Medizinische Grundversorgung und Spital
13.05.2025 LeserbriefeWerte Bewohner:innen des Simmentals und Saanenlandes, Nationalrat Thomas Knutti fordert die Gemeindebehörden aus dem Simmental und Saanenland auf, geschlossen gegen die Entscheide der STS AG aufzutreten. Im Internet auf der Seite der Gesundheit Simme Saane GSS, unter dem Titel ...
Werte Bewohner:innen des Simmentals und Saanenlandes, Nationalrat Thomas Knutti fordert die Gemeindebehörden aus dem Simmental und Saanenland auf, geschlossen gegen die Entscheide der STS AG aufzutreten. Im Internet auf der Seite der Gesundheit Simme Saane GSS, unter dem Titel «Geschichte» ist Folgendes zu lesen: «Seit rund 20 Jahren werden verschiedene Möglichkeiten für die medizinische Grundversorgung in der Region Simmental-Saanenland (GSS-Region) diskutiert.» Wir treten in dieser Angelegenheit bereits seit 20 Jahren geschlossen auf. Nach 20-jähriger Diskussion stehen wir ohne gute Lösung für uns vor einem Scherbenhaufen.
So langsam aber sicher sollte man sich die Frage stellen, wo die Gründe dafür liegen. Die medizinische Grundversorgung ist Aufgabe des Kantons Bern, welche diese aber meiner Meinung nach nicht wahrnimmt. Die medizinische Grundversorgung im Kanton Bern wurde an gewinnorientierte Spitalaktiengesellschaften und Hausärzte ausgelagert. In allen Kantonen rund um uns herum nehmen die Kantone ihre Aufgabe wahr. Diese haben Kantonsspitäler, welche wohl den Kantonsregierungen unterstellt sind. Das medizinische Personal wird somit in den Gehaltsklassen eingereiht und so haben diese Kantone auch die Kosten im Griff, weil diese klar im Budget aufgeführt sind. Kantonsbetriebe sollten meines Erachtens kostendeckend und ohne Gewinne betrieben werden. Und wir im Kanton Bern finanzieren mit unseren Krankenversicherungsbeiträgen und Steuern noch zusätzlich die Dividenden der Aktionäre dieser Spitalaktiengesellschaften.
Manche in Pensionierung gehende Ärzte wollen ihre Praxen zu überhöhten Preisen an junge Ärzte vermieten. Solche Ärzte folgen nicht mehr dem Eid des Hippokrates, sondern dem Portemonnaie. Man hätte Ärztenachwuchs, aber so können die ihren Start nicht finanzieren. Man stelle sich vor, wenn der Kanton Bern in jeder Gemeinde ein Gebäude mit Arztpraxis und Wohnungen für das medizinische Personal hätte. Der in Rente gehende Arzt zieht einfach aus und der nachfolgende Arzt zieht ein. Das Spital Zweisimmen ist zu wenig ausgelastet. Warum? Ihr zieht alle zum Ski- und Radfahren Helme an. Die Autos haben Airbags, ABS und weitere Sicherheitsassistenten. Die Sicherheitsvorschriften auf den Baustellen haben in den letzten 30 Jahren auch deutlich zugenommen. Durch unsere präventiven Sicherheitsmassnahmen sank das Verletzungsrisiko. Weniger Verletzte bedeutet auch weniger Bedarf an Spitaldienstleistungen.
Das Zweitwohnungsgesetz wirkt sich auch negativ auf diese Angelegenheit aus. Angefangen im Saanenland und nun auch übergreifend auf das Obersimmental. Gemäss dem Zweitwohnungsgesetz dürfen keine neuen Zweitwohnungen mehr gebaut werden. Alle vor dem Jahre 2012 gebauten Wohnungen dürfen weiterhin als reine Zweitwohnungen genutzt werden. Somit wurden diese älteren und dementsprechend günstigeren Wohnungen zu beliebten Kaufobjekten. Eine Zweitwohnung können sich meistens nur Personen mit einem dicken Portemonnaie leisten. In der Folge wurde oftmals für Einheimische bezahlbarer Wohnraum zu überhöhten Preisen an die meistbietenden finanzstarken Zweitwohnungsinteressenten verkauft. Ich habe dies gerade selbst miterlebt. Ich habe mich für eine Liegenschaft mit einem 100-jährigen Haus in St. Stephan interessiert. Den Zuschlag erhielt, wer mehr bezahlte und das Haus wurde bald an Dritte für Ferien, zu überhöhten Preisen vermietet. Ist im Internet bereits ersichtlich. Womöglich hat das Zweitwohnungsgesetz auch einen Fehler. Da das Zweitwohnungsgesetz unter anderem die Bundesversammlung beschlossen hat, sollten die von uns gewählten Nationalräte unsere Interessen in dieser Sache vertreten. Die einheimische Bevölkerung wird so aus dem Saanenland und dem Obersimmental verdrängt. Weniger einheimische Bevölkerung, welche dem Spital Zweisimmen zugeordnet werden können, bedeutet auch weniger Spitaldienstleistungen und übrigens auch weniger Fachkräfte.
Nationalrat Thomas Knutti schreibt weiter: «Falls notwendig, wird sich die Bevölkerung auch finanziell beteiligen, etwa durch die Gründung einer Genossenschaft.» Haben wir da etwas verpasst? Gab es da eine Abstimmung darüber, ob wir dies wollen? Mit dieser Aussage werden meines Erachtens nicht die Interessen der Bevölkerung vertreten. Meiner Meinung nach besteht das Interesse der Bevölkerung darin, dass der Kanton Bern seiner Aufgabe nachkommt, eine funktionierende medizinische Grundversorgung sicherzustellen. Diese wird mit unseren bisherigen Steuern bezahlt und nicht mit weiteren zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Bevölkerung. Wie wollt ihr denn das Obersimmental und das Saanenland als Wohnsitz schmackhaft anpreisen? Kommt ins Obersimmental oder Saanenland wohnen, hier werdet ihr automatisch Genossenschafter und müsst pro Monat und Person noch 200 Franken zur Finanzierung des Spitals Zweisimmen einzahlen. Mit so einer Idee wird sich niemand mehr im Obersimmental und Saanenland niederlassen und diejenigen, welche nicht an das Obersimmental und Saanenland gebunden sind, werden die Region auch noch verlassen. Keine einheimische Bevölkerung bedeutet auch kein Spital und übrigens auch keine Geburtenabteilung.
Irgendwie sieht es so aus: Wir könnten ein Schiff «medizinische Grundversorgung und Spitäler» haben, welches kantonale Betriebe sind. Der Kapitän wäre der zuständige Regierungsrat, die Grossräte:innen die Matrosen und die Bevölkerung die Passagiere. Stattdessen haben wir ein Schiff, welches von einer defizitären und gewinnorientierten Aktiengesellschaft gesteuert wird und nur die Passagiere an Bord hat, während der Kapitän, die Matrosen und die Gemeindebehörden diesem sinkenden Schiff seit 20 Jahren vom Ufer aus zusehen können.
Werte Bewohner:innen des Simmentals und Saanenlands, nun habt ihr bis zum 14. Juni Zeit – bis zur angekündigten Landsgemeinde zur «Rettung der Spitalversorgung Oberland West» in Därstetten –, euch Gedanken zu machen. Nämlich darüber, ob der Kanton Bern seiner Aufgabe nicht nachkommt oder ob wir selbst die Situation herbeigeführt haben, die zu einer zu geringen Auslastung des Spitals Zweisimmen führt.
CHRISTOPH STALDER, MATTEN