Wem gehören die Songs von Manillio?
20.04.2023 GstaadDies erfuhren die Schüler des OSZ Ebnit letzte Woche hautnah. Die Mundart-Rapgrösse Manillio gab einen Einblick in seine Welt – und wem seine Songs eigentlich gehören. Mit dabei war auch Claudia Weibel von der SUISA, Genossenschaft der Urheber und Verleger von ...
Dies erfuhren die Schüler des OSZ Ebnit letzte Woche hautnah. Die Mundart-Rapgrösse Manillio gab einen Einblick in seine Welt – und wem seine Songs eigentlich gehören. Mit dabei war auch Claudia Weibel von der SUISA, Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik.
NICOLAS GEISSBÜHLER
Wem gehört ein Lied? Was muss ich tun, wenn ich einen Song covern möchte? Und darf ich denn überhaupt einen Song von einem Musiker für einen Vortrag verwenden, ohne diesen vorher zu fragen? Mit solchen Fragen konfrontierten die beiden Workshopleiter Manuel Liniger – besser bekannt unter seinem Künstlernamen Manillio – und Claudia Weibel die Schüler des OSZ Ebnit letzten Donnerstag Nachmittag. Es wurde viel gefragt – und auch gleich gemeinsam ein Song geschrieben und gerappt.
Kryptonit und Kunst
Es passiert nicht alle Tage, dass einer der grössten Schweizer Mundart-Rapper einen Auftritt in Gstaad hat. Letzte Woche hat ein solcher zumindest eine kleine Show geliefert: Er spielte im Rahmen des Awareness-Anlasses zwei seiner Songs in der Aula des Schulhauses Ebnit vor knapp 80 Schüler:innen und Lehrpersonen live. Gleich zu Beginn des Workshops gab er einen seiner grössten Hits, das Lied «Kryptonit», zum Besten. Im Anschluss erklärte er, dass er den Song nicht alleine geschrieben habe. Er selbst könne nämlich keine Instrumente spielen. So seien insgesamt sieben Menschen an der Produktion beteiligt gewesen. «Und nun haben alle sieben Rechte daran, er gehört uns allen zusammen», erklärte Manillio die Sachlage. Das bedeute auch, dass alle gemeinsam entscheiden dürfen, wo der Song überall verwendet werden darf. Und alle werden dafür entschädigt.
«Wir alle sind Urheber»
Claudia Weibel arbeitet für die SUISA und sensibilisiert die Kinder und Jugendlichen für die gesetzlichen Aspekte der Urheberrechte. Die Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik in der Schweiz verwaltet die Rechte von über 30’000 Urhebern. «Wir alle sind Urheber. Unter uns haben bestimmt alle schon Mal ein Foto gemacht und das auf Instagram gepostet. Das reicht bereits», erklärte sie. «Man kann es zwar nicht anfassen, besitzt es aber trotzdem», fasste sie auf Songs bezogen zusammen.
Sie sprach auch über die Grenzen von Urheberrechten wie beispielsweise von den Rechten an einem Bild, auf dem ein Affe ein Selfie von sich gemacht hat. Gleich vorneweg: Die Urheberrechte sind da dennoch beim Besitzer der Kamera, da der Affe das Bild wohl kaum bewusst gemacht haben dürfte.
ChatGPT und Co.
Ein weiterer brandaktueller Grenzfall der Urheberrechte ist die auf künstlicher Intelligenz basierende Texterstellungssoftware ChatGPT: «ChatGPT erstellt Texte für euch. Ihr dürft den Text dann aber nicht in der Schule unter eurem Namen abgeben, weil ihr nicht die Urheber davon seid.» Denn: «Ein Werk muss von einem Menschen geschaffen und eine eigene Kreation sein.» Zwei Bedingungen, die von ChatGPT erstellte Texte nicht erfüllen. Auch andere künstliche Intelligenzen, die Kunst produzieren können, lassen einen nicht zum Künstler werden: Man wird nicht zum Urheber, da man die Kunst nicht selber produziert hat.
