Pläne für eine Konzerthalle und ein Museum in Rougemont
31.12.2024 RegionPläne für eine Konzerthalle und ein Museum in Rougemont
Die Pläne für gleich zwei Konzerthallen stehen – und sie befinden sich in verschiedenen Phasen der Umsetzung: eine Konzerthalle in Gstaad (wir haben berichtet) und seit Neustem ...
Pläne für eine Konzerthalle und ein Museum in Rougemont
Die Pläne für gleich zwei Konzerthallen stehen – und sie befinden sich in verschiedenen Phasen der Umsetzung: eine Konzerthalle in Gstaad (wir haben berichtet) und seit Neustem auch eine in Rougemont. Die Möglichkeit, beide Konzerthallen in einem Radius von weniger als zehn Kilometern zu realisieren, schliessen die Verantwortlichen beider Projekte aus. Es scheint also zu einem Wettlauf mit der Zeit zu werden, welche der Konzerthallen realisiert wird. Vor allem die Nähe zum Bahnhof Rougemont und ein unterirdisches Tunnelsystem sollen den Unterschied machen, so der Projektleiter Ermes Elsener, den wir nach den Einzelheiten des neu geplanten Leuchtturmprojekts befragten.
SONJA WOLF
Es gibt grosse Pläne für Rougemont: ein umfangreiches Szenario aus verschiedensten Neubauten liegt vor – mit Herzstück einer philharmonischen Konzerthalle und einem Museum. «Die Realisierung dieser Pläne würde natürlich nicht nur Rougemont zugutekommen, sondern die ganze touristische Region aufwerten», sagt Projektmanager Ermes Elsener im Gespräch.
Was genau ist geplant?
Auf der Parzelle zwischen der Kantonsstrasse Saanen-Rougemont und dem Parkplatz an der Videmanette-Station soll eine Konzerthalle für 1500 Besucher und ein Museum entstehen (Standort siehe Plan unten). Und zwar unterirdisch auf einer Fläche von etwa 26’000m2. Oberhalb der Erde werde man nur das 2000 Quadratmeter grosse Zugangsgebäude zur Halle und zum Museum sehen, welches das Foyer beinhaltet. Das Zugangsgebäude werde im lokal üblichen Baustil gestaltet und füge sich folglich laut Projektleiter Elsener «harmonisch in die Umgebung ein» (siehe Visualisierungen oben links).
Was ist das Besondere am Standort Rougemont?
Ebenso unterirdisch wie die Konzerthalle und das Museum soll zwar auch eine Einstellhalle gebaut werden. Diese wird aber im Bestfall weniger benötigt. Denn «das Wichtigste, warum diese Konzerthalle hier in Rougemont gebaut wird, ist die Zuganbindung durch die MOB», so der Projektleiter. «Wir haben die Erlaubnis der MOB und der Gemeinde, einen Tunnel vom Bahnhof bis zur Konzerthalle und zum Museum zu bauen – und sogar weiter hinunter bis zur Videmanette-Station.» So könnten Konzertbesuchende auch im Winter «trockenen Fusses und sogar in Stöckelschuhen aus dem Zug direkt in den Konzertsaal gelangen». Diese Verbindung mit dem Bahnhof sei das Hauptargument für den Standort Rougemont, was der Standort Gstaad nicht bieten könne. Dank dieses strategisch günstigen Platzes erhofft sich der Investor – der in diesem Zusammenhang nicht öffentlich genannt werden möchte – einen grossen Beitrag zur Nachhaltigkeit für die Zukunft leisten zu können.
Wie steht es sonst um die Nachhaltigkeit?
