Ob «Die Schwarze Spinne» dem Schweizer Publikum gefällt?

  15.03.2022 Gstaad

Der Schweizer Markus Fischer machte aus Gotthelfs Novelle «Die Schwarze Spinne» ein schauriges Kinoerlebnis. An der Sondervorstellung in Gstaad waren auch der Gstaader Schauspieler Andreas Matti und Regisseur Markus Fischer anwesend.

BLANCA BURRI
Wer kennt sie nicht, die Novelle «Die Schwarze Spinne» (1842) von Jeremias Gotthelf. Sie wurde von Thomas Mann als Weltliteratur bezeichnet und in den meisten Schulstuben ausgiebig diskutiert. Sie spielt im 19. Jahrhundert und im Mittelalter. Die Drehbuchautoren Plinio Bachmann und Barbara Sommer sowie Regisseur Markus Fischer haben sie für den aktuellen Film komplett von der Rahmengeschichte abgekoppelt und daraus die Gruselgeschichte herausgelöst.

In Ungarn gedreht
Der aktuelle Film spielt nur im dunkeln Mittelalter und zwar im Sumiswald von 1251. Gedreht wurde in Ungarn, weil Mittelalterfilme dort Tradition haben, wie Markus Fischer nach dem Film erklärte. Neben dem Bauerndorf steht eine Steinburg, von den Bauern erbaut – eine digitale Einblendung, was man leider auf den ersten Blick erkennt. Sie dient den Deutschrittern als sichere Unterkunft. Ihr Anführer Hans von Stoffeln entspricht den gängigen Klischees. Er und seine Entourage haben ein unzivilisiertes, gar raues Auftreten, er selbst scheint traumatisiert und krank zu sein, ein paar Schritte vom Irrsinn entfernt. Er verlangt von den Sumiswaldern ein Ding der Unmöglichkeit: eine Allee aus hundert ausgewachsenen Bäumen innerhalb von dreissig Tagen. Die Bauern gehen schmollend ans Werk und prompt kommt es zum Unfall, bei dem der Gemeindevorsteher (Andreas Matti) tragisch ums Leben kommt.

Pakt mit dem Antichrist
Die Protagonistin Christine (Lilith Stangenberg) ist nicht wie in der Novelle eine Auswärtige, sondern kommt ebenfalls aus Sumiswald. Die Tochter des Verunfallten ist Geburtshelferin. Die modern interpretierte Frau versucht, die Männer zum Kampf gegen die Unterdrücker zu bewegen. Weil die Bauern keinen Mut beweisen, aber die Allee nicht zeitgerecht erstellen können, erwarten sie eine Bestrafung. Als einziger Ausweg sieht Christine darin, einen Pakt mit dem Antichrist einzugehen.

Die Welt scheint in Ordnung: Die Baumallee wächst über Nacht und die Gefahr der Deutschritter ist gebannt. Dafür soll die Hebamme dem Satan ein ungetauftes Neugeborenes bringen. Als sie das Versprechen nicht einlöst, beginnt ein Spinnenmal unter der vom Satan geküssten Wangenhaut zu brennen. Sie betrachtet es in einem Tümpel im Wald, eine schöne Szene. Daraufhin geht eine Spinneplage um, die erst das Vieh befällt und es dahinrafft. Christine verwehrt dem Satan ein weiteres Ungetauftes. Durch Special Effect und mit viel Donnergrollen verwandelt sie sich in eine Tarantel, die den Dörflern, aber auch den Deutschherren den Tod bringt. Aber der Schluss sei hier nicht verraten.

Sondervorstellung im Ciné-Theater
Spätnachmittags am vergangenen Sonntag fanden sich im Ciné-Theater einige kulturinteressierte Personen, die Familie des Gstaader Schauspielers Andreas Matti sowie Schüler:innen ein. Sie belegten einen Drittel der Plätze. Kinobetreiber Hansjörg Beck hatte nicht nur den Film «Die Schwarze Spinne» angekündigt, sondern auch die Anwesenheit des Regisseurs Markus Fischer, einer der Hauptdarstellerinnen, Nurit Hirschfeld, sowie ihres Filmvaters Andreas Matti. Nurit Hirschfeld reiste aufgrund verschobener Drehtage nach Berlin statt nach Gstaad.

Im Interview erklärte Markus Fischer im Anschluss an den Film einige technische Details. An den digitalen Effekten wie Taranteln oder Burgeinblendungen hätten 40 Personen, am Set 100 Personen und im gesamten rund 350 Personen gearbeitet. Der Regisseur sprach von einem Produktionsbudget von fünf Millionen Franken und zusätzlichen Kosten von 500’000 Franken für die Corona-Schutzmassnahmen. Der Film entstand im August 2020 während sechs Wochen.

Neue Erzählsprache?
Da die Hauptdarstellerin Lilith Stangenberg aus Deutschland stammt, wurde der Film in der Standardsprache gedreht. In Gstaad wurde die schweizerdeutsch synchronisierte Fassung mit englischen Untertitel gezeigt. Für uns Schweizer ein ungewohntes Bild, aber mit dem Blick auf internationale Festivals und Bühnen wohl ein Muss. Markus Fischer legte dar, dass der Film in Asien und Fernost grosse Chancen habe, da man dort auf Mysterie dieser Art stehe.

 


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