Jetzt wirds grün in Lauenen
31.03.2023 LauenenDer schneearme Winter brachte die Skilift Rohrbrücke-Brüchli AG ins Grübeln, wie die Zukunft ihres Betriebs in Lauenen aussehen wird. Lösungen müssen her und eine scheint nun zum Greifen nah: befahrbare grüne Kunststoffpisten. Verwaltungsratspräsident ...
Der schneearme Winter brachte die Skilift Rohrbrücke-Brüchli AG ins Grübeln, wie die Zukunft ihres Betriebs in Lauenen aussehen wird. Lösungen müssen her und eine scheint nun zum Greifen nah: befahrbare grüne Kunststoffpisten. Verwaltungsratspräsident Heinz Addor erzählt, wie er zu dieser Idee kam.
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Es war zum Heulen: Der Schnee wollte sich diesen Winter lange nicht zeigen. Und als er dann endlich kam, machten ihm die milden Temperaturen und die Regenfälle das Leben schwer. Wie stark sich die Winter in den nächsten Jahren verändern werden, ist ungewiss. Trotzdem müssen sich Unternehmen, deren Wirtschaftlichkeit von der Schneesicherheit abhängt, auf verschiedene Zukunftsszenarien vorbereiten. Dieser Aufgabe hat sich die Skilift Rohrbrücke-Brüchli AG angenommen und geht ungewöhnliche Wege: Auf grünen Kunststoffpisten soll in Lauenen Ski gefahren werden – dies bald 365 Tage im Jahr.
Eine wetterfeste Option
Heinz Addor, Verwaltungsratspräsident der Skilift Rohrbrücke-Brüchli AG, kam bei einer seiner Reisen nach Skandinavien erstmals mit Kunstschneepisten in Kontakt: «Bevor ich nach Finnland reiste, verbrachte ich noch ein paar Tage im dänischen Kopenhagen. Ein Freund wollte mir unbedingt eine Attraktion zeigen und so lernte ich erstmals den Copenhill kennen.» Es handelt sich dabei um eine 85 Meter hohe Kehrichtverbrennungsanlage am Industriehafen, auf der ein künstlicher Freiluft-Skihügel realisiert wurde. Ski gefahren wird auf Kunststoffmatten, die Plastikborsten sind mit Silikon bestrichen. «Das Fahrerlebnis war unglaublich. Es war, als würde man auf hartem Schnee Ski fahren. Der Ski hat super gegriffen», erinnert sich Addor begeistert. Zurück in der Schweiz, legte er das Erlebnis bei den besonderen Erinnerungen ab und dachte nicht weiter an die grünen Pisten – bis zu den letzten Festtagen. «Keine Spur einer weissen Weihnacht, vielmehr war alles grün. Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen», erinnert sich Addor. Er informierte sich über die technischen Möglichkeiten von Kunststoffmatten und arbeitete einen Businessplan aus. Die Vorteile würden überwiegen. Der Verbrauch von Strom und Wasser für die künstliche Beschneiung falle beispielsweise weg, «ein grosser Pluspunkt aus ökologischer Sicht», sagt der Verwaltungsratspräsident. Das Material aus biologisch abbaubarem Kunststoff sei umweltverträglich und enthalte keinerlei umweltschädliche Stoffe. Der Einsatz von synthetischen Pisten ermögliche zudem den täglichen, wetterunabhängigen Betrieb. «Sollte es trotzdem schneien, sind die Kunststoffmatten immer noch einsatzfähig, im Gegenteil: Tests haben gezeigt, dass die Unterlage standhält und das Fahrvergnügen sogar zunimmt», erläutert der Verwaltungsratspräsident.
Das ganze Jahr auf den Skiern?
Durch den Einsatz von «Dry Slopes» (auf Deutsch «trockene Pisten»), wie sie auch genannt werden, wäre theoretisch ein Skibetrieb an 365 Tagen im Jahr möglich. «Ganzjahresstellen könnten geschaffen werden und Lauenen würde von einem touristischen Angebot profitieren, welches immer zur Verfügung stehen würde», meint Addor. Die alternativen Pisten müssten sich aber zuerst etablieren und bewähren. Eine Möglichkeit sieht er aber bei der Nachwuchsförderung. «Die JOs im Saanenland könnten neben den Sommertrainings auch ab und zu ein paar Tore fahren.» Denn die warmen Temperaturen haben nicht nur dem Winter zugesetzt, sondern auch den Gletschern im Sommer. Zermatt beispielsweise musste im letzten Jahr für eine gewisse Zeitperiode den Sommerskibetrieb einstellen. Die Alternativen für Sommertrainings auf den Skiern stehen somit auf der Kippe – die grünen Pisten könnten diese Lücke schliessen.
BDG unterstützt Planungen
Die Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) verfolge das Projekt mit grossem Interesse, sagt Geschäftsführer Matthias In-Albon auf Anfrage. Man stehe in engem Kontakt mit den Verantwortlichen. «Die BDG unterstützt uns mit fachlichem Wissen, da sie als grosses Bergbahnunternehmen über Fachexperten mit Know-how verfügen. Dies ist im Planungsprozess sehr hilfreich», so Heinz Addor. Liebäugelt die BDG ebenfalls mit der Alternative? Zurzeit nicht, so In-Albon. «Aber wer weiss, vielleicht setzen wir zukünftig die Kunststoffmatten gezielt ein, beispielsweise bei einem Skilifttrassee, beim Abstieg von einem Sessellift oder bei tiefer gelegenen Pistenabschnitten, wo wir mit Schneemangel kämpfen.»
Investitionen von 2,5 Millionen Franken
Die Skilift Rohrbrücke-Brüchli AG rechnet mit 2,5 Millionen Franken an Investitionskosten. Im Zwei-Jahres-Takt muss das Unternehmen jeweils eine Million Franken investieren für die Erneuerung der abgenützten Kunststoffmatten. «Die Sanierungskosten fallen nur bei einem Ganzjahresbetrieb in dieser Höhe an. Sollten wir den Betrieb nur im Winter führen, müssen wir die Anlagen nur alle drei bis vier Jahre sanieren», erklärt der Verwaltungsratspräsident. Es höre sich nach viel Geld an, sei jedoch im Vergleich zum heutigen Unterhalt ein moderater Preis. «Die Kosten für Energie, Wasser und Diesel fallen weg, weil es keine Beschneiung und Pistenpräparation durch Pistenbullys mehr braucht.» Der Verwaltungsrat sei zurzeit dran, um mit den Aktionären einen Finanzplan auszuarbeiten. Laut Addor hätten bereits zwei langjährige Zweitwohnungsbesitzer 750’000 Franken zugesichert, lokale Unternehmen würden das Projekt mit 250’000 Franken unterstützen. Es herrsche Aufbruchsstimmung, erzählt Heinz Addor. «Die Motivation ist hoch, ebenso die Begeisterung. Alle wollen etwas anstossen und gemeinsam etwas realisieren. Die grünen Pisten sind nun unser Ziel.»
Die Verantwortlichen planen, nächste Woche eine Informationsveranstaltung durchzuführen. Um das Besucheraufkommen besser abschätzen zu können, bitten sie alle Interessierten, sich über redaktion@anzeigervonsaanen.ch anzumelden. Sie werden eine Bestätigung erhalten. Die Organisatoren danken Ihnen für die Anmeldung!
-- Anmerkung der Redaktion: Bei diesem Artikel handelt es sich um unseren alljährlichen 1. Aprilscherz. In der darauffolgenden AvS-Ausgabe wurde der Scherz aufgelöst. --