Regierungsstatthalterwahlen 2025: Wer versteckt sich hinter der jeweiligen Kandidatur?
15.04.2025 Region, Obersimmental, SaanenlandAm 18. Mai wählt die Bevölkerung des Verwaltungskreises Obersimmental-Saanen einen neuen Regierungsstatthalter. Nach 16 Jahren im Amt tritt Michael Teuscher per Ende Jahr zurück. Zur Wahl stellen sich drei Männer mit unterschiedlichen Hintergründen: Stefan ...
Am 18. Mai wählt die Bevölkerung des Verwaltungskreises Obersimmental-Saanen einen neuen Regierungsstatthalter. Nach 16 Jahren im Amt tritt Michael Teuscher per Ende Jahr zurück. Zur Wahl stellen sich drei Männer mit unterschiedlichen Hintergründen: Stefan Janzi, Matthias Matti und Christoph Stalder. Was sie motiviert, wie sie ihre Rolle verstehen und worin sie ihre Stärken sehen, haben sie dem AvS im Interview erklärt.
«Ich weiss, was mich in diesem Amt erwartet – und das wird ganz sicher nicht wenig sein»
Stefan Janzi spricht über seine Erfahrung im Bau- und Planungsrecht, seinen Zugang zur Bevölkerung im Obersimmental-Saanenland und darüber, warum politische Neutralität für ihn im Verwaltungsalltag unerlässlich ist.
JOCELYNE PAGE
Was motiviert Sie, für das Amt des Regierungsstatthalters zu kandidieren?
Als Regierungsstatthalter kann ich alle meine Fähigkeiten, Kenntnisse, aber vor allem auch meine Erfahrungen einbringen. Mit meinem beruflichen und persönlichen Rucksack möchte ich zur Förderung des Gemeinwohls beitragen. Ich erachte die Arbeit des Statthalters als sinnstiftende und wertorientierte Tätigkeit. Durch meine Unabhängigkeit kann ich zur Stärkung von Demokratie, Bürgernähe und zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit beitragen. Dieses Amt besteht zu einem Grossteil aus trockener Verwaltungsarbeit. Das ist es, was ich seit Jahren mache und was ich am besten kann.
Was verbindet Sie persönlich mit dem Obersimmental-Saanenland?
Ich bin als Bauernsohn in einfachen Verhältnissen im Weiler Adlemsried oberhalb Boltigen aufgewachsen. Meine Wurzeln, die Familie und mein Umfeld sind stets hiergeblieben. Zeit meines Lebens nehme ich am gesellschaftlichen und kulturellen Leben im Simmental und Saanenland teil.Traditionen und Brauchtum sind mir wichtig.
Welche beruflichen und fachlichen Erfahrungen qualifizieren Sie für dieses Amt?
Als Notariatsangestellter durfte ich mich intensiv mit zahlreichen Rechtsgebieten wie Erbschaftsfragen und Grundstückskäufen, speziell im Saanenland, beschäftigen. Als Bausekretär, Bauverwalter und Leiter Infrastruktur in verschiedenen Gemeinden konnte ich meine Kenntnisse im Bau- und Planungsrecht laufend vertiefen. Ein Statthalter sollte die wirtschaftlichen Gegebenheiten kennen und das Gesamtinteresse der Region an erster Stelle sehen. Dafür muss er zuhören können, zugänglich sein – und das für Menschen aller Art. Das gehört zu dem, was ich bieten kann.
Wie möchten Sie die Zusammenarbeit mit den Gemeinden gestalten?
Unsere Gemeinden im Obersimmental und Saanenland sehen sich mit zahlreichen, teilweise auch sehr verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Umso wichtiger ist für mich eine offene, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Gemeindebehörden und Verwaltungen auf Augenhöhe. Auch wenn der Statthalter Aufsichtsbehörde und Verwaltungsjustizbehörde ist, sehe ich mich in erster Linie als Partner und Dienstleister eigenständiger Gemeinden und der Bevölkerung.
In welchen Aufgabenbereichen des Amtes – zum Beispiel Baubewilligungen, Gemeindeaufsicht, Sozialrecht – sehen Sie Ihre Stärken?
Wie bei der dritten Frage ausgeführt, habe ich in fast allen Aufgabengebieten, die das Regierungsstatthalteramt umfasst, gute Kenntnisse und praktische Erfahrungen gesammelt. Wenn ich ein Gebiet benennen sollte, wo ich mich besonders gut auskenne, ist es sicher das Baubewilligungsverfahren. In den letzten 25 Berufsjahren habe ich rund 1000 Verfahren durchgeführt. Natürlich stehen Herausforderungen in der Zukunft an, welche ich heute noch nicht abschätzen kann. Mit dem nötigen Respekt und der bisher erfahrenen Unterstützung aus der Bevölkerung fühle ich mich dieser Aufgabe jedoch gewachsen.
Das Amt ist an Gesetze gebunden, bietet aber vereinzelt Ermessensspielraum. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Entscheide transparent und nachvollziehbar sind?
Entscheiden bedeutet auch, Verantwortung für die getroffene Wahl zu übernehmen. Dies umfasst aus meiner Sicht die Bereitschaft, für die Konsequenzen einzustehen. Deshalb ist es zentral, auch bei Entscheiden die Sprache der Beteiligten zu sprechen. Es ist klarzustellen, dass alle Entscheide stets innerhalb des schweizerischen Rechtssystems erfolgen. Formell bedeutet das, dass ein Statthalter eine klare Sachverhaltsdarstellung machen muss, die entsprechende Rechtsnorm bezeichnen und die Überlegungen zum Entscheid ausführen muss. Entscheide müssen verstanden und getragen werden. Ich habe regelmässig meine Entscheide auch mündlich sowie persönlich eröffnet und erklärt. Mit diesem Vorgehen habe ich gute Erfahrungen gemacht.
Wie wichtig ist Ihnen politische Neutralität in diesem Amt – und wie gehen Sie mit Ihrer eigenen politischen Vergangenheit oder Parteizugehörigkeit um?
Ich stufe das als wichtig ein. Damit meine ich nicht nur die politische, sondern auch die persönliche Unbefangenheit. Alles andere würde mich nur unnötig angreifbar machen. Ein Regierungsstatthalter bringt fachliche sowie soziale Kompetenzen mit und ist unabhängig – das heisst frei von politischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Interessenbindungen. Ich interessiere mich selbsterklärend für Politik. Doch ich bin kein Politiker. Ich schaffe keine Gesetze, sondern wende sie in der Praxis an. Beides darf mich beruflich nicht beeinflussen.
Sie bezeichnen sich auf Ihrer Homepage als Verwaltungsprofi mit langjähriger Erfahrung. Was möchten Sie mit diesem Profil besonders betonen?
Zwei Sachen. Erstens: Regierungsstatthalter ist ein Verwaltungsjob, keine Politaufgabe. Das bedeutet auch, dass ich nichts verspreche, was ich nicht halten kann. Zweitens: Ich kenne die Sorgen und Nöte der einfachen Leute in unserer Region von der Basis her. Ich weiss, was mich in diesem Amt erwartet – und das wird ganz sicher nicht wenig sein.
Sie betonen Ihre starke regionale Verwurzelung. Beruflich waren Sie zuletzt jedoch ausserhalb der Region tätig – unter anderem in Oensingen und Aarwangen. Wie stellen Sie sicher, dass Sie die aktuellen Anliegen und Herausforderungen im Obersimmental-Saanenland gut kennen, um das Amt wirkungsvoll ausüben zu können?
Wie ich bereits bei der zweiten Frage ausgeführt habe, sind mir die Anliegen und Herausforderungen im Obersimmental-Saanenland sehr wohl bekannt. Mein Amt führe ich wirkungsvoll aus, wenn ich die Verfahren speditiv abwickeln kann, nachvollziehbare Entscheide mit gesundem Menschenverstand fälle und unabhängig nach bestem Wissen und Gewissen handle.
