Regierungsstatthalterwahlen: Kandidaten zeigen am Podium klare Haltungen
23.04.2025 PolitikRund 40 Personen verfolgten in Zweisimmen das öffentliche Podium mit den drei Kandidaten für das Regierungsstatthalteramt im Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen. Moderiert von Michael Gehret (GLP) und Martin Hefti (SP) wurde über Motivation, Neutralität und ...
Rund 40 Personen verfolgten in Zweisimmen das öffentliche Podium mit den drei Kandidaten für das Regierungsstatthalteramt im Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen. Moderiert von Michael Gehret (GLP) und Martin Hefti (SP) wurde über Motivation, Neutralität und Verwaltungsalltag diskutiert.
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Auf den Zahn gefühlt: Michael Gehret (GLP) und Martin Hefti (SP) nahmen die drei Kandidaten für das Regierungsstatthalteramt Obersimmental-Saanen unter die Lupe. Ihre Parteien luden zur öffentlichen Podiumsdiskussion ein. Stefan Janzi, Matthias Matti und Christoph Stalder stellten sich den Fragen, dies vor rund 40 Interessierten in der Simmental Arena am vergangenen Mittwoch (siehe auch Interviews und Biografien der Kandidaten im AvS vom Dienstag, 15. April 2025).
Zum Einstieg hatte jeder Kandidat zehn Minuten Zeit, sich vorzustellen. Anschliessend stellten Gehret und Hefti gezielte Fragen, etwa zu konkreten Praxisbeispielen wie Interessenkonflikten bei diversen Gesuchen, Bauen ausserhalb der Bauzone oder Exmissionen. Letztere bezeichnen eine behördliche Verfügung, mit der jemand verpflichtet wird, eine Liegenschaft oder ein Grundstück zu verlassen – etwa nach einer Hausbesetzung oder bei unrechtmässiger Nutzung.
Für die Region, in neutraler Weise
Alle drei Kandidaten bekräftigten, das Amt neutral und unabhängig führen zu wollen. Matti betonte, seine aktuellen wirtschaftlichen Interessenbindungen – er ist Vorstandsmitglied bei Gstaad Saanenland Tourismus und Verwaltungsrat bei der Bergbahnen Destination Gstaad AG – bei einer Wahl abzulegen, so auch sein Grossratsmandat. Während seiner politischen und wirtschaftlichen Tätigkeit habe er sich stets für die Region stark gemacht und habe ein grosses Netzwerk aufbauen können. In der neutralen Funktion eines Regierungsstatthalters wolle er sich für die Bürger:innen, das Gewerbe, den Tourismus und die Landwirtschaft einsetzen.
Stalder stellte seine politische Zurückhaltung in den Vordergrund. Zwar sei er SVP-Mitglied, dies jedoch nicht lange und er sei nicht besonders politisch aktiv gewesen. Er habe auch keine wirtschaftlichen Interessenskonflikte, daher sehe er sich als geeigneter Statthalter. Dieser müsse neutral sein und sich an die Gesetze und Reglementierungen halten. Als Verwaltungsangestellter traue er sich diese Aufgabe zu.
Auch Janzi unterstrich die Bedeutung politischer und persönlicher Unabhängigkeit im Amt. Er werde zwar von der FDP unterstützt, trete jedoch nicht als Politiker, sondern als Verwaltungsfachmann mit Notariatshintergrund an. Entscheidend sei für ihn, dass ein Regierungsstatthalter alle Menschen gleich behandle und verständlich kommuniziere.
Geballte Komplexität in einem Amt
Bei der offenen Fragerunde meldete sich aus dem Publikum eine Mitarbeiterin des Statthalteramtes. Sie zeigte auf, wie vielseitig und komplex die Aufgaben eines Regierungsstatthalters sind, zählte Bereich um Bereich auf – und streifte dabei wohl nur einen Bruchteil. Sie wollte deshalb wissen, wie sich die Kandidaten auf diese grosse Aufgabe vorbereiten und einarbeiten wollen.
Matti pflichtete ihr bei: «Ich habe mir diese Frage sehr intensiv gestellt und mich auch beim Regierungsstatthalteramt erkundigt. Es ist eine gewaltige Herausforderung.» Der Kanton sehe keine offizielle Übergangsphase vor: Am 31. Dezember ende die Amtszeit des amtierenden Statthalters Michael Teuscher, am 1. Januar werde der Schlüssel übergeben – ohne Einarbeitungszeit. Sollte er somit gewählt werden, wolle er sich die Zeit ab Sommer nehmen, sich vorzubereiten.
Auch Janzi gab an, dass ihn diese Frage sehr beschäftigt habe. «Ein Jurist wäre fachlich sicher sehr gut geeignet. Ich selbst bringe zwar keinen juristischen Abschluss mit, habe aber in meiner beruflichen Laufbahn viel mit Rechtsfragen zu tun gehabt – ich bezeichne mich deshalb als halben Juristen.» Doch er sei sich bewusst, dass in diesem Bereich immer noch Nachholbedarf bestehe. «Dort, wo ich Lücken habe, werde ich mich gezielt einarbeiten.»
Stalder sagte: «Wissen ist, zu wissen, wo man das Wissen findet.» Bei seiner aktuellen Tätigkeit im Baubewilligungsverfahren habe er gelernt, dass es wichtig sei, Systeme zu verstehen. «Und wenn man dies tut, weiss man auch, wo man die Informationen findet.» Er wolle sich deshalb in dem halben Jahr vor Amtsantritt gründlich einarbeiten und die Prozesse und Systeme verstehen.
Und es wird spielerisch
Michael Gehret und Martin Hefti hatten neben der klassischen Fragerunde auch ein Quiz vorbereitet: Wie viele Einwohner:innen zählt der Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen? Wie viele Gemeinden? Die Namen der Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten? Und – eine sehr knifflige Frage – wie gross ist die Fläche des Bezirks? Auf Flipcharts mussten die Kandidaten ihre Antworten schreiben. Der eine und andere musste bei gewissen Fragen etwas länger überlegen, beim anderen kam es wie aus der Kanone geschossen. Das Ergebnis überzeugte aber am Ende: Den Grossteil der Fragen haben alle drei richtig beantwortet.
Am 18. Mai ist es dann so weit: Die drei Kandidaten stellen sich zur öffentlichen Wahl. Obersimmental-Saanen ist jedoch nicht der einzige Verwaltungskreis, in dem die Stimmbürger:innen wählen: Vier weitere bitten an die Urne, so der Berner Jura, Biel/ Bienne, Thun und Interlaken-Oberhasli.