Ökologisch soll auch die Bauweise sein: «Wir werden zum Bau hauptsächlich Produkte von hier verwenden. Es wird ein Gebäude mit Zero-Carbon-Footprint. Es ist uns sehr wichtig, dass es ökologisch auch stimmt», betont Projektleiter Elsener. Genauso wie viele Streichinstrumente aus Holz aus den Wäldern um Rougemont gebaut werden, soll auch die Konzerthalle ein riesiger Resonanzkörper aus viel heimischem Holz werden. Bezüglich der besonderen Akustik, welche die Halle haben werde, sei die Projektgruppe bereits mit den Experten von Yasuhisa Toyota in Gesprächen. Toyota ist einer der bekanntesten Akustikdesigner der Welt und hat den Raumklang für mehr als 50 Konzerthallen der Welt entworfen, darunter die Hamburger Elbphilharmonie, die Philharmonie de Paris oder die Konzerthalle im Syndney Opera House.
Um was für ein Museum handelt es sich?
Hinter dem Zugangsgebäude wird sich das Museum befinden, von der Strasse her nicht einsehbar. Es ist ebenfalls unterirdisch, aber mit einer lang gestreckten Glasfront Richtung Videmanette und einer ebenso langen Terrasse (siehe Visualisierung oben rechts). Das Museum wird laut Elsener 365 Tage im Jahr geöffnet sein und in permanenter Ausstellung eine grosse Sammlung impressionistischer Werke beherbergen. Es handelt sich hierbei um die Privatsammlung des Investors, die momentan in verschiedenen Museen weltweit als Wechselausstellung zu sehen ist. Mit dem Bau des Museums möchte er die Ausstellung dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Wie kam es zu dieser Idee?
Der Investor und Ideengeber des geplanten grossen Komplexes in Rougemont ist ganz vernarrt in die Region, wie der Projektleiter bestätigt. Er komme schon lange und regelmässig nach Rougemont und ins Saanenland und habe seinerzeit auch Skifahren in den hiesigen Bergen gelernt. Sein Wunsch sei es, der Region, die ihm so viel Freude gibt, etwas zurückzugeben und auch der Abwanderung aus den Berggebieten entgegenzuwirken.
Sind ausserhalb des Kulturzentrums noch andere Bauten geplant?
Einen Beitrag zur Abwanderung könnte der Investor auch durch das Fünfsternehotel mit etwa 40 Suiten erreichen, das gegenüber des Kulturareals auf der Parzelle zwischen den Schienen und der Kantonalstrasse gebaut werden soll (siehe Karte unten). «Das neue Kulturzentrum – bestehend aus Konzerthalle und Museum – wie auch das neue Hotel bringen nicht nur eine touristische Aufwertung der Region mit sich, sondern erfordern gleichzeitig auch viele neue Mitarbeitende», prognostiziert der Projektleiter. Er rechnet mit etwa 200 Personen, die neu in die Region kommen und untergebracht werden müssten.
Die Gemeinde Rougemont habe sich bereit erklärt, für den Bau von Mitarbeiterwohnungen Land zur Verfügung zu stellen. Doch mit dem Wohnen alleine ist es nicht getan. «Die Mitarbeitenden müssen sich ja auch wohlfühlen, damit sie gerne in der Region bleiben», so der Projektleiter. Daher seien auch andere Neubauten angedacht wie ein Fitnesscenter oder ein Pub.
Wie steht es um die Finanzierung?
Angesichts der Ausmasse der geplanten Bauwerke stellt sich natürlich die Frage nach der Finanzierung. Ermes Elsener stellt klar: «Das ganze Projekt ist privat finanziert, es braucht keine fremden Gelder. Der Investor möchte es einfach realisieren, weil er die Region liebt.» Eine ähnlich hohe Investitionssumme wie für das Gstaader Projekt der Concert Hall inklusive Mehrzweckhalle sei realistisch. Natürlich sollte das Kulturzentrum eines Tages selbsttragend funktionieren, aber es ist kein Immobilienprojekt. Der Investor stellt sich eher ein Pendant zur Fondation Pierre Gianadda vor, der privaten Kulturstiftung im Walliser Martigny.
