Kampf um einen zweiten Sitz

  25.03.2022 Saanenland

Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz, eine starke Armee, die Energiekrise und viele landwirtschaftliche Themen, unter anderem die Grossraubtierproblematik, wurden am Anlass «SVP bi de Lüt» an der Lenk thematisiert. Die Liste 7 der SVP hat es sich zum Ziel gesetzt, einen zweiten Sitz zu erobern.

Am Freitagabend, 18. März fand im KU-SPO an der Lenk die Wahlveranstaltung «SVP bi de Lüt» statt. 24 Personen befanden sich vor Ort, inklusive Grossratskandidaten und -kandidatinnen der Listen 5, 6 und 7. Hans Walker, Grossratskandidat, ehemaliger Gemeinderat an der Lenk und Gründungspräsident der Lenk Milch AG, moderierte den Abend. Er verwies auf die veränderte Lage in Europa, die enormen Flüchtlingsströme, die bevorstehende Getreideknappheit und unterstrich die wichtige Rolle der Landwirtschaft und der Bauern für die Versorgungssicherheit der Schweiz.

Selbstversorgung, F-35A und Neutralitätsfrage
Der Gstaader Nationalrat Erich von Siebenthal gab einen interessanten Rückblick auf die vergangene Session und seine Arbeit als Nationalrat. Ein unumgängliches Thema war die historische Zeitenwende, in welcher wir uns befinden, ebenso die Neutralitätspolitik und die Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat. Eine neue Neutralitätsdiskussion werde jetzt erwartet. Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz dürfe auf keinen Fall weiter sinken, arme Länder würden wegen des Kornmangels in eine schwierige Situation geraten. Auch die Energiefrage sei jetzt sehr akut, das Potenzial der Holzenergie müsse unbedingt ausgeschöpft werden. Die gegenwärtige aussenpolitische Situation habe mit aller Deutlichkeit die Wichtigkeit einer starken Schweizer Armee aufgezeigt. Es wäre unverständlich, falls das Referendum gegen den Kauf der Kampfjets F- 35A zustandekommen würde, er sei sehr enttäuscht, dass sich nach neuesten Medienberichten eine bürgerliche Gruppe gegen die Anschaffung der F-35A formiert habe, so von Siebenthal. Kantonal und national sei es ausgesprochen wichtig, dass die Bergregion eine gute Vertretung in Bern habe. Er thematisierte die in der ganzen Schweiz (wegen des im Herbst 2020 abgelehnten Jagdgesetzes) verschärfte Grossraubtierproblematik. Für diesen Sommer stünden zusätzliche 5,7 Millionen Franken für den Herdenschutz bereit, damit ergänzende Massnahmen entschädigt werden könnten. Weiter sollte, wenn im Oktober und Mai keine Weide möglich ist, das RAUS-System angewendet werden können, das heisst, 13-mal pro Monat Laufhof und nicht täglich. Eine dementsprechende Motion sei eingereicht. Je weniger Pestizide und Insektizide im Ackerbau eingesetzt werden dürften, desto kleiner würden die Erträge, darum sei in der Diskussion um das Gentech-Moratorium mit Vorsicht gepaarte Offenheit nötig, so von Siebenthal.

Treibstoffpreise und Grossraubtiere
Grossratskandidat Kilian Wyssen aus Matten/St. Stephan bat Erich von Siebenthal, zwei Anliegen in Bern vorzubringen: als Erstes die Sorge der Gewerbler um den Benzin- und Dieselpreis und als Zweites eine eventuelle Erhöhung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, die es unbedingt zu vermeiden gelte. Grossrat und Grossratskandidat Ernst Wandfluh aus Kandergrund berichtete aus dem Grossrat anstelle von Grossrätin Anne Speiser aus Zweisimmen, die krankheitshalber abwesend war. Ernst Wandfluh, der in der letzten Periode Mitglied der Bau-, Energie- und Raumplanungskommission gewesen war, beklagte sich über unrichtige Berichterstattung der Medien beim Fischtod im Blausee und referierte über landwirtschaftliche Themen wie die Grossraubtierfrage, den Gebrauch des Mulchers und die Problematik um trächtige Tiere auf den Schlachtviehmärkten.

Tiefer Frauenanteil
Danach folgte die Präsentation der elf Grossratskandidaten und -kandidatinnen. Adelheid Rubi Huber und Ueli Abplanalp, Interlaken – Oberhasli, machten den Anfang, gefolgt von den zwei Kandidaten Ernst Wandfluh und dem letzte Woche vom Bundesgericht wegen Rassismus verurteilten Niels Fiechter aus Oberwil. Adelheid Rubi Huber vom Hasliberg betonte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen Tourismus, Landwirtschaft und Gewerbe, um die Abwanderung im Berggebiet zu verhindern und um Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten zu erhalten. Um die Energieversorgung der Zukunft zu sichern, sei jedes Kraftwerk wichtig und alternative Energiequellen müssten ausgebaut und genutzt werden. Vom Obersimmental-Saanenland waren sieben von sechszehn Kandidatinnen und Kandidaten präsent. Der fünfundzwanzigjährige Chauffeur Nicola Ummel, Präsident der SVP Zweisimmen, versprach den Anwesenden, sich in Bern für junge Berufstätige, attraktive Arbeitsplätze in den Randregionen und gegen die Zentralisierung einzusetzen. Christian Moor, Gemeinderat von St. Stephan, hob die Wichtigkeit der Landwirtschaft hervor, insbesondere der kleinen Familienbetriebe, die Produktion von gesunden Lebensmitteln, die Bekämpfung der Vergandung und die Erhaltung der Kulturlandschaft.

Weiter hielten Emanuel Raaflaub-Kohli aus dem Turbach, Kilian Wyssen, Rolf Aegerter und Hans Walker, beide Lenk, kurze Ansprachen. Verena Müllener-Matti, ehemalige Gemeinderätin von Saanen, betonte, dass ihr die Landund Alpwirtschaft ein Hauptanliegen sei, ebenso die Gesundheits- und Familienpolitik. Auf den tiefen Frauenanteil auf Liste 7 angesprochen, auf welcher drei der sechszehn Plätzen von Frauen besetzt sind, sagte Verena Müllener-Matti, dass sehr viele Frauen angefragt worden seien, jedoch fast niemand einen Listenplatz annehmen wollte. «Nächstes Wochenende geht es darum, den zweiten Grossratssitz, den wir 2018 verloren haben, zurückzuerobern.»

SIMMENTALZEITUNG


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote