Gutes Jahr für die Saaner Bienen

  18.11.2022 Landwirtschaft

Laut dem Dachverband der Schweizerischen Bienenzüchter apisuisse war der Sommer 2022 nach dem mageren Jahr 2021 fast wieder normal. Was das bedeutet und ob sich das Saanenland in diesen Trend einordnen lässt, haben wir bei hiesigen Imker:innen nachgefragt.

NICOLAS GEISSBÜHLER
Der Sommer 2022 war ein besonders warmer. Dies haben laut Pressemitteilung von apisuisse, Dachverband der Bienenzüchter in der Schweiz, auch die Bienen und die Imker gespürt. Nachdem das Jahr 2020 mit bis zu 30 Kilogramm Honig pro Bienenvolk rekordhohe Honigernten und das darauf folgende Jahr wetterbedingt mit nur sieben Kilogramm pro Volk sehr tiefe Ernten einbrachte, war das Jahr 2022 mit 24 Kilogramm pro Volk fast wieder normal. Auch im Saanenland sind die Imker zufrieden mit der Ausbeute.

Höher als im Langjahresschnitt
Die diesjährigen mittleren Honigernten in der Schweiz sind mit einer Gesamternte von 23,9 Kilogramm pro Volk deutlich über dem langjährigen Schnitt von 20,4 Kilogramm. Dies ist vor allem der ausgezeichneten Frühlingshonigernte zu verdanken, die mit 12,4 Kilogramm pro Volk fast fünf Kilogramm über dem Schnitt lag Die Sommerhonigernte fiel dagegen etwas unter dem langjährigen Schnitt aus. Der Kanton Bern ordnet sich dabei etwas über dem nationalen Durchschnitt ein, hier wurden 24,5 Kilogramm Honig pro Volk gesammelt. Dies lasse sich allerdings nicht auf das Saanenland übertragen, erklärt Robert Hauswirth, Imker in Feutersoey und Zweisimmen und Präsident des Imkervereins Saanenland. «In diesem Schnitt des Kantons ist der Waldhonig des Unterlandes mit eingerechnet. In den Bergen gibt es den kaum, somit sind die Schnitte hier tiefer. Wir rechneten in diesem Jahr etwa mit 15 bis 20 Kilogramm Honig pro Volk, was einer guten Honigernte für das Saanenland entspricht.» Auch Corina Wampfler-Nigg, Bio-Imkerin und Sekretärin des Imkervereins Saanenland, erklärt, dass die Honigausbeute in den Bergregionen grundsätzlich tiefer ausfalle als im Flachland. «In der Bergregion ist die Saison kürzer, wenn Imker im Unterland bereits das erste Mal ans Honigschleudern denken, sind wir erst am Honigzargen aufsetzen.»

Mildes Klima günstig für Bergbienen
Während manche Teile der Schweiz wie das Tessin, wegen zu hohen Temperaturen gewisse Einbussen hinnehmen mussten, war der überdurchschnittlich warme Sommer für die Bienen in der Region förderlich. So beschreibt Robert Hauswirth den Sommer als «bombastisch» für die Bienen. «Wärmere Temperaturen bedeuten hier eine höhere Produktivität der Bienen. So wird die Klimaerwärmung hier für die Bienen weniger ein Problem, als in den tieferen Regionen der Schweiz.» Gerade in diesem Sommer sei die Höhentracht – also das Angebot an Pollen, Nektar usw. in höheren Lagen – besonders gut gewesen. Dies habe laut Corina Wampfler-Nigg auch daran gelegen, dass jeweils zum richtigen Zeitpunkt Regen gefallen sei.

Ganz allgemein sind die immer wärmeren Temperaturen nichts, was Hauswirth Sorgen bereitet: «Die Honigbienen haben eine höhere Temperaturtoleranz als Wildbienen, sie sind also robuster gegen Temperaturschwankungen.» Anpassen müssen sich vor allem die Imker: «In Zukunft muss man sich beim Imkern mehr an der Natur ausrichten und den phänologischen Kalender zu Rate ziehen, als sich stur an den Jahreskalender zu halten.» Dies könne man bereits jetzt erkennen. Die Bienen seien beispielsweise schon früher im Jahr aktiv als noch vor 20 Jahren.

«Die Bienen sind wohlauf»
Robert Hauswirth betont zudem, dass in den letzten Jahren klar wurde, dass das oft besprochene Thema des Bienensterbens fast ausschliesslich auf den verbreiteten Varroamilbenbefall zurückzuführen sei. Dieser sei mittlerweilen gut zu bekämpfen, sofern man sich an die empfohlenen Methoden halte. Auch Corina Wampfler-Nigg sagt, dass dies ein Problem sei, mit dem sich die moderne Imkerei auseinander setzen müsse. Grundsätzlich gehe es den Bienen aber sehr gut, hält sie fest. «Die Völker selber hatten eine gute Saison, sind gesund und stark, das steht für uns an erster Stelle.»

Mit der Landwirtschaft abgestimmt
Das Saanenland ist allgemein ein besonders guter Standort für Bienen, wie Robert Hauswirth sagt. Die Honigbiene konkurriert die Wildbiene hier nicht, obschon diese auch hier gefährdet ist. Die nur spärlich vorhandenen Obstbäume und wenig ausgeprägten Monokulturen in der Region würden zudem zu weniger Pestizideinsätzen führen als in anderen Teilen der Schweiz. Daneben würden dank der lokal recht guten Zusammenarbeit mit den Bauern der Zeitpunkt des Mähens auf die Trachtflüge der Bienen abgestimmt, sodass diese möglichst nicht unter der landwirtschaftlichen Nutzung zu leiden hätten.

Corina Wampfler-Nigg erklärt zudem, weshalb Berggebiete gewisse Vorzüge in Sachen Honigqualität gegenüber den Imkereien des Flachlandes hätten: «Unser Bergblütenhonig ist aus dem Nektar der ganzen alpinen Pflanzenvielfalt zusammengesetzt und daher so fein. Wir finden, die Vielfalt ist auch im Honigglas zu spüren.» Daneben tue die hier längere Winterpause sowohl den Bienen, wie auch den Imker:innen gut.

Zufrieden mit Sensibilisierung
Im Allgemeinen ist Robert Hauswirth mit der Sensibilisierung für Bienen sehr zufrieden. Allfällige Verbesserungen für die Zukunft sieht er in einer noch engeren Zusammenarbeit mit den Bauern betreffend Mähen der Wiesen und in einer Sensibilisierung der Gartenbesitzer, sodass diese möglichst wenig Pestizide auf ihrem privaten Grundstück einsetzen würden. Dies mache den Bienen im Moment noch am meisten zu schaffen. Laut Corina Wampfler-Nigg sei daneben auch wichtig, dass man eine möglichst grosse Diversität an einheimischen Pflanzen fördert. Dies sei vor allem für die Wildbienen zentral, zumal diese eine weniger starke Lobby als die Honigbienen besässen.


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