Wo steht das Projekt im Moment?
Im Moment ist noch alles offen. Laut dem Projektleiter ist bisher das Land gesichert – von Privateigentümern. Erste Pläne sind angefertigt und wurden allen beteiligten Parteien präsentiert. «Alle sind schon einmal positiv eingestellt.» «Alle», das sind laut Projektleiter die Gemeinde Rougemont, der Kanton Waadt, aber auch die MOB, die wohl bei einer Realisierung des Zentrums einen weiteren Anstieg der Fahrgastzahlen erwarten dürfte.
Und was sagt der Stiftungsrat Gstaad Concert Hall zu den Plänen? «Wir haben auch ihnen die Pläne präsentiert. Einige zeigten sich positiv eingestellt, einige weniger», sagt der Projektleiter (siehe auch die Stellungnahmen im Kasten). «Ich verstehe das. Denn nun haben sie zwei Jahre lang an den Plänen gearbeitet und dann scheinen wir plötzlich – sozusagen aus dem Nichts – mit ähnlichen Plänen aufzutauchen.» Die Idee mit dem Kulturzentrum existiere tatsächlich schon eine Weile, allerdings habe es lange gedauert, das Land von den privaten Eigentümern zu erwerben. Dies habe erst im vergangenen September geklappt.
Was sind die nächsten Schritte?
Der Gemeindepräsident von Rougemont, Fréderic Blum, zeigt sich erfreut über die neuen Perspektiven. «Es war eine sehr erfreuliche Überraschung. Besonders positiv für die Gemeinde ist, dass auf diese Weise viele neue Arbeitsplätze generiert werden. Denn Rougemont hat mittlerweile nur noch 800 permanente Einwohner», sagt er auf Anfrage. Das Grundstück für das Projekt sei laut Zonenplan zwar als landwirtschaftlich ausgewiesen. Da es sich allerdings um ein Grossprojekt und zudem um ein Bauvorhaben mit regionaler Bedeutung handelt, ist der Projektvorschlag inzwischen beim Kanton Waadt, der über die Nutzung entscheiden soll. Dort habe sich laut Blum eine Kommission gebildet aus Vertretern der Direction générale du territoire et du logement (DGTL), der Direction générale des immeubles et du patrimoine (DGIP), dem Bundesamt für Umwelt und Vertretern der Gemeinde Rougemont. Das DGTL ist verantwortlich für die kantonale Raumplanung und das Bauwesen, und auch das DGIP müsse mitentscheiden, weil es sich bei der Kirche Rougemont und das angrenzende «château» um denkmalgeschützte Bauten handelt. «Neubauten in der unmittelbaren Nähe müssen im historischen Stil gebaut werden, um das Landschaftsbild nicht zu zerstören», erklärt Blum.
Der Projektleiter zeigt sich indes zuversichtlich: «Die Kommission ist gerade dran und wir hoffen bereits Anfang 2025 auf eine Zusage vom Kanton. Dies würde uns Planungssicherheit geben. Mit dem grünen Licht aus Lausanne könnten wir sofort beginnen: Die Verträge mit den Architekten sind in Vorbereitung, die Phasen schon vorgegeben.» Dann könne eventuell ab der zweiten Hälfte des Jahres bereits mit einigen Grabungsarbeiten begonnen werden.
Gstaad oder Rougemont?
Doch im Moment ist das grüne Licht vom Kanton Waadt noch nicht da. Es ist also noch nicht klar, ob letztendlich die Gstaad Concert Hall inklusive Mehrzweckhalle gebaut wird oder die Konzerthalle Rougemont mit ihrem impressionistischen Museum. Der Projektleiter stellt noch einmal klar: «Momentan ist unser Kulturzentrum lediglich eine interessante und seriöse Alternative zum Projekt von Gstaad. Wichtig sei schliesslich nur, «dass die Region 365 Tage im Jahr gestärkt wird, sei es durch ein kulturelles Projekt in Rougemont oder in Gstaad». Den meisten Touristen spiele es sowieso keine grosse Rolle, da sie kaum merken, an welchem Punkt sie die Kantonsgrenze überschreiten. Die aktuelle Challenge tue jedenfalls beiden Planungskomitees im Sinne einer raschen Realisierung gut.
