Grubenstrasse: Barrieren ja, aber...

  24.05.2024 Gstaad

Trotz mehrheitlicher Zustimmung der Befragten für Barrieren an der Grubenstrasse gab es zahlreiche Einsprachen gegen das entsprechende Baugesuch. Das Seilziehen um die passende Verkehrsberuhigung an der Grubenstrasse geht in eine weitere Runde.

KEREM S. MAURER
Es ist schon eine schier unendliche Geschichte – und sie ist (noch) nicht zu Ende. Fast seit die Grubenstrasse im Dezember 1963 in den Besitz der Gemeinde Saanen überging, wird über mögliche Verkehrsberuhigungsmassnahmen diskutiert. 1978 wurde das heute noch gültige Fahrverbot für Motorfahrzeuge und Zubringerdienst aufgestellt sowie die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 40 Stundenkilometer festgelegt. 1994 erachtete ein Teil der Anwohnerschaft eine verkehrsberuhigende Barrierenanlage für mehrheitsfähig. Die Bäuertversammlung Gruben stimmte am 5. Dezember 1994 mit 31 gegen 29 Stimmen für eine Barrierelösung. Zwei Jahre später bekräftigte die Bäuertversammlung in einer Konsultativabstimmung diesen Entscheid. Angesichts der damals über 100 gesammelten Unterschriften für die Barriere verfolgte die Gemeinde das Projekt weiter. Infolge von Einsprachen wurden es aber nie realisiert. Ende 1999 hat der Gemeinderat entschieden, gänzlich auf bauliche Hindernisse zu verzichten und stattdessen auf wiederholte Kontrollen und Geschwindigkeitsmessungen zu setzen.

Barrieren sind laut Umfrage gewollt
Vor rund zwei Jahren startete die IG Grubenstrasse einen neuen Anlauf, um das hohe Verkehrsaufkommen und den verbotenen Durchgangsverkehr zwischen Ebnit und Schönried zu unterbinden. IG-Mitglied und Grubenstrasse-Anwohner Martin Reuteler, der nach eigenen Angaben die Situation bestens kennt, sagt: «Mir geht es um die Sicherheit der Fussgänger:innen und Kinder. Es gibt auf der Grubenstrasse zu viel Verkehr, es ist zu gefährlich. Man muss etwas dagegen tun!» Die Gemeinde lancierte eine Umfrage, bei der 398 Fragebögen an die Anwohnenden der Grubenstrasse verschickt wurden. 257 ausgefüllte Bögen wurden zurückgeschickt. 85 Prozent finden es richtig, dass in der Grubenstrasse Verkehrsmassnahmen vorgesehen sind. Und 75 Prozent erachten Barrieren zur Reduktion des Durchgangsverkehrs als sinnvoll (siehe Grafiken zur Umfrage). «Diese hohe Zustimmung war für uns ein klarer Auftrag, das Projekt aufzugleisen», sagt Philipp Becker, Fachleiter Infrastrukturen bei der Gemeinde Saanen. Geplant sind laut Baugesuch zwei Barrieren jeweils eine am Eingang und eine am Ausgang der Grubenstrasse. «Die Anlage wird mit Kontrollnummer-Erkennungskameras ausgestattet, sodass berechtigte Personen nicht aussteigen müssen, weil sich die Barriere selbstständig hebt und hinter dem Fahrzeug wieder senkt», erklärt Philipp Becker, und: «Für landwirtschaftliche Fahrzeuge wird die Zugänglichkeit mittels Handsendern sichergestellt.» Martin Reuteler ergänzt: «Alle möglichen Massnahmen wurden während der vergangenen 60 Jahre mehrmals eingehend geprüft und immer hat sich die Barrierenlösung als die beste Variante erwiesen.»

«Alles nur reine Schikane!»
Arthur Rieben, ebenfalls Anwohner der Grubenstrasse, aber ein erklärter Gegner der Barrierelösung, hält diese für «reine Schikane». In der Gruben, so sagt er, wohnten rund 700 Menschen und es gebe etwa 460 erschlossene Gebäude. Dies entspreche annähernd zehn Prozent der Saaner Bevölkerung. Diese 700 Personen allein wären für das grosse Verkehrsaufkommen auf der Grubenstrasse verantwortlich, ist Rieben überzeugt. «Eine Lösung mit zwei Barrieren bringt nur Ärger und bestraft die Falschen», sagt er. Denn Fahrzeuglenkende, die nicht über die entsprechende Passiererlaubnis verfügten, müssten anhalten, den Motor abstellen, die Handbremse anziehen, aussteigen, den Knopf an der Barriere drücken, wieder einstiegen und den Motor starten und anfahren. Dies führe vor den beiden Barrieren irgendwann zu Stau. Ganz abgesehen davon sei es praktisch unmöglich zu definieren, wer zur freien Durchfahrt berechtigt sei und wer nicht. In seinen Augen viel sinnvoller wäre eine Videoüberwachung mit Scannern und zwei Kameras. So könne genau ermittelt und einfach gebüsst werden, wer nur durch die Grubenstrasse hindurchfahre. Würde jemand nur einen Scanner passieren und den anderen nicht, würde die Aufnahme automatisch gleich wieder gelöscht. «Zudem hätten solche Kameras eine abschreckende Wirkung, sodass sich das Problem der unberechtigten Durchfahrer innerhalb kurzer Zeit von selbst löst», so Rieben. Allenfalls wäre eine Lösung mit nur einer Schranke eher akzeptabel.

Jetzt soll es vorwärts gehen
Während Arthur Rieben davon überzeugt ist, dass diese Zwei-Schranken-Lösung nie durchkommen wird, zeigt sich Martin Reuteler zuversichtlich. «Eine grosse Mehrheit der Befragten wollen diese Barrieren. Es wäre schön und zu erwarten, dass demokratische Entscheidungen wie im vorliegenden Fall von der Saaner Bevölkerung akzeptiert und für die Betroffenen endlich umgesetzt würden!», sagt er. Zudem wohne eine Mehrheit der Einsprechenden nicht direkt an der Grubenstrasse. Andere Einsprachen dagegen seien legitim, die müsse man anschauen. «Jetzt ist es wichtig, dass die Gemeinde vorwärts macht, damit diese Barrieren noch vor dem Winter kommen», so Reuteler. Auch in der Gemeindeverwaltung will man nicht unnötig Zeit verstreichen lassen. «Wir werden im Rahmen einer internen Sitzung über das weitere Vorgehen befinden und ob die Einsprachen behandelt oder abgewiesen werden sollen», sagt Philipp Becker und ergänzt: «Auch wir sind froh, wenn wir diese unendliche Geschichte endlich abschliessen können.»


DIE EINSPRACHEN

In den Einsprachen zum Baugesuch der Barrieren in der Grubenstrasse wurden hauptsächlich folgende Punkte aufgeführt:
• Ungeeignete Standorte der Barrieren.
• Videoüberwachung statt Barrieren.
• Die MOB-Bahnschranke sei zeitweise geschlossen, was schon viele Durchfahrende abschrecke.
• Die Barrieren würden die Anwohnenden behindern, nicht die Fehlbaren.
• In einer Begründung wurde mit Anzahl Fahrten ausgeführt, dass der Verkehr durch die Anwohnenden selbst generiert werde.

 


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