Warum sollen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gerade Ihnen ihre Stimme geben?
Ich bringe die nötige Erfahrung mit, um den Verwaltungsbetrieb ab dem 1. Januar 2026 nahtlos und effizient weiterzuführen. Auf einem geschäftigen, kleinen Regierungsstatthalteramt ist das elementar. Ich habe den nötigen Respekt vor diesem Amt und bin mir der Bedeutung sowie der Aufgaben bewusst. Ich kann mich diesem Job ohne Ablenkung widmen. Meine grösste Verpflichtung, die ich gerne annehme, gilt der Region und ihrer Bevölkerung.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
ZUR PERSON
Stefan Janzi ist 51 Jahre alt und in Boltigen in einer Bauernfamilie aufgewachsen. Nach einer Lehre als Hochbauzeichner und einem kaufmännischen Abschluss als Notariatsangestellter in Gstaad bildete er sich berufsbegleitend weiter – unter anderem mit einem Studium in Betriebswirtschaft. Seit über 20 Jahren ist er in leitenden Funktionen der öffentlichen Verwaltung tätig, zuletzt als Leiter Infrastruktur der Gemeinde Oensingen, wo er für ein Immobilienportfolio von 120 Millionen Franken verantwortlich war. Beruflich bringt er umfassende Erfahrung im Bau- und Planungsrecht, im Grundstücks- sowie im Erbrecht mit. Janzi ist seit 2006 Präsident der Musikgesellschaft Boltigen und war Kommandant der Zivilschutzorganisation Obersimmental. Unterstützt wird seine Kandidatur von der FDP.Die Liberalen Berner Oberland.
PD/JOP
«Mein Motto lautet stets: ‹Nicht links, nicht rechts – sondern vorwärts›»
Matthias Matti spricht über seine Erfahrungen in Politik, Verwaltung und Krisenmanagement, über seinen Blick für den Ermessensspielraum bei Entscheidungen und weshalb er seine Mandate in touristischen Organisationen abgeben will, sollte er Regierungsstatthalter werden.
JOCELYNE PAGE
Was motiviert Sie, für das Amt des Regierungsstatthalters zu kandidieren?
Die Verbundenheit mit den Menschen und der Region motiviert mich sehr. Diese Nähe möchte ich nutzen, um meine Erfahrungen und mein Netzwerk als Regierungsstatthalter Obersimmental-Saanenland einzubringen. Gemeinsam mit dem engagierten Team des Regierungsstatthalteramts will ich die Aufgaben des Kantons wahrnehmen.
Was verbindet Sie persönlich mit dem Obersimmental-Saanenland?
Vor 55 Jahren wurde ich in Zweisimmen geboren – und auch meine Kinder durften in dieser einzigartigen Region aufwachsen. In all den Jahren war ich in zahlreichen Vereinen und Verbänden aktiv und konnte meine Hobbys in meiner Heimat ausüben. Durch meine verschiedenen Tätigkeiten – als Sporthändler, Bademeister, Skilehrer und Politiker – war ich stets nahe an der Bevölkerung und ihren Anliegen. Auch als Vorstandsmitglied in Dorfvereinen, Verwaltungsrat der Bergbahnen Destination Gstaad AG, Vorstandsmitglied von Gstaad Saanenland Tourismus und Grossrat habe ich mich stets mit Engagement und Überzeugung für meine Heimat, das Obersimmental und Saanenland, eingesetzt.
Welche beruflichen und fachlichen Erfahrungen qualifizieren Sie für dieses Amt?
Sowohl als selbstständiger Unternehmer als auch heute in der Verwaltung konnte ich in vielfältigen Bereichen wertvolle Berufserfahrungen sammeln, sei es im Bau- und Bewilligungswesen, in der Koordination ausserordentlicher Lagen oder in der Vermittlung und Verhandlung mit der Bevölkerung und der Behörde. Auch meine politische Tätigkeit – früher auf Gemeindeebene und heute im Grossen Rat – hilft mir dabei, das Amt als Regierungsstatthalter pflichtbewusst auszuüben.
