Es lebe das Gewerbe im Saanenland!

  31.10.2022 Wirtschaft

Auch wenn es bei der Gstaader Messe in erster Linie um die Präsentation des regionalen Gewerbes ging, waren grosse Emotionen spürbar. Eine Tradition seit 1943, die im Kern immer noch das Gleiche erzielt wie damals: verbinden und vernetzen.

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Die Gstaader Messe lebt. Ab Donnerstagabend bis Sonntagnachmittag gingen viele Besuchende ein und aus, um sich bei den 73 Ausstellenden über ihren Beruf, ihre Angebote, ihr Gewerbe und ihre Innovationen zu informieren. Wie viele sind der Einladung des Vorstandes wohl gefolgt? «Das ist unser Geheimnis, denn wir wissen es einfach nicht», sagt Genossenschaftspräsident Philipp Reber lachend. Die Zahl ist am Ende auch zweitrangig, denn die Reaktion des Geschäftsführer von Optik Gstaad verrät so einiges: Er zeigt sich stolz. Ein besonderes Highlight könne er nicht benennen, vieles habe ihn begeistert. Es sei «der spürbare Drive und die Dynamik», die ihn positiv stimme. «In den letzten Jahren hat es in mehreren Firmen einen Generationenwechsel gegeben. Viele von ihnen sind dabei und das schätze ich sehr. Denn diese Ausstellungstage sind anstrengend und ich bin sicher, dass alle genug zu tun hätten», sagt Reber.

Die Tage waren lang, das ist klar. Doch die Freude, einander wiederzusehen – besonders nach der dreijährigen coronabedingten Zwangspause – überwog. In der einen Ecke wurde gelacht, in der anderen interessiert und auch kritisch nachgefragt, dort wurde mit Joystick und Virtual-Reality-Brille gespielt und drüben mit einem guten Tropfen angestossen. Das Gewerbe hat nicht nur präsentiert, es hat gelebt.


Zum Video geht es hier: https://tinyurl.com/2s3knmv2


«Einmal ist keinmal»
Erstes Fazit: Im Grossen und Ganzen war die 42. Gstaader Messe ein voller Erfolg. Trotzdem gibt es Verbesserungspotenzial, wie Reber angibt. Der erstmals angebotene Speakers’ Corner erreichte nicht die gewünschte Resonanz. Drei Vortragsthemen waren angemeldet. Kurz vor der Messe fiel schon eines weg, weil ein Berater wegen einer Verletzung nicht anreisen konnte; er hätte über den geplanten gemeinnützigen Wohnungsbau auf der Ebnitmatte informiert. Die zwei anderen Vorträge über die First Responder und der Strahlen abschirmenden Beschichtungstechnologie Accuraum zogen wenige Leute an. Eine Vorstellung wurde in der Folge gar nicht erst durchgeführt.

Was war das Problem? «Akustisch war es schwierig, die Vorträge zu halten», erklärt Reber. Der installierte Speakers’ Corner auf der Galerie zwischen Kasperli-Theater und dem Erlebnispark von Modellbau Saanenland erwies sich als unvorteilhaft. «Zudem ist es schwierig, die Besuchenden aus einer Diskussion oder einer geselligen Runde zu ‹reissen›. Es spricht zwar für die Messe, dass die Leute sich amüsieren, doch war dies auch ein Nachteil für den Speakers’ Corner», so der Genossenschaftspräsident. «Einmal ist keinmal. Wir müssen es ein zweites Mal versuchen, denn nun wissen alle von diesem Angebot, weshalb wir vielleicht auch mehr Resonanz erhalten.»

Ernüchternd, aber nicht demotivierend
Für die Vortragshaltenden war die Situation zwar ernüchternd, doch Ärger war kaum spürbar. Thomas Egger, CEO von Accuraum, konnte immerhin vor rund acht Leuten seine Innovation präsentieren: Durch eine aus Kohlenstoff und Grafit basierten Grundbeschichtung wird die elektrisch leitfähige Farbe genutzt, um das eigene Zuhause vor hochfrequentierten elektrischen Feldern zu schützen. «Wir nutzen jede Gelegenheit, um unser System bekannt zu machen. Den Weg habe ich deshalb gerne auf mich genommen», sagt Egger, der sonst in Bern wohnhaft ist. Durch Vorträge könne er den Leuten das komplexe Thema näherbringen. Engagiert wurde Egger von der Armin Werren AG in Gstaad, welche diese Technologie seit Kurzem anbietet. «Als wir von der Gratis-Plattform gehört haben, wollten wir diese Chance nutzen, um von einem Fachmann unser neues Angebot präsentieren zu lassen», sagt Geschäftsführer Philippe Werren. Vielleicht hätte sein Betrieb mehr Werbung machen sollen, anstatt nur in den sozialen Medien, so Werren. Trotzdem: Er würde wieder von diesem Angebot Gebrauch machen. «An der Gstaader Messe sind viele Interessierte an einem Ort versammelt, an dem wir ihnen neue Produkte näherbringen können.»

Der gleichen Meinung ist Rettungssanitäter Daniel Deubelbeiss, der am Speakers’ Corner mit seinen Kollegen das First-Responder-System präsentieren wollte: Personen, die sich bei einem Notfall von Herz-Kreislauf-Stillstand freiwillig aufmachen, um erste Hilfe zu leisten, bis die Rettungssanität vor Ort ist. «Wir haben einen Sketch einstudiert, um den Leuten einen möglichen Einsatz zu veranschaulichen», erzählt Deubelbeiss. Dazu kam es allerdings nicht, weil zu wenig Zuschauende anwesend waren. «Es ist zwar schade, müssen aber sagen, dass wir am Stand einen guten Erfolg gefeiert haben.» Sie seien erstmals ohne den Rettungswagen vor Ort gewesen, der oftmals konkurrenziert habe. «Nun erhalten wir die volle Aufmerksamkeit als First Responder und somit auch gute Feedbacks. Es haben sogar einige Interesse angemeldet, selbst ein First Responder zu werden.»


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