«Wenn die Orgel als Königin der Instrumente bezeichnet wird, so kann ich euch heute zwei Prinzessinnen vorstellen.» Mit diesen Worten begrüsste Toni Sigrist, Kirchgemeinderat der katholischen Kirche Gstaad, am vergangenen Sonntagabend die Musikerinnen und die ...
«Wenn die Orgel als Königin der Instrumente bezeichnet wird, so kann ich euch heute zwei Prinzessinnen vorstellen.» Mit diesen Worten begrüsste Toni Sigrist, Kirchgemeinderat der katholischen Kirche Gstaad, am vergangenen Sonntagabend die Musikerinnen und die Besucher:innen des Benefizkonzerts, das zugunsten der geschädigten Einwohnenden im Dorf Blatten stattfand.
VRENI MÜLLENER
Yoshimi Wittermann, Querflöte, und Ada van der Vlist Walker an der Orgel führten das Publikum in eine wohltuende Vorabendstunde, gefüllt mit Musik aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die Neuzeit. Die beiden Musikerinnen begannen das Konzert mit einer «Rhapsodie» (verschiedene Stimmungen aneinandergereiht) von Josef Rheinberger. Das Publikum genoss die Stille im Raum und liess die ergreifende Musik auf sich wirken. Im «Scherzo», dem lustigen Teil aus der vierteiligen Suite Op.34 von Ch. M. Widor, war es, als würden die beiden Instrumente zusammen spassen – mal lustig und fröhlich, mal nachdenklich. Das hüpfende Antwortspiel endete mit einem lüpfigen Schlusspunkt.
Musik aus dem Frühbarock in neuzeitlichen Kompositionen
Unter dem Motto «Classic meets Jazz» bearbeitete der zeitgenössische Komponist Uwe Korn Kompositionen aus dem Frühbarock. Die beiden Stücke von J. S. Bach, «Bourrée» und «Badinerie», kamen zur Aufführung, bevor Korns neuzeitliche Varianten ertönten. Die melancholischen bluesigen Melodien «Blue Bourrée» waren schwer und stimmten traurig, lebendigere Klänge gegen Schluss des Stückes liessen Hoffnung aufkommen. «Jazz Badinerie», ein tanzartiges Charakterstück, wurde mit Jazzklängen modernisiert. Das virtuose Flötenspiel und die antwortende Orgel begeisterten bis zu einem unerwarteten Schlusspunkt in den höchsten Tönen.
Ein weich klingendes Zusammenspiel, beruhigend, belebend und zum Schluss mit dem Gefühl, wieder sicheren Boden unter den Füssen zu spüren – so hörte sich die «Mediation» aus der Oper «ThaÏs» von Jules Massenet an. Der «Romance Op.94» von Robert Schumann konnten sich die Zuhörenden ganz einfach hingeben und dem innigen Zusammenspiel der beiden Musikerinnen lauschen. Wahrhaft ein fantasievolles Erlebnis war die «Fantasie Op. 79» von Gabriel Fauré. Zu Beginn lockten tiefe Flötentöne, die Gedanken frei laufen zu lassen. Munter hüpfte dann die Flöte voran, liess sich von der Orgel einholen, um gleich wieder davonzurennen. Dieses Wechselspiel endete in sich steigernden Klangfarben und mit viel Eleganz.
Dankbares Publikum und dankbare Musikerinnen
Nach fast einer Stunde andächtig stillem Zuhören bedankte sich das Publikum mit einem wohlverdienten kräftigen Applaus. Mit dem Gospel «I got a Rythm» setzten die beiden Künstlerinnen einen stimmungsvollen Schlusspunkt hinter dieses hochstehende Konzert. Dankbar nahmen die Verantwortlichen über 1100 Franken Spenden entgegen, die vollumfänglich der schwer geprüften Bevölkerung von Blatten zugute kommen werden.
Das Bestreben von Ada van der Vlist Walker, mehr kulturelle Anlässe in die katholischen Kirchen zu bringen, ist ihr mit diesem Konzert, zusammen mit der Flötistin Yoshimi Wittermann, rundum geglückt.