Wie möchten Sie die Zusammenarbeit mit den Gemeinden gestalten?
Ehrlich, offen und unkompliziert. Als Bindeglied zwischen den Gemeinden und dem Kanton ist es mein Ziel, die Interessen der Region wahrzunehmen und aktiv gegenüber dem Regierungsrat zu vertreten. Ich handle lieber vorausschauend, als nur zu reagieren. Deshalb schätze ich es, wenn Anliegen frühzeitig angesprochen werden, so kann man gemeinsam eine tragfähige Lösung finden.
In welchen Aufgabenbereichen des Amtes – zum Beispiel Baubewilligungen, Gemeindeaufsicht, Sozialrecht – sehen Sie Ihre Stärken?
Meine Erfahrungen sind ebenso vielfältig wie die Aufgaben, die mit dem Amt des Regierungsstatthalters verbunden sind. Besonders stark sind meine Fähigkeiten in der Kommunikation und Verhandlungsführung mit der Bevölkerung. Als Verantwortlicher im Bereich Immobilien im Armeestab habe ich aber auch zahlreiche Bauvorhaben begleitet und erfolgreich zur Bewilligung gebracht. Als Statthalter gehören auch das Krisenmanagement sowie die Aufsicht über die Feuerwehr zu den wesentlichen Aufgaben. In diesen Bereichen kann ich auf wertvolle Erfahrungen zurückgreifen. Als Oberst der Schweizer Armee sowie als ehemaliger Einsatzleiter und Stabschef der Feuerwehr Zweisimmen habe ich in Krisensituationen Verantwortung übernommen und praxisorientiert Lösungen gefunden.
Das Amt ist an Gesetze gebunden, bietet aber vereinzelt Ermessensspielraum. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Entscheide transparent und nachvollziehbar sind?
Allen Entscheiden liegen Gesetze, Verordnungen oder Weisungen zu Grunde, welche diese somit auch transparent und nachvollziehbar machen.
Wie wichtig ist Ihnen politische Neutralität in diesem Amt – und wie gehen Sie mit Ihrer eigenen politischen Vergangenheit oder Parteizugehörigkeit um?
Die Neutralität des Regierungsstatthalters ist von grosser Bedeutung. Als bekennender Mitte-Politiker richte ich meinen Blick auf die Sache und nicht auf Ideologien. Ich pflege die Zusammenarbeit mit allen politischen Parteien und fungiere innerhalb der Kommission oft als Brückenbauer. Mein Motto lautet stets: «Nicht links, nicht rechts – sondern vorwärts.»
In Ihrer Medienmitteilung haben Sie geschrieben: «Auch wenn ich weiss, dass das primär keine politische, sondern eine Verwaltungsaufgabe ist, gilt es jedoch, den vorhandenen Spielraum zugunsten unseres Verwaltungskreises und der Bevölkerung zu nutzen.» Wie sieht dieser Spielraum konkret aus?
Als Grossrat weiss ich, dass der Gesetzgeber in der Debatte oft Spielraum in den Formulierungen sucht, um Artikel oder Abschnitte mehrheitsfähig zu gestalten. Häufig werden dazu Kann-Formulierungen verwendet. In solchen Fällen gilt es, diesen Spielraum zugunsten der Bevölkerung und unserer Region zu nutzen.
Sie sind aktuell unter anderem im Vorstand von Gstaad Saanenland Tourismus und Vizepräsident des Verwaltungsrats der Bergbahnen Destination Gstaad AG. Werden Sie diese Mandate im Falle einer Wahl abgeben? Falls nein: Wie begegnen Sie der Kritik, dass solche Funktionen Ihre Unabhängigkeit als Regierungsstatthalter beeinträchtigen könnten?
