Innovation als Antwort auf unsicheres Wirtschaftsumfeld
14.11.2025 RegionDie Welt, Europa, die Schweiz: Unter diesem Titel fand das Wirtschaftstreffen Berner Oberland 2025 im Lötschbergzentrum in Spiez statt. Rund 140 Gäste liessen sich aus erster Hand von Botschafter Stephan Lauper, stv. Chef Abteilung Europa EDA, Dr. Roland Scheurer, Schweizerische ...
Die Welt, Europa, die Schweiz: Unter diesem Titel fand das Wirtschaftstreffen Berner Oberland 2025 im Lötschbergzentrum in Spiez statt. Rund 140 Gäste liessen sich aus erster Hand von Botschafter Stephan Lauper, stv. Chef Abteilung Europa EDA, Dr. Roland Scheurer, Schweizerische Nationalbank, und Regierungsrat Christoph Ammann über aktuelle Wirtschafts- und Politthemen informieren.
«Das EU-Paket ist nicht alternativlos», erklärte Botschafter Stephan Lauper zu Beginn seiner Präsentation. Welche Alternativen es gibt – von der Mitgliedschaft auf der einen bis zu einem Freihandelsabkommen analog Kanada auf der anderen Seite, zeigte der stellvertretende Chefunterhändler anlässlich des Wirtschaftstreffens Berner Oberland in Spiez auf. Wie die Volkswirtschaft Berner Oberland in ihrer Medienmitteilung schreibt, hat Lauper darauf hingewiesen, dass die oft genannte Option «nichts tun» gegenüber allen anderen Möglichkeiten vor allem Nachteile bringe. «Abwarten und alles wie bisher weiterlaufen lassen, führt unter anderem zu fehlender Planungs- und Rechtssicherheit, einer Schwächung des Forschungs- und Innovationsstandortes sowie zu weniger Versorgungssicherheit und Konsumentenschutz, da die Abkommen, die derzeit bestehen, laufend an Bedeutung verlieren.» Die EU sei der wichtigste Handelspartner der Schweiz, rund fünfmal wichtiger als die USA und circa zehnmal wichtiger als China. Der Botschafter habe betont, dass es für den Bundesrat kein «entweder oder» gebe. «Der Bundesrat will alles. Er will geregelte Handelsbeziehungen mit der EU, den USA und mit China.» Zudem sei auch die Fortsetzung der Personenfreizügigkeit ein wichtiger Teil der ausgehandelten Abkommen.
Keine automatische Rechtsübernahme
Ein zentraler Teil dieser geregelten Beziehungen stelle das neu ausgehandelte Paket zwischen der Schweiz und der Europäischen Union dar. Die Vernehmlassung zum EU-Paket sei eben zu Ende gegangen, nun werde die definitive Vorlage erarbeitet, die im Frühjahr 2026 vors Parlament komme. Stephan Lauper habe die wichtigsten Bestandteile des Verhandlungspakets aufgezeigt. «Zum einen sollen in einem Stabilisierungsteil bereits bestehende Abkommen den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden, in einer Weiterentwicklung sollen drei neue Gesetze im Bereich Gesundheit, Strom und Lebensmittelsicherheit folgen.» Auch auf die viel diskutierte dynamische Rechtsübernahme zwischen der Schweiz und der EU sei der stellvertretende Chefunterhändler eingegangen. «Es gibt keine automatische Rechtsübernahme, auch nicht mit den neuen Abkommen», habe Lauper klargestellt. Das System der dynamischen Rechtsübernahme bestehe bereits seit längerem und sei nichts neues. «Die Mitwirkung von Bund und Kantonen muss gegeben sein.»
Wohlstandsverlust durch Zölle
Einen tieferen Einblick in die aktuellen wirtschaftlichen und geldpolitischen Herausforderungen gab Dr. Roland Scheurer. Der Ringgenberger ist Delegierter für regionale Wirtschaftskontakte bei der Schweizerischen Nationalbank. Sein Fokus galt vor allem der aktuellen Zollpolitik der USA. In einer kurzen, Tour d’horizon habe Scheurer die Wirkung von Zöllen aufgezeigt und sei auf die damit verbundenen Herausforderungen für die Schweizer Wirtschaft eingegangen. Es seien momentan vier Prozent der exportierten Waren von den US-Zöllen betroffen. Auf den ersten Blick seien die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle überschaubar, für die betroffenen Firmen jedoch fatal. «Zölle führten praktisch immer zu einem Wohlstandsverlust, schlussendlich auf Kosten der Konsumenten», heisst es in der Mitteilung.
Getrübte Aussichten
Die US-Handelspolitik beeinflusst auch die Konjunkturprognosen. «Würde man die Aussichten mit Wetterprognosen vergleichen, käme man zum Schluss, dass der Ausblick eingetrübt ist», wird Scheurer zitiert. Die Wirtschaft bleibe zwar momentan stabil und es sei von einem moderaten Wachstum auszugehen, von eitel Sonnenschein sei man in den Prognosen jedoch entfernt. Auch die Inflation dürfte wieder leicht steigen. Die Schweizerische Nationalbank beobachte die Lage laufend und werde, so wie es ihre Aufgabe sei, handeln, um die Preisstabilität zu sichern.
Freud und Leid im Kanton
Zum Abschluss des Wirtschaftstreffens Berner Oberland gehörte die Bühne Regierungsrat Christoph Ammann. Er habe einen Überblick über die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen im Kanton gegeben. «Die aktuelle Situation belastet mich als Wirtschaftsdirektor des grössten Industriekantons der Schweiz», wird Ammann zitiert. Der Kanton Bern verfüge schweizweit über die meisten Arbeitsplätze im Industriesektor. «Diese Arbeitsplätze sind in Gefahr.» Das Bild sei im Moment noch diffus, der Kanton unterstütze KMU zusätzlich mit einem Impulsprogramm, das sich finanziell an Analysen für die Erschliessung neuer Absatzmärkte beteilige oder gemeinsam mit den Berner Forschungsinstitutionen Innovationen fördere. Eine Verlängerung dieser Massnahmen stehe im Raum.
PD/MOA
WIRTSCHAFTSTREFFEN BERNER OBERLAND
Das Wirtschaftstreffen Berner Oberland findet jährlich im November statt. Getragen wird der Anlass von den Wirtschaftsverbänden und Planungsregionen im ganzen Berner Oberland. Dazu gehören Wirtschaft Thun Oberland, Hotellerie-Suisse Berner Oberland, Berner KMU Landesteile Oberland West und Oberland Ost, Handels- und Industrieverein Interlaken Oberhasli, Gewerkschaftsbund Interlaken-Oberhasli, Entwicklungsraum Thun, Regionalkonferenz Oberland Ost, die Planungsregionen Kandertal und Obersimmental-Saanenland sowie die Standortförderung Kanton Bern. Die Organisation obliegt der Volkswirtschaft Berner Oberland.
PD

