Regenwetter setzte den Landwirten zu
01.08.2024Das anhaltend schlechte Wetter in Frühling und Frühsommer vermieste den Bauern die Futterernte für den kommenden Winter. Gefragt waren Flexibilität und eine gute Planung.
KEREM S. MAURER
Wir haben es alle mitbekommen: Das Wetter im vergangenen ...
Das anhaltend schlechte Wetter in Frühling und Frühsommer vermieste den Bauern die Futterernte für den kommenden Winter. Gefragt waren Flexibilität und eine gute Planung.
KEREM S. MAURER
Wir haben es alle mitbekommen: Das Wetter im vergangenen Frühling und Frühsommer war trüb, nass und kalt. Die einen haben sich mit der Zeit daran gewöhnt, andere hatten – auch aus beruflicher Perspektive – damit zu kämpfen. Die Landwirtschaft ist darauf angewiesen, dass die Futterpflanzen wachsen und für den kommenden Winter ausreichend qualitativ hochwertiges Futter für die Tiere geerntet werden kann. Feuchtigkeit ist zwar gut und beschleunigt das Pflanzenwachstum – aber es kann auch zu viel des Guten sein.
Futterflächen waren kaum befahrbar
«Feuchtigkeit ist wichtig für den Vegetationsstart, doch durch die anhaltend tiefen Temperaturen und fehlenden Sonnenstunden wurde das Pflanzenwachstum gehemmt und der frühe Vegetationsbeginn ausgebremst», erklärt David Perreten, Präsident der Landwirtschaftlichen Vereinigung Saanenland, auf Anfrage. Für ihn war die Hauptherausforderung der grossen Niederschlagsmengen das Beweiden der Flächen, ohne grössere Schäden und Verluste zu verursachen, denn: «Je nach Bodenbeschaffenheit und Steillage musste der Weidegang eingeschränkt werden», sagt er. Die schlechten Wetterverhältnisse hätten zudem die Unfallgefahr im Zusammenhang mit dem Bedienen landwirtschaftlicher Fahrzeuge und Maschinen während der Bewirtschaftung massiv erhöht. «Planung und Organisation waren sehr herausfordernd», so Perreten.
Silage ist gut, aber nicht für alle
Bei knappem Dürrfutterlagerraum und um die Arbeitsspitzen bei kurzen Erntefenstern zu brechen, bieten Siloballen eine gute Alternative. Silage könne bei kurzen Schönwetterperioden helfen, wenigstens etwas Futter zu ernten, erklärt Perreten, doch sie berge auch Nachteile. «Nasse Böden bringen oft mehr Verschmutzung durch Erde ins Futter, was der Futterqualität abträglich ist.» Und obschon die Tiere die Abwechslung mit Heu oder Silage, das bei optimaler Qualität ein gutes Grundfutter darstellt, lieben, darf nicht in jedem Betrieb Silofutter verwendet werden, denn: «Dieses birgt das Risiko von Buttersäurebakterien, welche in der Käseproduktion nicht erwünscht sind. Daher können Betriebe, welche Milch zur Käseproduktion erzeugen, keine Silage einsetzen», erklärt Perreten.
Futter könnte knapp werden
Früh geerntetes, junges Gras weise deutlich höhere Gehalte an Eiweiss und Energie auf als veraltete Grasbestände, dagegen steige die Ertragsmenge mit der Reifung. «Die Kunst ist es, den Schnittzeitpunkt so zu wählen, dass man eine grosse Quantität bei noch guter Qualität erhält», weiss David Perreten. Und genau dies wurde in diesem Jahr aufgrund der Wetterverhältnisse nicht auf vielen Flächen erreicht. Veraltete Futterbestände könnten jedoch gut zur Galtviehfütterung eingesetzt werden.
Da viele Betriebe in der Region noch über letztjährige Futterreserven verfügen – darunter eben viel veraltetes Futter –, dürfte das Futter an sich nicht knapp werden. Nur qualitativ hochwertiges Futter könnte im kommenden Winter vielerorts fehlen, befürchtet der Präsident der Landwirtschaftlichen Vereinigung Saanenland. So müssten viele Betriebe dieses Manko mit Futterzukäufen kompensieren, was die Wertschöpfung des Betriebs senke, aber: «Eine gute Fütterung ist unabdingbar für die Gesundheit und die Leistungsbereitschaft der Tiere», hält Perreten fest. Und weil die Wettersituation grossflächig und anhaltend schwierig war, dürfte hochwertiges Futter rar und teuer sein, was zu einem grösseren Einsatz von Ergänzungsfutter führen könne.
Einsatz von Luftentfeuchtern oder Heizöfen
Entscheidend bei diesen herausfordernden Verhältnissen seien die jeweiligen betrieblichen Situationen und die individuellen Fähigkeiten der Landwirte, flexibel zu reagieren, findet Perreten. Sicher habe es schon früher vergleichbare Wettersituationen gegeben, doch die Betriebsstrukturen wie auch die Leistungsfähigkeit der Milchkühe habe sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Letzteres habe die Bedeutung einer hohen Grundfutterqualität erheblich gesteigert. Andererseits könne Dank des technischen Fortschritts heutzutage während eines kurzen Schönwetterfensters sehr schnell sehr viel Futter geerntet und eingebracht werden – sofern die Böden maschinell befahrbar seien. Perreten ergänzt, dass in diesem Jahr die Möglichkeit zur Nachtrocknung entscheidend gewesen sei. Vermehrt würden auch Luftentfeuchter oder Heizöfen mit der Belüftung kombiniert, so könne das Futter auch eingebracht werden, wenn es noch etwas feucht sei.