Ja, wie stets so kommuniziert, werde ich die Ämter abgeben. Nach einer allfälligen Wahl werde ich dies gemeinsam mit dem Verwaltungsrat und dem Vorstand besprechen, um eine planbare und ordentliche Übergabe zu gewährleisten, die dem Interesse der Region sowie aller involvierten Stellen dient. Die Unabhängigkeit ist sichergestellt und Interessenkonflikte darf und wird es keine geben!
Warum sollen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gerade Ihnen ihre Stimme geben?
Erstens wegen meiner tiefen Verbundenheit zu der Region und der Bevölkerung sowie meines langjährigen Engagements für den Tourismus, das Gewerbe und die Landwirtschaft – stets mit dem Leitgedanken: «Vo hiä – für hiä.» Zweitens aufgrund meiner fundierten Ausbildung und politischen Erfahrung auf allen Ebenen – sei dies Bund, Kanton oder Gemeinde. Und drittens wegen meiner beruflichen Erfahrung, die es mir ermöglicht, die Behörde und die Bevölkerung effektiv zu unterstützen.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
ZUR PERSON
Matthias Matti ist 54 Jahre alt, in Zweisimmen geboren und in der Region tief verwurzelt. Nach einer kaufmännischen Lehre liess er sich zum Betriebsökonomen ausbilden und absolvierte später am George C. Marshall Center Lehrgänge in Sicherheitspolitik. Heute arbeitet er als stellvertretender Projektleiter im Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung und Bevölkerungsschutz. Beruflich bringt er breite Führungserfahrung aus Privatwirtschaft, öffentlicher Verwaltung, Armee und Feuerwehr mit. Er war unter anderem Geschäftsführer, Verwaltungsrat und Einsatzleiter sowie Oberst der Schweizer Armee. Von 2010 bis 2020 amtete er als Vize-Gemeindepräsident und Gemeinderat in Zweisimmen. Seit 2020 vertritt er die Region als Grossrat im Kanton Bern. Unterstützt wird seine Kandidatur von der Mitte, sowie von einheimischen Persönlichkeiten aus Politik, Gewerbe und Landwirtschaft.
PD/JOP
«Es macht Sinn, wenn ein Praktiker mit Verwaltungserfahrung in ein solches Verwaltungsamt kommt»
Christoph Stalder spricht über seinen beruflichen Weg vom Bau zur Verwaltung, über Unabhängigkeit im Amt, seine Erfahrung mit Krisensituationen und weshalb er sich in der Rolle des Regierungsstatthalters eher als Praktiker denn als klassischer Verwaltungsbeamter sieht.
JOCELYNE PAGE
Was motiviert Sie, für das Amt des Regierungsstatthalters zu kandidieren?
Es wird nach den praktischen Tätigkeiten auf dem Bau, beim öffentlichen Verkehr und nach der Verwaltungstätigkeit auf Stufe Gemeinde, wohl die letzte grosse Herausforderung in meinem Arbeitsalltag sein, welcher ich mich stellen möchte.
Was verbindet Sie persönlich mit dem Obersimmental-Saanenland?
Meine Eltern stammen aus dem Simmental und Saanenland, somit bin ich genetisch gesehen ein Simmentaler beziehungsweise ein Saaner. Während den Schulferien besuchte ich oft meine Grosseltern in Blankenburg und an der Matte. Als Streckenchef im OK des schweizerischen Wintergebirgsskilaufes führte ich die Teilnehmenden während vieler Jahre durch die Landschaft der Gemeinden St. Stephan, Zweisimmen, Boltigen und Oberwil. Seit ich auf der Bauverwaltung in Saanen tätig bin, bin ich auf Verwaltungsebene auch mit dem Saanenland und Abländschen verbunden.
Welche beruflichen und fachlichen Erfahrungen qualifizieren Sie für dieses Amt?
