherheit bei.
Photovoltaik und mögliche Stromproduktion für Dritte
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der energetischen Selbstversorgung: Die Photovoltaikanlage, die 2024 auf dem Areal errichtet wurde, wird noch im März in Betrieb genommen. Sie ermöglicht dem Flugplatz künftig den autarken Betrieb mit eigenem Solarstrom. Ob wie ursprünglich geplant, zusätzlich eine zweite, grössere Anlage auf der Ostseite gebaut wird, bleibt abzuwarten. Diese wäre ausschliesslich zur Einspeisung ins Netz vorgesehen. Aufgrund der winterlichen Verschattung während rund drei Monaten und der unklaren Rentabilität steht ein Entscheid noch aus. Die Bewertung erfolgt nach den ersten Betriebsmonaten der bestehenden Anlage.
Sicherheitsstandard beibehalten
Auch in puncto Sicherheit berichtete die Genossenschaft von einem konstanten Betrieb ohne Zwischenfälle. Im Gespräch mit dem «Anzeiger von Saanen» sagte Walter Egger, Präsident der Flugplatzgenossenschaft: «Das wichtigste Ergebnis der Jahresbilanz ist für mich: keine Unfälle.» Die Sicherheit sei zentral, insbesondere angesichts der gemischten Nutzung mit zwei Dritteln Flächenflugzeugen und einem Drittel Helikoptern. Am 16. April 2025 findet wie alle drei Jahre eine Notfallübung statt. Bei der Übung wird ein Unfall bei der Landung eines Flugzeuges simuliert und die Blaulichtorganisationen des Flugplatzes und der Gemeinde Saanen rücken aus und werden beübt. Der Flugbetrieb wird an diesem Tag teilweise eingeschränkt. Die Übung soll bestehende Abläufe überprüfen und das Personal auf ausserordentliche Situationen vorbereiten.
Finanzen und Verkehrszahlen
Die Jahresrechnung 2024 zeigt eine stabile Entwicklung. Der Umsatz stieg leicht auf 3,6 Millionen Franken, der Jahresgewinn beträgt knapp 98’000 Franken, und der Bilanzgewinn beläuft sich auf 23’327 Franken (Vorjahr: 20’270 Franken). Das EBITDA – das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen – liegt bei 539’639.95 Franken. Im Vorjahr hatte dieser Wert noch 672’830.50 Franken betragen. Der Rückgang spiegelt insbesondere erhöhte Investitionen im Bereich Infrastruktur, Technik und Energie wider. Darüber hinaus wurde an der Versammlung die positive Entwicklung der Mietverhältnisse zwischen der Gstaad Airport AG (GAAG) und der Flugplatzgenossenschaft (FGGS) hervorgehoben. Dank gestiegener Einnahmen seitens der GAAG konnte im Berichtsjahr eine Hypothek bis zum Restbetrag von einer Million Franken amortisiert werden. Auch im Flugbetrieb war eine Erholung spürbar: Nach einem Rückgang um 8,2 Prozent im Jahr 2023 stieg die Zahl der Flugbewegungen 2024 wieder um 5,5 Prozent an.
WAS IST SAF?
SAF steht für Sustainable Aviation Fuel – also nachhaltiger Flugtreibstoff. Im Gegensatz zu konventionellem Kerosin basiert SAF nicht auf fossilen Rohstoffen, sondern wird aus erneuerbaren Quellen wie Altspeiseölen, landwirtschaftlichen Reststoffen oder – in zukünftigen Verfahren – auch aus CO2 und grünem Wasserstoff hergestellt.
Herstellung: Der häufigste Prozess ist die sogenannte HEFA-Methode (Hydroprocessed Esters and Fatty Acids), bei der pflanzliche oder tierische Fette hydriert werden. In Entwicklung sind zudem synthetische Verfahren wie Power-to-Liquid (PtL), die CO2 direkt aus der Atmosphäre nutzen.
Vorteile: SAF kann den CO2-Fussabdruck im Vergleich zu fossilem Kerosin um bis zu 80 Prozent reduzieren – bezogen auf den gesamten Lebenszyklus. Das bedeutet: Von der Gewinnung der Rohstoffe über die Produktion und den Transport bis zur Verbrennung im Triebwerk wird der gesamte CO2-Ausstoss berücksichtigt. Besonders der Einsatz von Reststoffen und erneuerbaren Energien in der Herstellung sorgt dabei für eine deutlich bessere Klimabilanz.
Herausforderung: Die Produktion ist aktuell noch kostenintensiv und limitiert – der Literpreis liegt deutlich über dem von herkömmlichem Flugbenzin. Langfristig wird jedoch ein entscheidender Beitrag zur Dekarbonisierung der Luftfahrt erwartet.
EOP
Quellen:
International Air Transport Association (IATA): www.iata.org
WorldEnergy:www.worldenergy.net
Reuters,Artikelvom 1. November 2023: www.reuters.com