Ein erneut grandioses Gstaad Festival Orchestra unter der Leitung von Jaap van Zweden und eine sehr überzeugende Janine Jansen boten dem Publikum ein musikalisches Erlebnis auf höchstem Niveau.
ÇETIN KÖKSAL
Wer den Verlauf der Gstaad ...
Ein erneut grandioses Gstaad Festival Orchestra unter der Leitung von Jaap van Zweden und eine sehr überzeugende Janine Jansen boten dem Publikum ein musikalisches Erlebnis auf höchstem Niveau.
ÇETIN KÖKSAL
Wer den Verlauf der Gstaad Conducting Academy in den letzten Jahren etwas genauer verfolgte, bemerkte, dass auf das Abschlusskonzert mit den Nachwuchsdirigenten jeweils ein Konzert mit identischem Programm folgte. Mit dem Unterschied, dass anstatt der jungen Dirigenten ihr Professor Jaap van Zweden das GFO dirigierte und anstatt Studenten gestandene Solisten den Konzertpart übernahmen. Eine sehr schöne Tradition, erlaubt sie doch dem interessierten Konzertbesucher einen direkten Vergleich zwischen der nachrückenden Jugend, also den Stars von morgen, ihrem Conducting-Academy-Professor und etablierten Solisten mit entsprechender Erfahrung. Letzten Freitag war dies die Geigerin Janine Jansen, die mit einer sehr beachtenswerten Interpretation des Konzerts in e-Moll von Mendelssohn auffiel. Ihr gelang das äusserst delikate Kunststück, bei diesem schon unzählige Male gehörten Werk Details herauszuarbeiten, die andere grosse Geiger unterschiedlich verstanden hatten. Jansen tat dies aber auf eine so subtile und respektvolle Weise, dass Mendelssohn seine Freude daran gehabt hätte. Leider gibt es Musiker, worunter sich teilweise auch Stars befinden, die die Aufmerksamkeit suchen, indem sie Meisterwerke in Respektlosigkeit gegenüber den Schöpfern, den Komponisten, nach ihrem persönlichen Gusto nachteilig verändern. Janine Jansen hat mit diesem Genre glücklicherweise nichts zu tun. Von Anfang bis Ende hörte man ihr die profunde Werkkenntnis an. Ihr geigerisches Können ist sowieso über jeden Zweifel erhaben.
Van Zweden «at its best»
Treffen zwei starke (Musiker-)Persönlichkeiten aufeinander, so besteht natürlich immer ein gewisses Risiko eines kleinen Gerangels um die Führung. Bei gestandenen Dirigenten und Solisten eine nicht seltene Situation. Ganz zu Beginn des ersten Satzes wollte Dirigent van Zweden zu einer etwas forscheren «Gangart» ansetzen, was Solistin Jansen aber unmittelbar verhinderte. Sie setzte sich durch und van Zweden folgte ihr sodann mit dem Orchester. Bei Bruckners siebter Sinfonie war der renommierte Chefdirigent dann wieder alleiniger Lenker und Leiter. Und was für einer! Unmittelbar spürte man, dass dies «sein» Repertoire ist. Diese Tiefe mit vollem Streicherklang, die fein ausbalancierten Bläser, denen er die harmonischsten und zugleich bewegendsten Crescendi entlocken konnte. Diese Verbindung von Gravität und Verve mit schönen Kontrasten war wirklich sehr beeindruckend. Auch bei den Tempi entschied sich van Zweden – für seine Verhältnisse – wohltuend moderat. Das Gstaad Festival Orchestra lief zur Höchstform auf und begeisterte wiederum insgesamt durch alle Register hindurch. Mit gutem Gewissen und ohne Übertreibung darf das ganze Konzert als ein Höhepunkt des diesjährigen Festivals bezeichnet werden.