Liebe geht durch den Magen
09.02.2024 RegionRANDNOTIZ
JOCELYNE PAGE
Nach Weihnachten hatte ich etwas Pech. Kaum ein Tag frei, erwischte mich zuerst die eine, keine zwei Wochen später die andere Grippe. Aus Respekt und Anstand vor Ihnen unterlasse ich die Beschreibung meiner Symptome. Wir wollen unsere ...
RANDNOTIZ
JOCELYNE PAGE
Nach Weihnachten hatte ich etwas Pech. Kaum ein Tag frei, erwischte mich zuerst die eine, keine zwei Wochen später die andere Grippe. Aus Respekt und Anstand vor Ihnen unterlasse ich die Beschreibung meiner Symptome. Wir wollen unsere Leser-Journalisten-Beziehung nicht unnötig belasten. Aber um es kurz zu umschreiben: Mir ging es elend. Ohne Medikamente hätte sich der Genesungsprozess wohl noch länger hingezogen, sie haben mir also geholfen. Und trotzdem: Mir ist es stets wichtig, nur so viele Medikamente zu mir zu nehmen, wie nötig. Nicht mehr, nicht weniger.
Ich war – und bin es immer noch – ein grosser Fan von den selbst gemachten Heilmitteln meiner verstorbenen Oma, die mir meine Wehwehchen wegzauberten. Husten? Sie legte mir ein mit «Gschwellti» gefülltes Küchentuch auf die Brust. Halsweh? Oma Hilda rüstete mir einen Wickel mit gerösteten Zwiebeln. Nagelbettentzündung? Sie liess mich Käse und Brot kauen, die matschige Pappe klebte sie mir luftdicht auf die Wunde. Nun gut, ich gebe zu, die zwei letzten Hausmittel sind etwas eklig, aber da muss man durch!
Im Wissen, dass ich mich immer noch an diesen Hausmitteln bediene, überraschte mich meine Mutter mit einer Ration selbst gemachter Ingwer-Kurkuma-Shots. Die Wirkstoffe sollten mein Immunsystem stärken, damit ich mir nicht eine weitere Grippe einfange. Mit viel Freude exte ich das erste Glas. Oh. Mein. Gott. Das Zeug brannte wie … in meinem Hals. Ich spürte, wie die rote Sosse meine Speiseröhre hinunterfloss – in Zeitlupe. Was folgte, war ein zweistündiges Magenbrennen. Ich hinterfragte meinen Enthusiasmus gegenüber Hausmitteln. Ist dies nun der Preis für meine Gesundheit? Jeden Tag diese Tortur, als könnte ich Feuer spucken?
Liebe Mama, wenn du dies jetzt liest, sei bitte nicht böse. Erstens zeigt es, wie unglaublich fürsorglich du bist und dies auch noch nach 31 Jahren. Nachdem ich aus dem Nest geflogen bin, könntest du mich ja auch meinem Schicksal überlassen. Zweitens muss ich zugeben, dass ich immer noch gesund bin. Und drittens ist der Ingwer-Kurkuma-Shot der wahre Beweis dafür: Liebe geht tatsächlich durch den Magen – wenn auch via Speiseröhre.
jocelyne.page@anzeigervonsaanen.ch