Da ich viele Jahre auf dem Bau (Zimmermann, Hoch- und Tiefbau) tätig war, kenne ich nicht nur die Theorie, sondern auch die Praxis im Bauwesen. Von der Seite Militärdienst als Offizier bin ich mir gewohnt, in kurzer Zeit die Situation zu analysieren und eine Entscheidung zu treffen. In unvorhergesehenen Situationen bleibe ich ruhig und besonnen. Nach sieben Jahren auf zwei verschiedenen Bauverwaltungen bringe ich genügend Erfahrung für das Baubewilligungsverfahren – dem grössten Aufgabenbereich des Regierungsstatthalteramtes – mit. Es gibt aber nicht nur Baubewilligungsverfahren auf dem Regierungsstatthalteramt. Wenn man das Verwaltungssystem und das Rechtssystem begriffen hat, kann man die anderen Verfahren auch bearbeiten.
Wie möchten Sie die Zusammenarbeit mit den Gemeinden gestalten?
Die Zusammenarbeit mit den Gemeinden ist grundsätzlich vorgegeben. Sollte ich das Amt des Regierungsstatthalters antreten können, werde ich alle Gemeinden besuchen, damit wir wissen, mit wem wir in Zukunft zusammenarbeiten. Da wir in einer Randregion leben, hat die Zusammenarbeit auf korrekter, freundlicher und kollegialer Basis zu erfolgen. So wie wir dies bisher hatten.
In welchen Aufgabenbereichen des Amtes – zum Beispiel Baubewilligungen, Gemeindeaufsicht, Sozialrecht – sehen Sie Ihre Stärken?
Da ich viele Jahre auf dem Bau und nun seit sieben Jahren auf zwei verschiedenen Bauverwaltungen tätig war, wird die Stärke das Baubewilligungsverfahren sein. Dies ist denn auch der grösste Aufgabenbereich des Regierungsstatthalteramtes. An der Lenk leitete ich die Baubewilligungsverfahren und verfasste die Baubewilligungen und jeweils die Amtsberichte zu den Baugesuchen, bei welchen das Regierungsstatthalteramt die Leitbehörde war. Zur Zeit verfasse ich die Stellungnahmen des Fachbereichs Infrastrukturen zu den Baugesuchen bei der Gemeinde Saanen. Zudem sind mir das digitale Programm eBau (Baubewilligungsverfahren), die Anwendungen des GIS (Geografisches Informationssystems) und das Geoportal Bern sowie die anderen kantonalen Fachstellen bestens bekannt.
Das Amt ist an Gesetze gebunden, bietet aber vereinzelt Ermessensspielraum. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Entscheide transparent und nachvollziehbar sind?
Bei den Entscheiden wird die gesetzliche Grundlage angegeben, auf welche sich der Entscheid stützt. Wird der Ermessensspielraum ausgenutzt oder eine Ausnahme erteilt, ist eine nachvollziehbare Begründung auszuführen. Bei negativen Entscheiden sind auch die gesetzliche Grundlage und die Begründung auszuführen.
Wie wichtig ist Ihnen politische Neutralität in diesem Amt – und wie gehen Sie mit Ihrer eigenen politischen Vergangenheit oder Parteizugehörigkeit um?
Eine gewisse politische Neutralität erlangt der Regierungsstatthalter bereits damit, dass er keine politischen Ämter besetzen kann. Wichtiger ist jedoch die Neutralität zu Wirtschaft und Tourismus. Da ich erst seit zwei Jahren einer Partei angehöre und ich dort nicht besonders aktiv war, kann ich die Regierungsstatthalterwahl unabhängiger angehen.
Sie haben bei einem ausserordentlichen Ereignis – dem Ausbruch des Gletschersees 2018 – Verantwortung übernommen. Was nehmen Sie aus dieser Erfahrung für mögliche Krisensituationen im Amt mit?
Bei diesem Ereignis war ich Mitglied im GFO (Gemeindeführungsorgan) und konnte meine Erfahrung aus dem Militärdienst und der Feuerwehr einbringen. Aus diesem Ereignis nehme ich die ganze Erfahrung mit.
