«Wir haben heute ein funktionierendes Spital mit einem 24-Stunden-Notfalldienst»
11.05.2023 Gesundheitswesen
Anfang des Jahres sah die Hausärztesituation im Saanenland prekär aus: Dr. Claudia Hauswirth und Dr. Gerhard Amiet schienen die letzten praktizierenden Ärzte zu sein. Thomas Mattmann – CEO der Medaxo-Gruppe, die das Praxiszentrum Madora in Gstaad ...
Anfang des Jahres sah die Hausärztesituation im Saanenland prekär aus: Dr. Claudia Hauswirth und Dr. Gerhard Amiet schienen die letzten praktizierenden Ärzte zu sein. Thomas Mattmann – CEO der Medaxo-Gruppe, die das Praxiszentrum Madora in Gstaad betreibt – hat aber nun Nachfolgelösungen gefunden. Trotzdem: Die medizinische Grundversorgung beschäftigt sie allesamt weiter. Und sie beobachten die Projekte und Vorhaben im Gesundheitswesen genaustens. Ein Gespräch mit drei Fachpersonen über den Fachkräftemangel, die medizinische Zukunft des Saanenlands und die Herausforderungen der Region, die nicht nur die Medizin beschäftigen.
JOCELYNE PAGE
Dr. Claudia Hauswirth und Dr. Gerhard Amiet, sie leiten gemeinsam die Gruppenpraxis Chalet Santé in Saanen. Thomas Mattmann, Sie sind CEO der Medaxo-Gruppe, die das Praxiszentrum Madora in Gstaad betreibt. Mit Blick auf die Zukunft werden die zwei Praxen die hausärztliche Medizin im Saanenland sicherstellen. Wie geht es Ihnen heute?
Dr. Claudia Hauswirth (CH): Uns geht es jetzt wieder besser. Als es aussah, dass wir wohl die letzten praktizierenden Hausärzte im Saanenland sein könnten, mussten wir uns schon durchbeissen. Wir wurden aktiv und haben versucht, mit allen Mitteln die Situation zu ändern, hatten aber keinen Erfolg. Der Erhalt des Praxiszentrums Madora hat mich erfreut und positiv motiviert.
Thomas Mattmann (TM): Sie sind nicht mehr alleine. Ab 1. Juni folgt eine Assistenzärztin und ab dem 1. Juli ein weiterer Hausarzt. Mit weiteren Kandidaten sind wir im Vertragsabschluss. Über diese Entwicklung sind wir sehr froh, denn zu Beginn des Jahres sah es beinahe so aus, als hätten wir keine Ärzte mehr. Wir diskutierten darüber, das nicht abgedeckte Arbeitspensum intern aufzufangen, aber das wäre sehr schwierig geworden.
Hat Ihnen diese Entwicklung Luft verschafft, Dr. Hauswirth und Dr. Amiet?
Dr. Gerhard Amiet (GA): Es sorgte für Entspannung.
CH: Genau, Entspannung, dass die medizinische Grundversorgung gesichert ist. Es ist wichtig zu wissen, was man unter diesem Begriff versteht, denn er beinhaltet die Hausarztmedizin ergänzt durch einen erreichbaren Notfalldienst, sei es innerhalb eines Spitals oder eines 24-Stunden-Notfallzentrums. Alles andere ist erweiterte Versorgung wie beispielsweise elektive Operationen. Es ist uns wichtig, dass unsere Patienten und Gäste auch in Zukunft gut betreut sind. In Zweisimmen und an der Lenk sah die Situation einst auch prekär aus, sie hat sich aber wieder entspannt. Durch die Notsituation, in die alle Hausärztinnen und Hausärzte im Saanenland und Simmental geraten sind, hat sich auch die Beziehung über Saanenmöser hinaus verstärkt. Die Zusammenarbeit ist sehr angenehm und es tut gut zu wissen, dass man nicht mehr ein Einzelkämpfer kurz vor dem Untergang ist.
Sie haben nun auch die Notfalldienste an den Wochenenden probeweise für drei Monate untereinander aufgeteilt.
CH: Das ist richtig. In einem nächsten Schritt versuchen wir zu schauen, wie viele Ärzte in der Region arbeiten und wie die Notfalldienste verteilt werden können. Es besteht kooperatives Verhalten auf allen Seiten und das ist wirklich sehr angenehm. Und so macht das Arbeiten auch Spass.
Inwiefern könnte Sie die Politik unterstützen?
CH: Wenn wir versuchen, die Grundversorgung zu erhalten, dann braucht es Projekte, die auch die Grundversorgung bedienen würden. Das muss nicht überstürzt realisiert werden, denn nun sind wir gut aufgestellt. Aber zukünftig braucht es ein überschaubares Gesundheitszentrum am Standort der geplanten Privatklinik. Davon würde die Bevölkerung wirklich profitieren und dieses soll die Gemeinde finanzieren, bauen und zu korrekten Preisen zur Verfügung stellen. Es wäre ein sicheres Projekt und kein Luftschloss.
An der Saaner Gemeindeversammlung stimmen die Bürger:innen darüber ab, ob sie der Gstaad International Healthcare AG (GIH) das Areal des alten Spitals in Saanen für den Bau des Gstaad Medical Campus zur Verfügung stellen wollen. Laut Aussagen der Gemeinde wird ein Gesundheitszentrum Teil der Privatklinik sein.
TM: Meines Wissens hat die GIH die Auflage erhalten, die Grundversorgung in dieses Konzept hineinzunehmen. Das Unternehmen kam auf uns zu, um sie bei dieser Aufgabe zu unterstützen.
Sie haben nun mehrmals das Thema Fachkräftemangel angeführt. Woran liegt es, dass Hausärzte und Pflegepersonal so schwierig zu finden sind?
CH: Sie finden keine Wohnung oder zumindest keine bezahlbare. Die Wertschätzung der Arbeit muss unbedingt wieder steigen. Es wäre wunderbar, wenn sich die jüngeren Erwachsenen in die Prozesse einbringen. Es geht um ihre Zukunft und ihre Vorstellungen sollten beachtet werden.
TM: Die Wohnungsmieten sind auch für einen Arzt nicht finanzierbar, dies ist mit den vorherrschenden Tarifen nicht möglich. Hinzu kommen Bewilligungen, die hohe Voraussetzungen für beispielsweise ausländische Fachkräfte vorsehen.
Dr. Hauswirth und Dr. Amiet, haben Sie sich persönlich schon mit einer Nachfolge auseinandergesetzt?
GA: Ich ging auf angehende Ärzte und Ärztinnen zu, von denen man weiss, dass sie in zwei bis drei Jahren eine Praxis übernehmen könnten. Direkt fällt die Frage nach der Anzahl zu leistenden Diensten. Wenn sie als Antwort hören, «zwei Notfalldiensttage unter der Woche und jedes vierte bis fünfte Wochenende», ist das Interesse schon geschrumpft. Da bleiben die jungen Ärzt:innen lieber in der Agglomeration einer Grossstadt, wo sie viel weniger Dienste haben.
Wie könnte man das Problem mit den Notfalldiensten lösen?
CH: Der Ärztliche Bezirksverein ABV Thun und Umgebung ist für die Einteilung unseres Dienstkreises verantwortlich. Indem man den Dienstkreis erweitern würde, wären mehr Hausärzte für die Notfalldienste zuständig, was zu einer Entlastung jedes einzelnen führen würde. Diese Änderung ist aber nicht ganz einfach, denn die Kreise bestehen seit vielen Jahren und ist sicher nicht kurzfristig zu erreichen. Hier ist noch einiges zu verändern, aber es braucht Zeit. Sicher würde es vielen Randregionen viel besser mit Neueinteilungen gehen. Ein Grund für die Niederlassungen in den Städten liegt genau hier. Ärzte in den Städten können durch Zahlung eines Entgelts vom Dienst befreit werden, da es eine ausreichende Anzahl Beteiligter gibt. Zudem liegt die Zukunft in Gesundheitszentren. Einzelpraxen sind sehr selten als Form des Praktizierens gewünscht. Ich glaube, der Aufbau eines Gesundheitszentrums dauert Jahre. Vor mehreren Jahren haben wir, nahezu alle aktiven Hausärztinnen und -ärzte zusammen, ein solches geplant. Deshalb gibt es schon Pläne für den Bau, es gibt auch schon Strukturen für eine eventuelle Art der Führung. Wenn Medaxo sagt, wir übernehmen das Gesundheitszentrum, dann kann man darüber reden, wie wir uns einfügen, unsere Patienten abgeben und eines Tages auch guten Gewissens den Schlüssel umdrehen beziehungsweise auch in Zukunft noch unterstützend mitarbeiten können.
Um zurück auf die Privatklinik mit Gesundheitszentrum von der GIH zu kommen: Wie stehen Sie zu diesem Projekt?
GA: Ich würde sagen: Nice to have, aber die Region braucht es nicht dringend. Es steht auch die Frage im Raum, inwiefern und für wie lange die versprochenen internationalen Ärzte ins Saanenland kommen. Grundsätzlich sieht das GIH-Konzept keine Operationen vor. Von dem her wäre das Problem der postoperativen Betreuung nicht vorhanden. Trotzdem: Wird ein Patient von einem Arzt betreut und der reist wieder ab, wie verläuft die Behandlung danach weiter? Müssen die Ärzte des vorgesehenen Gesundheitszentrums dies übernehmen?
TM: Volkswirtschaftlich kann dieses Projekt interessant sein für die Region. Medizinisch ist es eine Ergänzung zu den heutigen Angeboten und zudem eine Spezialisierung für bestimmte Krankheiten. Das Angebot richtet sich an internationale Patienten. Es ist unabdingbar, dass es mit allen Playern – den Hausärzten, der GSS und ihrer künftigen Organisation mit dem Spital, Alterswohnen und Spitex – zusammenarbeitet. Internationale Patienten kommen selten alleine und haben auch medizinische Bedürfnisse, die von jemandem abgedeckt werden sollen.
Nicht erst seit gestern fehlt es an Hausärzten, besonders die Randregionen in der Schweiz sind betroffen. Hat der Beruf Hausarzt in den letzten Jahren einen Imageschaden erlitten?
CH: Die Anerkennung, die wir von den Patientinnen und Patienten erhalten, ist gross, alle zeigen sich stets dankbar. Und unsere Arbeit macht Spass. Ich kann mir vorstellen, dass man Ärzte zu dieser Berufswahl motivieren kann, wenn wir es vorleben. Innerhalb der Medizin ist der Hausarzt aber immer mehr zum Zuarbeiter geworden. Es wird zunehmend der Beruf für Frauen, der oftmals im Teilzeitpensum ausgeführt wird. Wir müssen immer mehr Interventionen abgeben, die Kompetenzen werden durch Krankenkassen beschnitten. Als ich hier angefangen habe, haben wir Chemound Infusionstherapien durchgeführt und kleine chirurgische Eingriffe vorgenommen. In der Medizin geht man zunehmend den Weg in Richtung Spezifizierung. Der administrative Aufwand wächst hingegen kontinuierlich.
Wie kam es zu dieser Entwicklung?
GA: Alles kostet immer mehr und wird von den Krankenkassen nicht mehr abgedeckt.
TM: Und die Spezialisierungen in den einzelnen Disziplinen hat zugenommen.
Zum Thema Gesundheitswesen im Saanenland gehört auch die aktuelle Debatte über das vorgesehene integrierte Versorgungsmodell Gesundheitsnetz Simme Saane mit Akutspital. Über einen finanziellen Beitrag hätten die sieben Gemeinden des Obersimmentals und Saanenlands abstimmen sollen. Nachdem der Gsteiger Gemeinderat allerdings das Traktandum zurückgezogen hat, empfiehl die Bergregion, das Geschäft zu verschieben (wir haben berichtet). Wie es weiter geht, ist noch offen, und trotzdem bleibt es ein Thema: Die Gesundheit Simme Saane AG (GSS) sprach davon, neben dem Spital in Zweisimmen, der Spitex, des Alterswohnens und der Maternité Alpine auch gerne die Hausärzte im Modell zu integrieren. Wie stehen Sie dazu?
GA: In der ganzen Debatte steht stets der Notfall im Mittelpunkt. Einst sah man einen Notfallarzt des Spitals für die Wochenenden vor, um uns Hausärzte zu entlasten. Allerdings hätte er für Hausbesuche, fürsorgliche Unterbringungen, oder um den Tod eines Menschen festzustellen, das Gebäude nicht verlassen können. Als die Hausarztsituation in der Region wieder prekär wurde, diskutierte man erneut, ob die Gemeinden nicht einen Arzt mit Assistenz finanzieren könnten, um den Notfalldienst abzudecken. Das würde am Ende weniger Geld kosten, Gäste und Touristen wären versorgt und die Notfälle bei den eigenen Patienten übernimmt jeder Hausarzt sowieso selbst. Das haben wir der GSS vorgeschlagen, die unseren Vorschlag anders verstanden hat und sogenannte «Stördoktoren» vorsah: Ärzte, die von irgendwo aus dem Kanton anreisen für den Notfalldienst. Zudem wollten sie uns einbeziehen, damit wir am Wochenende im Spital Zweisimmen Notfälle betreuen. Dazu war ich persönlich aber nicht bereit, weil ich am Wochenende keine Patienten in einem kleinen Kämmerchen behandeln will und das Pflegepersonal nicht kenne. Da leiste ich meinen Dienst lieber in meiner eigenen Praxis mit meiner eigenen medizinischen Praxisassistentin. Da habe ich mich nicht kooperativ gezeigt, ich konnte es aber begründen.
Wie schätzen Sie die Wichtigkeit des Spitals ein?
CH: Die GSS verkündet, dass Spezialsprechstunden im Modell vorgesehen sind. Das brauchen wir in dieser Form nicht. Für Spezialsprechstunden und medizinische Eingriffe braucht es teure und spezielle Geräte, die kostspielig sind. Für solche Angebote beziehungsweise Bedürfnisse gehen die Patienten heute schon bis nach Thun und weiter und das funktioniert. Zudem steht es jedem frei, welchen Spezialisten er bevorzugt, was in der Form des GSS-Modells nicht möglich ist. Was wir heute haben, ist ein funktionierendes Spital mit einem 24-Stunden-Notfalldienst und es macht seinen Job super, trotz knapper Ressourcen, besonders personell gesehen. Und genau das brauchen wir auch in der Zukunft, vielleicht in einem redimensionierten Umfang, damit man es regional betreiben kann. Wir haben mit der Spital STS AG einen sehr guten Ansprechpartner. Es gibt keinen Grund, auf sie zu verzichten.
Und wenn die Spital STS AG gar nicht mehr in Zweisimmen bleiben will, wie es an der Informationsveranstaltung der GSS geheissen hat?
CH: Die Spital STS AG hat offiziell einen Versorgungsauftrag. Ich habe keine offizielle Stellungnahme gehört, dass die Spital STS AG von der Aufgabe zurücktritt. Sie ist nicht auf uns angewiesen, wir aber auf das Spital. Ich denke, dass das Unternehmen von seiner Aufgabe zurücktreten will, ist eine Interpretation der GSS. Das Spital in Zweisimmen bietet eine gute Struktur und das Spitalpersonal vor Ort arbeitet gut. Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Wir haben tolle Strukturen und es läuft gut.
GA: Ich bin auch für ein Spital. An der Informationsveranstaltung gab es Stimmen, dass es dies nicht brauche. Das ist meiner Meinung nach falsch. Ich stimme Dr. Hauswirth vollkommen zu, dass es keine Spezialisierungen wie Wirbelsäulenchirurgie braucht. Und es wird auch keine Kinderchirurgie geben, weil wir in der Region zuwenig Fälle haben und deswegen die Auflagen nicht erfüllen. Da wird den Leuten etwas schmackhaft gemacht, dass die Verantwortlichen gar nicht erfüllen können. Und auch das Belegarztsystem, dass ein Spezialist für gewisse Eingriffe nach Zweisimmen anreist, funktioniert nicht. Einst probierte das «alte» Spital Saanen dieses System mit dem Sonnenhofspital aus. Das Problem war: Der Spezialist reiste nach der Operation ab, die postoperative Betreuung wurde den Leuten vor Ort überlassen. Dabei können Komplikationen auftreten und das Know-how ist aber schon abgereist.
Die GSS führt das Pro-Argument an, dass die Gemeinden die Mitsprache in der lokalen Gesundheitsversorgung erhalten, wenn sie das Spital in Zweisimmen ins integrier- te Versorgungsmodell aufnehmen. Damit würde die Gemeinde eine Unterstützung bieten, von der Sie gesprochen haben.
CH: Es ist sinnvoll, wenn die Gemeinde ihre Pflicht wahrnimmt, indem sie Finanzen und Infrastrukturen den Leuten zur Verfügung stellt, die vom Fach sind und die sich um die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger kümmern. Immer wieder betonte die Gemeinde uns gegenüber, dass sie nicht zuständig sei für die Grundversorgung – das ist doch ein Widerspruch, oder? Wenn sie wollen, dass wir die medizinische Grundversorgung aufrechterhalten und verbessern, brauchen wir die entsprechenden Mittel von der öffentlichen Hand. Indem sie aber die Spitex, die Maternité Alpine, das Alterswohnen und das Spital Zweisimmen unter ein Dach setzen, schaffen sie eine Struktur, in der die Gemeinden mitreden, wie die Organisationen geführt werden sollen.
Dieser Weg ist aus meiner Sicht nicht begehbar und wiederum ein Widerspruch.
GA: Wenn wir die finanziellen Beiträge für das integrierte Versorgungsmodell abgelehnt hätten, ist nicht sicher, ob das Spital verschwunden wäre. Ich habe aber bedenken, ob das Spital mit den heutigen Strukturen in fünf Jahren noch da wäre, wenn wir die Vorlage angenommen hätten. Der Budgetplan lässt einige Fragen offen. Ich weiss auch nicht, ob 27 Millionen Franken für einen Spitalneubau reichen.
TM: Am Ende brauchen wir ein Spital, Punkt. Wenn das Modell der GSS das Richtige ist, um eine tragfähige Spitalstruktur aufrechtzuerhalten, dann ist es gut so. Meiner Meinung nach braucht es das Spital, um die Grundversorgung zu gewährleisten, aber kein Spital mit zu hoher Spezialisierung. Die Qualität muss stimmen und der 24 Stundendienst gewährt werden, spezialisierte Eingriffe und Behandlungen gehören nach Thun, Interlaken oder Bern.
GA: Genau, lieber vor der Operation einen längeren Weg auf sich nehmen, als nach der Operation weiterverlegt zu werden.
Bis heute haben Sie sich nicht öffentlich geäussert. Warum jetzt?
CH: Wir waren in den Prozess nicht involviert und wurden auch nicht informiert. Die einseitigen Informationen sind relativ spät öffentlich geworden und meiner Meinung nach wurde auch schlecht kommuniziert, beispielsweise an den Informationsveranstaltungen der GSS, die wir auch noch abwarten wollten. Leider ist es nur eine einseitige Darstellung gewesen. Allein für die Vorstellung des GSS-Projektes änderten sich die Darstellungen bei jeder Veranstaltung. Die Veröffentlichung im «Anzeiger von Saanen» beinhaltete etwas anderes als das, was an einem «Apéro für junge Ärzte» erklärt wurde und dann am 1. Mai kamen weitere neue Ideen dazu. Ich frage mich, ob ein solcher Partner die Zuverlässigkeit und Beständigkeit hat, die mitbestimmend ist bei der Frage eines Gesundheitsnetzes für die Bevölkerung. Es wäre wünschenswert gewesen, detailliertere Informationen von den verschiedenen Playern zu erhalten, um eine gute Entscheidung treffen zu können. Es war nicht einfach zu recherchieren, um mehr Wissen zu erhalten. Der Rückzug des Traktandums in Gsteig spiegelt genau das wider.
Das sagt die Gstaad International Healthcare AG:
Für die Gründer der Gstaad International Healthcare und deren Partner war es von Anfang an ein Anliegen, dass durch den Bau und Betrieb einer Privatklinik unbedingt auch ein Mehrwert für die medizinische Grundversorgung der lokalen Bevölkerung entstehen muss. Mit der Gemeinde Saanen wurde dementsprechend vereinbart, dass die Parzelle des alten Spitals nur genutzt werden kann, wenn auch Raum für öffentliche Dienstleistungen zur Verfügung gestellt wird, der durch die Gemeinde verwaltet wird. Insgesamt stellt die GIH der Gemeinde 4000 Quadratmeter Gebäudefläche zur Verfügung, die von medizinischen Dienstleistern genutzt werden können. Dies betrifft insbesondere Räumlichkeiten für eine Gemeinschaftspraxis. Die Gemeinschaftspraxis wird jedoch nicht durch die GIH betrieben, es soll aber eine enge medizinische Zusammenarbeit mit der Privatklinik aufgebaut werden. So kann eine Anlaufstelle rund um die Uhr zur Verfügung gestellt und wichtige Synergien in den Bereichen Co-Befundung bei Erstbehandlung, Radiologie und Labormedizin genutzt werden. Es fanden Gespräche mit der Medaxo statt. Wer schlussendlich Betreiber der Gemeinschaftspraxis ist, muss in enger Absprache mit der Gemeinde Saanen als Verwalterin der Räumlichkeiten bestimmt werden und steht noch nicht fest. Selbstverständlich sieht die GIH auch vor, mit den anderen lokalen und regionalen Organisationen im Gesundheitsbereich zusammenzuarbeiten. An der Informationsveranstaltung vom 23. Mai stellen die Vertreter der GIH das Projekt vor und beantworten Fragen aus der Öffentlichkeit.
Das sagt die Gesundheit Simme Saane AG:
Das Spital Zweisimmen bildet das Rückgrat der medizinischen Grundversorgung im Saanenland und Obersimmental. Eine Spitalschliessung, bzw. Umwandlung in ein ambulantes Zentrum hätte aus Sicht der Gesundheit Simme Saane AG schwerwiegende Folgen auf die Hausarztversorgung. So entlastet das Spital die niedergelassenen Hausärzt:innen, indem es in der Nacht den hausärztlichen Notfalldienst übernimmt. Da Spitalärzt:innen das Spital nicht verlassen dürfen, sind die niedergelassenen Hausärzt:innen für den Hintergrunddienst in der Nacht zuständig und teilen sich diesen in einem Rotationssystem auf. Ohne diese Unterstützung vom Spital wäre die Zusatzbelastung für die niedergelassenen Hausärzt:innen markant grösser und es wird erwartet, dass die Rekrutierung, bzw. Suche nach Praxisnachfolger:innen noch schwieriger würde. Aus Gesprächen mit niedergelassenen Hausärzt:innen und Betreiber:innen von Hausarztpraxen hat sich gezeigt, dass die Dienstbelastung oft ein Grund ist, weshalb sich interessierte Fachärzt:innen gegen ein Engagement in der Region entscheiden. Die Gesundheit Simme Saane AG nimmt wohlwollend zur Kenntnis, dass die interviewten Personen die Wichtigkeit des Spitals Zweisimmen für die Grundversorgung im Saanenland und Simmental bestätigen. In Bezug auf das Projekt «Gesundheitsnetz Simme Saane» hat die Gesundheit Simme Saane AG die Empfehlung der Geschäftsleitung der Bergregion Obersimmental-Saanenland (BROS-SA) zur Kenntnis genommen. Aufgrund dieser neuen Entwicklung ist eine Lagebeurteilung im Laufe dieser Woche mit der BROSSA, bestehend aus den Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten des Obersimmentals und des Saanenlandes, notwendig.