Jack Spencer: ein Gstaader zwischen Matura und Medaillen
16.04.2025 SportJung, sportlich, diszipliniert: der 19-Jährige Alpinskifahrer Jack Spencer überzeugte in der vergangenen Skisaison mit hervorragenden Resultaten und erzielte sogar den zweiten Rang in der Teamkombination der Junioren-WM in Tarvisio, Italien. Wir haben das Gstaader ...
Jung, sportlich, diszipliniert: der 19-Jährige Alpinskifahrer Jack Spencer überzeugte in der vergangenen Skisaison mit hervorragenden Resultaten und erzielte sogar den zweiten Rang in der Teamkombination der Junioren-WM in Tarvisio, Italien. Wir haben das Gstaader Nachwuchstalent getroffen und dabei einen Blick hinter die Fassade des coolen Rennfahrers geworfen.
ELISA OPPERMANN
Skirennfahrer werden – ein Traum, den neben Jack Spencer auch viele andere verfolgen. Doch der junge Athlet aus Gstaad hat den Sprung ins C-Kader von Swiss-Ski bereits geschafft. Die nun abgeschlossene Wintersaison war für Spencer die bislang erfolgreichste seiner noch jungen Karriere. «Das Highlight der Saison war der zweite Rang in der Teamkombination an der Junioren-WM in Tarvisio», sagt Spencer im Gespräch mit dem «Anzeiger von Saanen». «Ich durfte mit meinem Teamkollegen Gabin Janet, den ich auch als Freund bezeichnen würde, gemeinsam fahren – und dann wurde es ganz unverhofft der zweite Platz. Was könnte es Besseres geben?», fügt er lächelnd hinzu.
Zwischen Podest und Improvisation
Besonders im Rückblick auf diesen Wettkampf bleibt ihm die Art, wie es dazu kam, in Erinnerung. «Es war eigentlich alles ziemlich improvisiert und überraschend. Ich hatte seit November keinen Slalom mehr gefahren und musste mir sogar noch Schoner und anderes Material von Kollegen ausleihen», erzählt Spencer. Kurz vor dem Rennen hätten er und Gabin Janet noch halb im Scherz gesagt, sie sollten versuchen, auf das Podest zu fahren. Mit einer Medaille habe er aber kaum ernsthaft gerechnet. Umso schöner sei es gewesen, dass ausgerechnet bei diesem Rennen auch seine Eltern sowie die Familie von Gabin Janet vor Ort waren. «Dass wir danach alle gemeinsam feiern konnten, macht das Ganze noch viel besonderer», sagt Spencer.
Freunde, Druck und die richtige Balance
Dass Freundschaften für ihn im Skirennsport, wie auch «off-piste» im privaten Leben, eine grosse Rolle spielten, betont er immer wieder. Gerade weil der Rennsport, laut Spencer, oft von Ernst und Anspannung geprägt ist, ist es für ihn umso wichtiger, sich über die Erfolge seiner Kollegen ehrlich freuen zu können. «Natürlich gibt es auch Athleten, die das anders sehen. Aber ich konzentriere mich auf mich selbst – und freue mich, wenn es meine Freunde gut machen.» Diese Haltung helfe ihm nicht nur im Umgang mit Erfolgen und Niederlagen, sondern auch dabei, im oftmals hektischen Skialltag den Blick für das Wesentliche zu behalten. Dass der Umgang mit Druck nicht immer einfach war, gibt Spencer offen zu. «Es war nicht immer leicht, den Kopf vor den Rennen freizubekommen.» Professionelle Unterstützung durch Sportpsychologen hätte er aber nicht erhalten, stattdessen half sich Spencer selbst. Podcasts, Gespräche mit Teamkollegen und die Erfahrung aus zahlreichen Wettkämpfen halfen ihm, mit der Zeit eine gewisse Gelassenheit zu entwickeln.
Kein gewöhnlicher Stundenplan
Die mentale Belastung kommt für Spencer nicht nur von den Wettkämpfen selbst. Auch der Alltag zwischen Skirennen, Training und Schule verlangt ihm viel ab. Seit seinem Wechsel an die Sportschule in Engelberg im Alter von 15 Jahren versucht er, Spitzensport und Ausbildung unter einen Hut zu bringen. Ein typischer Tag beginnt früh auf der Skipiste, es folgt der Unterricht, anschliessend Krafttraining oder Ausdauer, bevor abends noch Hausaufgaben warten. «Manchmal ist es viel», gesteht Spencer. Gerade während der langen Wintersaison, wenn sich Rennen, Reisen und Training nahezu täglich aneinanderreihen, ist Disziplin gefragt. Dennoch steht für ihn fest, dass er diesen Weg bewusst gewählt hat. «Ich weiss, wofür ich es mache», sagt er. Die bevorstehende Matura im Sommer ist für ihn dabei ein weiteres Zwischenziel – parallel zum sportlichen Ehrgeiz auf der Skipiste.
«Es muss nicht immer Skifahren sein»
Abseits von Trainingsplänen und Rennkalender bleibt Jack Spencer ein junger Gstaader wie viele andere. Im Interview mit dem «Anzeiger von Saanen» erzählt er über seinen Alltag, seinen Hausberg und darüber, was für ihn einen perfekten Tag ausmacht.
ELISA OPPERMANN
Jack Spencer, wohin gehen Sie am liebsten, wenn Sie einfach nur für sich Ski fahren wollen – ohne Stoppuhr und Startnummer?
Am liebsten fahre ich auf der Videmanette – das ist mein Hausberg und zu Hause ist es halt einfach am schönsten.
Wie sieht für Sie ein perfekter Tag aus?
(Lacht) Ein perfekter Tag? Freunde, gute Stimmung, draussen sein – das reicht eigentlich schon. Es muss nicht immer Skifahren sein. Auch am Strand wäre das ein guter Tag. Hauptsache, man ist mit den richtigen Leuten unterwegs.
Vermissen Sie manchmal das Leben, das andere in Ihrem Alter führen – mehr Freizeit, mehr Freiheiten?
Eigentlich nicht. Ich sehe meine Freunde trotz der vielen Trainings und Rennen ziemlich regelmässig. Vielleicht macht man nicht immer dasselbe wie andere Jugendliche, aber ich habe nie das Gefühl, etwas zu verpassen.
Ihre Eltern kommen aus Grossbritannien. Fühlen Sie sich eher als Brite oder als Gstaader?
Ich bin beides. Ich spreche fliessend Schweizerdeutsch, aber wenn ich Englisch rede, hört man sofort meinen britischen Akzent. Das ist manchmal ganz lustig – aber ich bin in Saanen geboren und hier ist schon mein Zuhause. Klar, ich habe den britischen Hintergrund, aber hier fühle ich mich einfach daheim.
Was sind Ihre Pläne nach der Matura?
So ganz genau weiss ich es noch nicht. Am liebsten würde ich in der Region bleiben. Hier kennen die Leute den Skisport und viele Arbeitgeber unterstützen die Athleten. Das hilft natürlich, wenn man im Winter oft unterwegs ist.
Gibt es ein Vorbild für Sie im Skirennsport?
Lucas Braathen fand ich immer cool. Er war auf seine Art einfach anders und hat gezeigt, dass Lockerheit im Skirennsport auch Platz haben kann. Genau das finde ich wichtig: Ernst sein, wenn es nötig ist – aber eben nicht immer.