Gesundheitsnetz Simme Saane: Urnenabstimmung über identische Vorlage

  02.10.2023 Gesundheitswesen

Am 19. November stimmen die sechs zustimmenden Gemeinden erneut über das integrierte Versorgungsmodell Gesundheitsnetz Simme Saane ab. Gsteigs Anteil wird nach dessen Nein vom 25. August auf die übrigen Gemeinden aufgeteilt, die Abstimmungsvorlage bleibt identisch. Aber es gibt Urnenabstimmungen – und wieder ohne Quorum.

KEREM S. MAURER
Die Gesundheit Simme Saane AG (GSS) schreibt in ihrer Medienmitteilung zum offenen Brief der Gemeinde Gsteig vom 27. September 2023, sie habe den Businessplan für den langfristigen Erhalt des Spitals in Zweisimmen als Teil eines Versorgungsnetzes «mehrfach extern überprüfen» lassen. Auch hätten alle beteiligten Gemeinden die Möglichkeit gehabt, die Zahlen vollständig einzusehen. Falls die Gemeinde Gsteig für ihren Entscheidungsprozess eine zusätzliche Überprüfung des Businessplans in Auftrag geben wolle, um sich später eventuell doch noch am Projekt zu beteiligen, stehe ihr dies frei. Ferner betont die GSS, dass der Bericht zum Businessplan anfangs August veröffentlicht worden und auf der Website der GSS für alle einsehbar sei. Die GSS hält ausdrücklich fest, sie habe den beteiligten Gemeinden im Verlauf der bisherigen Projektarbeiten mehrmals angeboten, die Zahlen im Detail zu erläutern. «Als Aktionärin der GSS AG konnte und kann auch die Gemeinde Gsteig ihre Aktionärsrechte über die bestehenden Gefässe der GSS AG geltend machen und sich die Zahlen erläutern lassen. Bisher hat sie darauf verzichtet.»

Gsteig hat Antrag gestellt
«Um die Herausgabe des Businessplans zu erwirken, muss die Gemeinde Gsteig einen Antrag an den Verwaltungsrat der GSS stellen», erklärt Alexander Gäumann, VR-Präsident der GSS, auf Anfrage. Er erklärt: «Im Businessplan gibt es Zahlen von Partnerorganisationen, die nicht öffentlich gemacht werden dürfen. Bevor diese Zahlen weitergegeben werden können, müssen die Empfänger Verschwiegenheitsvereinbarungen unterzeichnen.» Dieser Antrag wurde laut Aussagen von Paul Reichenbach, Gemeindeschreiber Gsteig, gestern Montag gestellt. Doch die Zeit drängt, denn die GSS will sich an den Auftrag der sechs Gemeinden halten, die am 25. August zugestimmt haben. Der von den Behörden festgelegte politische Fahrplan sei für die GSS massgeblich, «um am 19. November 2023 in den sechs Gemeinden eine Urnenabstimmung durchzuführen, um das Projekt weiterzuverfolgen», heisst es in der Medienmitteilung.

Der neue Vorschlag bestehe darin, dass die Gemeinden Boltigen, Lauenen, Lenk, Saanen, St. Stephan und Zweisimmen den Finanzierungsanteil von Gsteig in der Höhe von 63’000 Franken pro Jahr anteilsmässig übernehmen. «Gsteig und andere benachbarte Gemeinden sowie weitere Dritte können sich später finanziell am Gesundheitsnetz Simme Saane beteiligen. Bei einer Beteiligung von Gsteig gehen die Beiträge der Gemeinden auf den ursprünglichen Kostenverteilschlüssel zurück. Es werden also gesamthaft nicht mehr als 1,5 Mio. resp. 0,3 Mio. Franken an Beiträgen bezahlt», heisst es in der Medienmitteilung der GSS.

Regierungsstatthalter hat Urnenabstimmungen bewilligt
Der Entscheid, ob das Projekt der GSS weiterverfolgt werden könne, müsse rasch erfolgen, schreiben auch die Gemeinderäte der sechs zustimmenden Gemeinden in einer gemeinsamen Mitteilung, da das Projekt von der Bewilligung finanzieller Beiträge des Kantons abhängig sei. Damit die notwendigen kantonalen Beschlüsse rechtzeitig aufgegleist werden könnten, müssten die Stimmberechtigten spätestens am 19. November 2023 abstimmen können. «Die Arbeiten für die Neuansetzung der Abstimmung sind mit juristischer Unterstützung des Verbandes Bernischer Gemeinden (VBG) vorbereitet worden. Gestützt auf Art. 12 des Gemeindegesetzes des Kantons Bern kann der Regierungsstatthalter ausnahmsweise auf Ersuchen des Gemeinderats einen Urnengang anordnen.

