«Ich freue mich auf den neuen Lebensabschnitt!»

  16.09.2022 Saanen

Nach vierzig Jahren ist Schluss. Ueli Mösching, Betriebsleiter der ARA Saanen, wurde pensioniert und freut sich auf den neuen Lebensabschnitt mit mehr Skifahren, Wandern und Segelfliegen.

KEREM S. MAURER
Obschon Ueli Mösching im wahrsten Sinn des Wortes einige Male knietief in der Kloake stand, würde er in seinem Berufsleben nichts anders machen – selbst wenn er das Rad der Zeit zurückdrehen könnte. Denn vor vierzig Jahren, genau am Montag, 15. November 1982, trat er zu seinem ersten Arbeitstag in der ARA Saanen an – und ist dem Betrieb bis zu seiner Pensionierung am 1. September 2022 treu geblieben.

Zurück aus dem Aargau
«Als gelernter Elektriker reizte mich in jungen Jahren die interessante Technik einer Kläranlage», beantwortet Ueli Mösching die Frage, warum er in einer Kläranlage arbeiten wollte. Und es war für den damals 25-jährigen Saaner ein willkommener Grund, vom Aargau, wo er damals arbeitete, ins Saanenland zurückzukehren. Von dort mitgebracht hatte er neben viel Motivation auch seine Frau, mit der er heute noch verheiratet ist und vier erwachsene Kinder hat. «Ich wurde damals als Klärwärter angestellt. Eine Berufsbezeichnung, die es so heute nicht mehr gibt», sagt er und fügt lachend hinzu, Wärter gebe es nur noch im Zoo und im Gefängnis. Die ARA in der Dorfrütti wurde im Verlauf seines ersten Dienstjahres 1983 in Betrieb genommen. «Die Abwasserreinigung steckte damals noch in den Kinderschuhen», erinnert er sich. Seitdem hat sich viel getan: Die Qualität des gereinigten Abwassers habe sich um ein Vielfaches verbessert. Auch die Arbeit der Klärwärter, die man inzwischen in Klärwerkfachmann/-fachfrau umbenannt hat, habe sich insbesondere im Zug der Digitalisierung verändert. «Pumpleistung und Durchlaufmengen mussten früher elektromechanisch von Hand abgestimmt und eingestellt werden. Heute wird dies mit aufwendiger Mess- und Regeltechnik bewerkstelligt», erklärt Mösching. Ausserdem sei man heute in der Lage, viel mehr Verunreinigungen aus dem Abwasser zu entfernen. Nebst Kohlen-, Stickstoff- und Phosphorelimination sei anzunehmen, dass in Zukunft auch die ARA Saanen in die Pflicht komme, eine vierte Stufe zur Eliminiation von Spurenelementen (Mikrovereunreigung) zu realsieren.

Beispielhafte Zusammenarbeit
Doch etwas ist während all den Jahren immer gleich geblieben. Ueli Mösching spricht die ausgesprochen gute Teamarbeit und die Anzahl der Mitarbeitenden in der ARA Saanen an. «Schon vor vierzig Jahren zählte unser Team drei Mitarbeiter. Daran hat sich bis heute nichts geändert», sagt er. Der Ersatzmann für ihn, Sandro Romang aus Gstaad, sei schon seit dem ersten Januar an Bord, die Leitung der ARA habe sein langjähriger Mitarbeiter Martin Vonlanthen übernommen. «Wir haben als Dreierteam, das an sieben Tagen pro Woche und vierundzwanzig Stunden am Tag einen Pikettdienst aufrechterhält, immer sehr gut zusammengearbeitet», sagt Mösching. Als abwechslungsreich und spannend empfand er die Tatsache, dass die ARA Saanen im Lauf der Zeit stetig ausgebaut und den immer neuen Anforderungen angepasst worden ist. «Dank der fortlaufenden Optimierungs- und Werterhaltungsmassnahmen befindet sich die ARA Saanen auf dem neusten Stand und ist für die Zukunft gut gerüstet», resümiert der Mann, der sich intern stetig weitergebildet und die ARA Saanen während der letzten 23 Jahren geleitet hat.

Hochwasser im Rübeldorf
Wenn er auf seine Karriere zurückschaue, habe es schon viele, manchmal auch «gruusige» Vorkommnisse gegeben, erinnert er sich. Vor allem, wenn er die Fischerhosen betrachtet, die im Gebäude des Faulturmes an einer Leine zum Trocknen hängen. «Wir sind oftmals tief in der Sch... – also Kloake – gestanden», sagt er lachend. Das gehöre eben in einer Kläranlage dazu. Nachhaltiger beeindruckte ihn jedoch das Hochwasser von 2010, als der Chalberhönibach das Rübeldorf verwüstete, die Kanalisation aus dem Boden riss und innerhalb von nur einem Jahr eine neue kleine Kläranlage im Chalberhöni errichtet und in Betrieb genommen werden musste. Auch das in Saanen gestartete Flugzeug, das direkt neben dem Regenbecken abstürzte, habe sich in sein Gedächtnis eingebrannt, sagt Mösching. «Die ARA-Mitarbeiter waren die Ersten, die versuchten, das brennende Wrack zu löschen. Leider kamen die drei Insassen ums Leben. Nur mit Glück gab es an unseren Anlagen keinen Schaden.»

Der neue Abschnitt darf kommen
Neben dem lachenden Auge bleibt das oft zitierte weinende angesichts seiner Pensionierung bei Ueli Mösching weitgehend trocken. «Es war eine gute Zeit», resümiert er, doch jetzt sei es Zeit für etwas Neues. Worauf freut sich der frischgebackene Pensionär denn besonders? «Ich werde im Winter noch mehr Ski fahren, im Sommer noch mehr wandern und biken. Aber das Schönste ist, dass ich künftig bei gutem Flugwetter nicht mehr arbeiten muss, sondern in den Segelflieger steigen kann.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote