Protestaktion gegen Heliskiing in Gstaad
19.03.2024 GstaadDie Alpenschutzorganisation Mountain Wilderness Schweiz demonstrierte beim Helikopter-Gebirgslandeplatz auf dem Vorder Walig gegen Heliskiing. Rund vierzig Aktivistinnen und Aktivisten haben teilgenommen.
KEREM S. MAURER
Schweizweit gibt es laut dem Bundesamt ...
Die Alpenschutzorganisation Mountain Wilderness Schweiz demonstrierte beim Helikopter-Gebirgslandeplatz auf dem Vorder Walig gegen Heliskiing. Rund vierzig Aktivistinnen und Aktivisten haben teilgenommen.
KEREM S. MAURER
Schweizweit gibt es laut dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) 40 Gebirgslandeplätze für Helikopter, drei davon – Vorder Walig, Staldenhorn und Gstellihorn – liegen im Saanenland. (Jener auf dem Tsanfleuron-Gletscher liegt nicht mehr im Kanton Bern und wurde in den Zahlen nicht berücksichtigt). Im Jahr 2022 wurden laut Luftfahrtstatistik etwa 4000 Flüge fürs Heliskiing deklariert, davon wurden rund 720 im Saanenland durchgeführt. Gegen dieses Freizeitvergnügen demonstrierten laut einer Medienmitteilung der Alpenschutzorganisation Mountain Wilderness Schweiz rund 40 Aktivistinnen und Aktivisten am 9. März auf dem Walighürli beim Gebirgslandeplatz auf dem Vorder Walig.
Für Protestaktion gut geeignet
Laut der Mitteilung soll der Winter 2023/24 mit fast drei Grad Celsius über der Norm einer der wärmsten seit Messbeginn gewesen sein. Heliskiing würde dennoch in der Schweiz «trotz Klimakrise nach wie vor toleriert und sogar zelebriert», kritisiert die Alpenschutzorganisation. Der Vorder Walig habe sich für eine Protestaktion angeboten, weil der Gebirgslandeplatz über einen relativ einfachen Aufstieg zu erreichen und damit wie geschaffen dafür sei, dass viele an der Protestaktion teilnehmen könnten. «Der Älteste war über 70 Jahre alt, die Jüngste gerade mal 16», sagt Aaron Heinzmann, Projektleiter Alpenschutz bei Mountain Wilderness Schweiz auf Anfrage. Für die Organisation ist klar: «Grandiose Bergerlebnisse brauchen keine Heliflüge. Wer den Berg geniessen will, soll sich Zeit nehmen.» Seit 30 Jahren bestehe die Alpenschutzorganisation und fast ebenso viele Male habe man schon gegen Heliskiing protestiert, so Heinzmann.
Angebot nicht ausbauen, aber beibehalten
Peter Sollberger, Präsident des Bergführervereins Gstaad-Lenk, bezeichnet das Heliskiangebot als «sehr wichtig für die Region». Er selber nutze es nur im Zusammenhang mit Skitouren. Ein Ausbau des Angebotes sei für ihn nicht nötig, aber: «Das bestehende Angebot sollte erhalten bleiben und nicht verringert werden.»
Seit es Helikopter in unserer Region gebe, werde Heliskiing angeboten, also etwa seit sechzig Jahren, schätzt Flurin Riedi, Direktor von Gstaad Saanenland Tourismus (GST). «Durch das nationale Luftfahrtgesetz sind diese Touristikflüge sauber geregelt und werden streng kontrolliert. Die Anbieter bewegen sich im gesetzlichen Rahmen», ist er überzeugt. Und Riedi betont: «Aus touristischer Sicht gibt es keine Gründe, an der Ist-Situation etwas zu ändern.»
Wichtige Trainingsflüge für Piloten
Die Heliskiingflüge sind nicht nur für den Tourismus wichtig, sondern auch für die Helikopterpiloten. Christian Stähli, Basisleiter der Air-Glaciers in Saanen, gibt auf Anfrage Auskunft. «Jeder Pilot, welcher im Besitz der Gebirgslizenz ist, muss pro Jahr mindestens 50 Gebirgslandungen durchführen.» Piloten, die später Rettungen ausführen, würden im Rahmen ihrer fliegerischen Aus- und Weiterbildung zuerst durch Rundflüge in den Alpen, dann durch touristische Flüge mit Landungen auf Gebirgslandeplätzen «in die höheren Weihen der Gebirgsfliegerei» eingeführt, so Stähli, und: «Ein Pilot benötigt rund 1000 Flugstunden, bevor er Unterlasten, also am Helikopter angehängte Lasten, fliegen kann, was eine Grundvoraussetzung für eine Ausbildung als Rettungspilot im Gebirge ist. Und bis ein Pilot sämtliche heiklen Rettungen durchführen kann, braucht er weitere rund 1000 Flugstunden.» Nebst dem allgemeinen Trainingseffekt – dem Fliegen mit Personen auf Gebirgslandeplätzen in der Höhe, wo die Leistungsreserven durch das zusätzliche Gewicht reduziert seien – dienten diese Flüge besonders dem Erfahrungsaufbau der Piloten. Und dieser könne nur bei realen Windund Wetterbedingungen stattfinden. Abschliessend hält der Basisleiter fest: «Nachwuchspiloten starten ihre Karriere meist mit rund 250 Flugstunden. Damit die Pilotinnen und Piloten für künftige Arbeitsbereiche eingesetzt werden können, sind Heliskiingflüge ein wichtiger Bestandteil ihrer fliegerischen Karriere.»