«Let me try again!»
26.04.2024 Kultur«Lass es mich noch einmal versuchen», dachte sich der Winter am vergangenen Samstag und säumte den Weg zum Frühlingskonzert der Brass Band «Harmonie» Saanen (BBHS) in Schönried. Das bunte Repertoire von Klassik bis Party liess den Unmut über das ...
«Lass es mich noch einmal versuchen», dachte sich der Winter am vergangenen Samstag und säumte den Weg zum Frühlingskonzert der Brass Band «Harmonie» Saanen (BBHS) in Schönried. Das bunte Repertoire von Klassik bis Party liess den Unmut über das garstige Aprilwetter rasch verblassen und heizte sowohl den Musikant:innen als auch dem Publikum ein. BBHS-Mitglied Beat Marmet führte mit viel Charme durch den abwechslungsreichen Konzertabend.
Den Auftakt zum Frühlingskonzert unter der Leitung von Michael Bach bildete ein Marsch aus dem BBHS-Standard-Repertoire: «Army of the Nile» von Kenneth J. Alford. Die heroischen Klänge, die den Sieg der britischen über die italienischen Truppen im Zweiten Weltkrieg in Nordafrika beschreiben, finden sich auch auf der Jubiläums-CD des Vereins aus dem Jahr 2009. Weshalb auf dem Konzertflyer eine Elster abgebildet war, wurde mit dem anschliessenden Werk klar: Die Ouvertüre aus «La gazza ladra», auf Deutsch «die diebische Elster», bildete einen ersten Schwerpunkt des Programms. Dieses eingängige, beschwingte Stück hob die verschiedenen Register der BBHS hervor und sorgte für grossen Applaus. Der Komponist Gioachino Rossini hatte die Ouvertüre in grösster Eile, am Tag der Uraufführung, zu Papier gebracht – eingesperrt und bewacht vom Direktor der Mailänder Scala. Rossini war anscheinend nicht nur meisterhaft im Komponieren, sondern auch im Prokrastinieren.
Als meisterhaft im Solospiel bewährte sich Lionel von Grünigen, Principal Cornet der Band. Vor knapp einem Monat konnte er einen grossen Erfolg verbuchen, als er den zweiten Platz in seiner Instrumentalkategorie an der Schweizerischen Junioren-Solisten-Meisterschaft in Luzern erspielte. Mit einer einfühlsamen Darbietung von «Let me try again» (Caravelli) brachte Lionel von Grünigen Ruhe in den ersten Konzertteil. Diese währte allerdings nicht lange: Unmittelbar nach dem Cornetsolo stand das Hauptwerk auf dem Programm: «Lakeland Variations» von Philip Sparke verlangte den Musikant:innen der BBHS einiges an Ausdauer und Spielkunst ab. Das circa elfminütige Werk, das erst letztes Jahr erschienen ist, beschreibt die Drei-Seen-Region (Murten-, Neuenburger- und Bielersee) in fünf Variationen. Die BBHS hat die mitreissende Komposition als Selbstwahlstück für das diesjährige Bernische Kantonalmusikfest in Herzogenbuchsee angemeldet. Sie wird sich dort am 22. Juni in der zweiten Stärkeklasse messen.
Register-Features, ein internes Jubiläum und zwei neue Gesichter im zweiten Konzertteil
Der zweite Konzertteil war geprägt von lockerer Unterhaltungsmusik und zwei Registern, die in den Vordergrund rückten. Zum Tanz am Strand animierte nach der Pause zunächst «Dancing on the Seashore» von Jan Hadermann. Die erfrischende Meeresbrise wich augenblicklich der tiefen Stille der Berge. «Il grond silenzi» von Flavio Bundi beschreibt die überwältigende Ruhe, die einen beim Anblick von Bergen und Tälern ergreift. Die BBHS hat diese starken Gefühle spür- und hörbar auf das Publikum übertragen. Auch an dieser Stelle des Programms währte die Ruhe indes nicht lange: Sie wich dem beschwingten Euphonium-Duett «Me and My Shadow» (Allan Catherall), dargeboten von Stefan Kunz und Denis Baeriswyl. Ihre humorvolle Darbietung lud zum Mitwippen ein und wurde mit grossem Beifall honoriert. Ebenfalls für helle Begeisterung sorgte das energetische Posaunen-Feature «Blades of Toledo» (Trevor Sharpe), welches von Alois Zahler, Liliana Matos, Jens Zahler und Walter Zahler interpretiert wurde und spanisches Flair in die Schönrieder Mehrzweckhalle zauberte.
Vor dem letzten offiziellen Stück – den mitreissenden «Streamline Peaks» von Paul Lovatt-Cooper – ergriff Vereinspräsidentin Sandra Jost das Wort. Sie wies unter anderem auf das nächste Grossprojekt des Dirigenten Michael Bach hin. Er bereitet aktuell die Brass Band Bürgermusik Luzern auf den Europäischen Brass-Band-Wettbewerb in Palanga (Litauen) vor. Dieser wird schon bald, vom 2. bis 5. Mai, stattfinden. Zudem nutzte die Präsidentin die Gelegenheit, um den Perkussionisten Lukas Oberholzer eingehend für seine zahlreichen Verdiendrte zu würdigen. Seit mehr als 30 Jahren setzt er sich für die BBHS ein und kann zudem auf zahlreiche Erfolge in Höchstklasseformationen zurückblicken. Für ihn war der Abend noch aus einem anderen Grund ein ganz besonderer: Sein Sohn Niels Oberholzer spielte zum ersten Mal in den Reihen der BBHS mit und unterstützte das Posaunenregister bei den beiden Zugaben. Auch das Cornetregister durfte sich in diesem Rahmen über Zuwachs freuen. Sunna Schwartz, Tochter von Mitglied Hanna Schwartz, gesellte sich ebenfalls zur Band.
Mit dem Knüller «Partyplanet» der «Fäaschtbänkler» und dem Marsch «Meisterschützen» schloss die BBHS ihr Frühlingskonzert. Für die Mitglieder wird es nun aber nur kurz ruhig bleiben: Die Vorbereitungen für das kantonale Musikfest stehen an.
FRANZISKA RAAFLAUB