Das anspruchsvolle Künstlerleben
Manillio erklärte, wie er als Künstler – mit den Geldern aus den Verwertungsgesellschaften – überleben und sogar immer wieder neue Kunst produzieren kann. «Zuallererst habe ich keinen festen Lohn. Die Einnahmen variieren stark von Jahr zu Jahr, das meiste verdiene ich durch Konzerte», sagte er. Mit diesem Geld könne er dann wieder neue Kunst produzieren. «Doch das funktioniert nur, wenn die Kunst auch konsumiert wird», fügte er an.
Er ging auch auf die Vor- und Nachteile der heutigen Musikstreamingplattformen ein: «Spotify bezahlt uns Künstler sehr schlecht. Dafür kann man dort mehr Musik eines Künstlers hören als auf einer CD.» Finanziell seien CDs dennoch das lohnenswertere Geschäft für ihn.
Alle entscheiden mit
Manillio erinnerte die Schüler:innen daran, dass jede und jeder einzelne mitentscheidet, was für Kunst produziert wird: «Wenn ihr einen Künstler hört, dann unterstützt ihr ihn auch. So kann er dann neue Kunst machen.» Man solle also bewusst Kunst konsumieren.
Mitentscheiden konnten die Kinder und Jugendlichen auch an diesem Nachmittag und zwar, was für einen Text sie schreiben wollen: Zum Abschluss des Workshops produzierten sie nämlich gemeinsam mit Manillio einen kurzen Rap-Song und gaben diesen gemeinsam zum Besten.
Sowohl Manillio als auch Claudia Weibel macht die Arbeit mit den Kindern grossen Spass. Weibel organisiert die Workshops seit fünf Jahren, gemeinsam mit Manillio oder einem anderen Rapper wie Greis oder Luuk, früher war sie auch mit Steff la Cheffe an Schulen unterwegs. Manillio engagiert sich bereits seit zehn Jahren in diesem Projekt. «Mir gefällt der Inhalt dieses Workshops sehr gut, da kann ich den Kindern etwas mitgeben», sagte der Musiker auf Nachfrage. Er könne den Kindern vermitteln, was geistiges Eigentum sei und wie ein Künstlerleben funktioniere. Und dass alle Konsument:innen über die Löhne der Künstler mitentscheiden. Die Motivation bei den Kindern sei dabei unterschiedlich. An diesem Nachmittag im Ebnit sei die Stimmung aber gut gewesen, fügte er an.
WEITERE INFORMATIONEN: RESPECTCOPYRIGHT.CH
URHEBERRECHTE IN DER SCHWEIZ
Auch in der Schweiz stehen Kreationen - egal ob Text, Bild, Video oder Musik - unter dem Schutz des Urheberrechts. Grundsätzlich erlischt auch hierzulande das Urheberrecht siebzig Jahre nach dem Tod eines Künstlers. Anders als im internationalen Vergleich ist in der Schweiz nur der Upload von geschützten Daten ins Internet strafbar, während der Download für private Zwecke völlig legal ist. Für die finanziellen Ausgleiche sind die sogenannten Verwertungsgesellschaften verantwortlich, sie kassieren Geld bei Verwendung des Werks von Dritten ein und zahlen dieses dann an die Künstler:innen aus. Es existieren folgende Verwertungsgesellschaften:
ProLitteris: Schweizerische Urheberrechtsgesellschaft für Literatur und bildende Kunst.
SSA: Genossenschaft von Urhebern der Sparten Dramatik, Musikdramatik, Choreografie, Audiovision und Multimedia.
SUISA: Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik.
SUISSIMAGE: Nimmt die Urheberrechte von Filmurhebern wie Drehbuchautoren, Regisseuren und Filmproduzenten wahr.
SWISSPERFORM: Nimmt die Leistungsschutzrechte in der Schweiz und Liechtenstein für ausübende Künstler, Produzenten von Ton- und Tonbildträgern sowie Sendeunternehmen wahr.
NICOLAS GEISSBÜHLER