Wohin im Notfall?

  22.02.2024 Gesellschaft

Seit Herbst letzten Jahres gibt es sie auch in Saanenland: die Notfalltreffpunkte (NTP). Was genau ist das und wozu brauchen wir diese Stellen? Wir haben nachgefragt.

SONJA WOLF
«Notfall» hört sich dramatisch an. Kann es auch sein, muss aber nicht. Das Saanenland wurde zum Beispiel im letzten November von Überschwemmungen heimgesucht. «Da haben wir einzelne Familien evakuieren müssen und anschliessend in der Alpine Lodge untergebracht», berichtet Andreas Zoppas, Fachleiter Sicherheit bei der Gemeinde Saanen, auf Anfrage. Doch was passiert, wenn es sich nicht nur um einzelne Betroffene handelt wie in diesem Winter? Wenn zum Beispiel grössere Bevölkerungsteile durch Überflutungen ihre Wohnung verlieren? Oder wenn der Strom grossflächig ausfällt? Bei einem flächendeckenden Stromausfall wäre in kürzester Zeit die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft stark beeinträchtigt. Man stelle sich vor: Alleine schon die gängigen Informationskanäle wie Handy, Computer, Radio oder Fernsehen stünden nicht mehr zur Verfügung.

Bund gibt Empfehlung
Daher hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) Empfehlungen für den Aufbau und den Betrieb von Notfalltreffpunkten herausgegeben – adressiert unter anderem an die Kantonalen und Regionalen Führungsorganisationen, die Führungsorgane auf Gemeindestufe und die Zivilschutzorganisationen (wir haben berichtet). Viele Kantone sind der Empfehlung bereits gefolgt, unter anderem der Kanton Bern. Dieser ist dabei, schrittweise 236 Notfalltreffpunkte einzurichten.

Das Saanenland ist bereit
Das Saanenland ist bereits parat. Hier gibt es fünf Notfalltreffpunkte: jeweils einen in den Gemeinden Lauenen und Gsteig und drei in der Gemeinde Saanen (siehe Kasten). Sollte es zu einer Notsituation kommen, können diese öffentlichen Gebäude sofort zum Notfalltreffpunkt umfunktioniert werden. Dazu gibt es eine Liste (siehe Auszug) mit notwendigem Material wie Notstromaggregat, Taschenlampen, Erste-Hilfe-Set oder auch eine Notfalltreffpunkt-Fahne, welche im Fall der Fälle das entsprechende Gebäude als Notfalltreffpunkt kennzeichnet. «Dieses Material haben wir vom Kanton erhalten und in den jeweiligen Gebäuden deponiert», gibt Andreas Zoppas Auskunft. Ausser die Notstromaggregate, die sich im Moment im Werkhof befinden. Denn sie müssen regelmässig in Betrieb gesetzt, mit Benzin befüllt bzw. gewartet werden. «Denn es hat ja keinen Sinn, wenn sie im Notfall zum Einsatz kommen sollen und nicht funktionieren», ergänzt Zoppas. Ähnlich sieht es in der Gemeinde Lauenen aus: «Wir haben das ganze Material erhalten und es direkt ausprobiert», sagt der Lauener Präsident der Sicherheitskommission, Andreas Reichenbach. Beide Gemeinden haben der Bevölkerung bereits die Standorte mittels eines Flyers beziehungsweise eines Beitrags in dieser Zeitung kommuniziert.

 

Kleiner Auszug aus der Materialliste des Kantons Bern für die Gemeinden. Diese Objekte wurden den jeweiligen Notfalltreffpunkten bereits zur Verfügung gestellt. Zusätzlich steht jeder Gemeinde frei, selbstständig Ergänzungsmaterial anzuschaffen.  
Bildschirmfoto aus: Anhang A3, Checkliste «Material» zum Konzept Notfalltreffpunkte Kanton Bern

 

Auch die Gemeinde Gsteig ist im Besitz des Materials und hat ihrerseits das Gebäude der Gemeindeverwaltung als Notfalltreffpunkt definiert. «Wir werden schon bald die Bevölkerung über die neue Einrichtung und das Prozedere in einem Notfall informieren», sagt Gemeindeschreiber Paul Reichenbach aus Gsteig über die kommenden Schritte.

Was kann ein Notfalltreffpunkt bieten?
Mit diesem Material ausgestattet kann jeder Notfalltreffpunkt der Bevölkerung wenigstens die Mindestleistungen zur Verfügung stellen, nämlich Informationen rund um die Notsituation bieten sowie die Kommunikation und Interaktion mit Partnern des Bevölkerungsschutzes, wie der Polizei, Feuerwehr und Sanität, sicherstellen (siehe Tabelle).

Gemäss dem kantonalen «Konzept zur Einrichtung und zum Betrieb von kommunalen Anlaufstellen» steht es zudem jeder Gemeinde frei, bei Bedarf optionale Versorgungsleistungen anzubieten. Die Erweiterungsleistungen richten sich dabei nach den personellen und materiellen Mitteln der Gemeinde beziehungsweise nach den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung (siehe Tabelle). In allen drei Gemeinden würde nach Auskunft der zuständigen Andreas Zoppas, Paul Reichenbach und Andreas Reichenbach auf jeden Fall geschaut werden, dass schnell und unbürokratisch über das Mindestmass hinaus geholfen werde.

Weitere Informationen unter tinyurl.com/y4zwvrvs


NOTFALLTREFFPUNKTE IM SAANENLAND

Gemeinde Saanen:
– Kirchgemeindehaus, Untergstaadstrasse 8, 3780 Gstaad
– Schulhaus Zenetsmatte, Rübeldorfstrasse 6, 3792 Saanen
– Schulhaus Schönried, Hubelstrasse 1, 3778 Schönried
Gemeinde Gsteig:
– Gemeindeverwaltung Gsteig, Gsteigstrasse 9, 3785 Gsteig
Gemeinde Lauenen:
– Gemeindeverwaltung Lauenen, Lauenenstrasse 2, 3782 Lauenen

www.notfalltreffpunkt.ch/media/standorte_a-z_notfalltreffpunkt-de.pdf: Auf dieser Liste werden die neuen Notfalltreffpunkte des Kantons Bern ständig ergänzt.

PD/SWO


UND BEI UNSEREN NACHBARN?

Auch im benachbarten Kanton Waadt geht die Einrichtung der Notfalltreffpunkte (NTP) vorwärts. Allerdings sind die Waadtländer «Points de rencontre d’urgence» zusammen mit denen einiger anderer Kantone noch nicht auf der Website notfalltreffpunkt.ch aufgeführt. Das liegt daran, dass die Website augenblicklich noch eine vorübergehende Lösung darstellt, die vom Kanton Solothurn verwaltet wird. Spätestens Ende 2024 wird die Seite aber vervollständigt und vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz übernommen werden. Im Moment müssen einige NTP noch auf den jeweiligen Kantonsseiten nachgeschaut werden. Hier ein Auszug aus der Waadtländer Übersichtskarte:

NOTFALLTREFFPUNKTE IM PAYS-DENHAUT

Gemeinde Rougemont:

– Bâtiment communal, Route de la Croisette 16, 1659 Rougemont
Gemeinde Château-dOex:
– Grande Salle, Grand-Rue 73, 1660 Château-d’Oex
Gemeinde Rossinière:
– Bâtiment communal, Chemin de l’Eglise 14, 1658 Rossinière

Aus: www.geo.vd.ch, Thème: Sécurité
Allgemeine Informationen: www.vd.ch/themes/securite/ protection-de-la-population/pru

CANTON DE VAUD, SERVICE DE LA SÉCURITÉ CIVILE ET MILITAIRE /SWO


Mindestleistungen

Information

Katastrophen und Notlagen lösen in der Bevölkerung enorme Verunsicherung aus. Transparente Informationen über Lage und Lageentwicklung ist in der Bewältigung des Ereignisses von zentraler Bedeutung. Aber auch Informationen über noch vorhandene Versorgungsmöglichkeiten oder Warnungen und Verhaltensempfehlungen können an die Bevölkerung weitergegeben werden. Die Bevölkerung kann ihrerseits Informationen zur Lage deponieren.

Kommunikation

Alle NTP verfügen zudem über Mittel zur autarken Notkommunikation (PO-LYCOM). Diese gewährleisten die Erreichbarkeit der Partner des Bevölkerungsschutzes und die Alarmierung von Polizei, Feuerwehr und Sanität via Regionale Einsatzzentrale (REZ). In zweiter Priorität dienen die Geräte zur Beschaffung von Informationen und der Koordination von optionalen Erweiterungsleistungen.

Optionale Erweiterungsleistungen (nicht abschliessend)

Abgabe div. Versorgungsleistungen

Es ist denkbar, dass an einer Anlaufstelle nicht nur Informationen über noch vorhandene Versorgungsmöglichkeiten gegeben werden, sondern eine gewisse Grundversorgung durch die Abgabe von Versorgungsleistungen erfolgen kann, z.B. Lebensmittel, Sachgegenstände oder Betriebsstoffe.

Entgegennahme von Hilfsgesuchen/ -angeboten aus der Bevölkerung

Falls die Bürgerinnen und Bürger im Ereignisraum aktiv ihre Unterstützung zur Ereignisbewältigung anbieten möchten, so können sie entweder mit «Manpower» (Muskelkraft oder berufliches Know-how) oder mit Sachspenden (z.B. Esswaren) helfen. Im ersten Fall dient der NTP als Kontaktstelle für freiwillige Helfende, im zweiten Fall als Abgabestelle. Da die personellen Mittel an den NTP beschränkt sind, läuft die Koordination von auswärtigen Hilfsangeboten jedoch über die RFO.

AUSZUG AUS: NOTFALLTREFFPUNKTE KANTON BERN. KONZEPT ZUR EINRICHTUNG UND ZUM BETRIEB VON KOMMUNALEN ANLAUFSTELLEN


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