Ihr beruflicher Weg führte Sie vom Zimmermann über die Bauverwaltung bis zur kantonalen Behörde. Inwiefern bringt Ihnen dieser nicht klassische Verwaltungsweg einen Vorteil für das Amt?
Dieses Thema hatten wir bereits beim Wechsel vom Zimmermann zur Bauverwaltung. Da ich viele Jahre als Zimmermann und im Hoch- und Tiefbau tätig war, verstehe ich, was auf den Baugesuchsplänen abgebildet wird und sehe auch, ob dies in Realität möglich ist oder nur auf den Plänen. Auch was sonst noch zu einer Baustelle gehören kann, ist mir bekannt. Vom Militärdienst und von den mit verschiedenen Feuerwehren bereits bewältigten Naturereignissen habe ich gelernt, wie dies in der Praxis aussieht und was möglich ist. Somit macht es durchaus Sinn, wenn ein Praktiker mit Verwaltungserfahrung in ein solches Verwaltungsamt kommt.
Warum sollen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gerade Ihnen ihre Stimme geben?
Da ich neutral sein will, verzichte ich darauf eine Wahlempfehlung abzugeben. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sollen ohne Beeinflussung von aussen, aus ihrer eigenen Überzeugung wählen.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
ZUR PERSON
Christoph Stalder ist 49 Jahre alt und wohnt in St. Stephan. Der gelernte Zimmermann arbeitete während vieler Jahre in seinem Beruf, bevor er in die öffentliche Verwaltung wechselte. Dort sammelte er breite Erfahrung im Baubewilligungsverfahren – unter anderem auf der Bauverwaltung der Lenk und seit 2023 im Fachbereich Infrastrukturen der Gemeinde Saanen. Er kennt die Abläufe von der formellen Prüfung bis zur Bauabnahme. Laut Stalder tritt er ohne wirtschaftliche oder politische Verflechtungen an und finanziert seinen Wahlkampf selbst. Seit zwei Jahren ist er SVP-Mitglied, führe seine Kandidatur aber bewusst eigenständig. Nebst seiner beruflichen Laufbahn bringt er auch Erfahrung aus der Armee (Oberleutnant) und der Feuerwehr mit. Zudem engagiert er sich seit über 30 Jahren beim schweizerischen Wintergebirgs-Zweitagemarsch.
PD/JOP
WAS MACHT EIN REGIERUNGSSTATTHALTER, EINE REGIERUNGSSTATTHALTERIN?
Der Regierungsstatthalter beziehungsweise die Regierungsstatthalterin ist die Verbindungsperson zwischen dem Kanton Bern und den Gemeinden. Laut der Homepage des Kantons Bern vertritt das Regierungsstatthalter die Kantonsregierung im Verwaltungskreis – in unserem Fall das Obersimmental und das Saanenland –, sorgt für die Umsetzung der kantonalen Gesetze und achtet darauf, dass Regeln eingehalten werden.
Das Aufgabengebiet ist sehr breit. Der Regierungsstatthalter…
… prüft Baugesuche und entscheidet in komplexen Fällen,
… beaufsichtigt die Gemeinden und die Feuerwehr,
… beurteilt Beschwerden gegen Gemeindebehörden, etwa bei Einbürgerungen, Gebühren oder Sozialhilfefällen,
… erteilt Bewilligungen, zum Beispiel für Veranstaltungen, Restaurants oder den Grundstückkauf durch Ausländerinnen und Ausländer,
… koordiniert bei ausserordentlichen Ereignissen wie Naturkatastrophen den Einsatz der Behörden,
… und setzt sich beim Kanton für die Anliegen der Region ein.
Insgesamt gibt es zehn Regierungsstatthalterinnen und Regierungsstatthalter im Kanton Bern – je einen pro Verwaltungskreis. Sie werden direkt vom Volk gewählt, die Amtsdauer beträgt vier Jahre.
PD/JOP