Unterdessen hat der Regierungsstatthalter die entsprechenden Gesuche bewilligt», schreiben die sechs Gemeinderäte.

Identische Vorlage, wieder ohne Quorum
Wie die Gemeinderäte der zustimmenden Gemeinden mitteilen, ist die Abstimmungsvorlage inhaltlich unverändert. «Nach wie vor geht es darum, die Strukturen der Gesundheitsversorgung im Simmental und Saanenland auf die künftigen regionalen Anforderungen und Bedürfnisse auszurichten. Dabei soll insbesondere die Versorgung mit einem Akutspital sichergestellt werden. Damit das Versorgungsmodell umgesetzt werden kann, müssen die Gemeinden finanzielle Beiträge leisten. Der Finanzierungsanteil von Gsteig wird anteilsmässig von den Gemeinden Boltigen, Lauenen, Lenk, Saanen, St. Stephan und Zweisimmen übernommen.»

Doch an der Abstimmunsmodalität wird nichts geändert. Will heissen, wenn wieder eine Gemeinde Nein sagen würde, wäre das Projekt faktisch erneut vom Tisch. Die Gemeinderäte erklären: «Mit Quorum wird bei Abstimmungen, die für die Annahme einer Vorlage festgelegte Art bezeichnet, zum Beispiel bei Initiativen Volks- und Ständemehr. Beim integrierten Versorgungsmodell der GSS handle es sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Region. Eine Umsetzung des Vorhabens sei ohne die grossen Gemeinden nicht möglich. Für ein Quorum spreche, dass trotz der Annahme einer Mehrheit der Abstimmenden nicht eine einzelne kleine Gemeinde die Vorlage zum Scheitern bringen könne. Aber: «Dagegen spricht, dass das Gesundheitsnetz Simme Saane von allen Einwohnerinnen und Einwohnern sowie von all unseren Gästen benützt werden kann. Wegen der Gemeindeautonomie ist es nicht möglich, ablehnende Gemeinden, ob gross oder klein, finanziell zur Bezahlung von Beiträgen verpflichten zu können», begründen die Gemeinderäte in ihrer Mitteilung den Entscheid, am selben Modus festzuhalten. Nicht nur in der Gesundheitsversorgung gelte, dass ohne gelebte Solidarität regionales Handeln nicht möglich sei. Nach reiflichen Überlegungen und aufgrund der klaren Abstimmungsresultate vom 25. August seien nicht zuletzt die Gemeindebehörden übereingekommen, bei der kommenden Abstimmung erneut auf ein Quorum zu verzichten.


ZUM OFFENEN BRIEF VON GSTEIG

Die Gemeinderäte der sechs zustimmenden Gemeinden beziehen in ihrer Medienmitteilung auch Stellung zum offenen Brief der Gemeinde Gsteig. Dazu heisst es: «Die Gemeinderäte Boltigen, Lauenen, Lenk, Saanen, St. Stephan und Zweisimmen bedauern unisono, dass der Gemeinderat Gsteig mit einem offenen Brief direkt an die Öffentlichkeit gelangt ist und damit die Mitarbeitenden im Spital Zweisimmen sowie die Bevölkerung verunsichern. Die Gemeinderäte weisen explizit darauf hin, dass nicht wie vom Gemeinderat Gsteig moniert die GSS, sondern die sechs zustimmenden Gemeinden nach den Gemeindeversammlungen vom 25. August 2023 das Heft in die Hand genommen haben.» Um den demokratischen Entscheid von Gsteig zu respektieren, erfolge die Neuansetzung der Abstimmung ohne Gsteig. Umgekehrt werde erwartet, dass auch der Gsteiger Gemeinderat die Entscheide der sechs zustimmenden Gemeinden respektiere. Zumal auch eine Delegation des Gemeinderats Gsteig am 5. September 2023 zur Koordinationssitzung eingeladen worden sei und seither stets transparent über alle relevanten Schritte betreffend der Neuansetzung der Abstimmung informiert worden sei. «Weiter nehmen die sechs Ja-Gemeinden keine Stellung zum offenen Brief der Gemeinde Gsteig über die Medien», schliessen die Gemeinderäte ihre Mitteilung und betonen, dass sie das integrierte Versorgungsmodell der GSS als für «zielführend, realistisch und machbar» halten.

PD/KMA

 


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