«Die Gstaad Concert Hall ist breit abgestützt und in der Planung und Finanzierung schon sehr weit fortgeschritten»
Mit den Plänen für ein Kulturzentrum in Rougemont liegt nun eine Alternative zum Projekt Gstaad Concert Hall plus Mehrzweckhalle vor. Wir holten uns einige Stellungnahmen von Verantwortlichen und Interessensgruppen des Gstaader Projekts ein: Toni von Grünigen als Präsident des Stiftungsrats Gstaad Concert Hall und als Gemeindepräsident, Aldo Kropf als Präsident des Verwaltungsrats Gstaad Menuhin Festival & Academy AG und Tourismusdirektor Flurin Riedi.
INTERVIEWS: SONJA WOLF
Toni von Grünigen, was denken Sie über das Projekt in Rougemont?
Wir wurden vom Organisationsteam über die Absicht orientiert. Es ist eine spannende, ambitiöse Idee der Initianten.
Wo steht das Gstaader Projekt gerade? Auf welchen nächsten Schritt warten Sie?
Die Gstaad Concert Hall ist breit abgestützt und in der Planung und Finanzierung schon sehr weit fortgeschritten. Aktuell geht es um die restliche Finanzierung und um die weitere Planung. Um die Baueingabe machen zu können und einen Beitrag vom Kanton zu beantragen, müssen wir das Projekt zunächst weiter ausarbeiten. Die Mehrzweckhalle, die zur Concert Hall dazukommt, steht unter öffentlicher Vergabe. Daher sind wir gerade an den Ausschreibungen für die Architekten usw.
Wann kommt der Planungskredit für die Mehrzweckhalle zur Abstimmung vor die Gemeindeversammlung?
Dies liegt in der Kompetenz der neuen Legislatur und wird vom neu zusammengesetzten Gemeinderat entschieden.
Das Projekt im Kanton Waadt könnte eventuell schneller realisiert werden, da es komplett aus privater Hand finanziert wird.
Von der Finanzierung her ja, aber es gibt dort auch noch die Frage der Umzonung. Ausserdem geht es ja nicht nur ums Tempo, sondern auch um die Qualität und da sind wir sehr gut aufgestellt.
Aldo Kropf, in Rougemont wird nun eine Konzerthalle geplant. Könnte dies für das Gstaad Menuhin Festival eine Alternative zur geplanten Gstaad Concert Hall darstellen?
Gleich vorneweg: Wir als Gstaad Menuhin Festival & Academy AG können nur abwarten und schauen, was passiert – wir haben weder Einfluss auf die eine noch auf die andere Realisierung. Zunächst fragte ich mich aber schon, warum nun ein Konkurrenzprojekt auf den Tisch gelegt wird, obwohl bekannt war, dass eine Concert Hall in Gstaad am Entstehen ist.
Was würde der potenzielle Bau der Konzerthalle in Rougemont konkret für das Menuhin Festival bedeuten?
Im Moment ist das schwer zu sagen. Wir sind informiert worden, haben die Visualisierungen gesehen, aber bislang keine Unterlagen bekommen. Also wissen wir nicht, ob die Konzerthalle unseren Ansprüchen genügen würde. Und es geht nicht nur um die Akustik, sondern um viele andere ungeklärte Fragen: Gibt es entsprechende Lounges, gibt es Infrastrukturen um die Konzerte herum – zum Essen usw.? Und vor allem: Wir sind nun seit 68 Jahren mit Gstaad verwurzelt unter dem Namen Gstaad Menuhin Festival. Würde eine Konzerthalle in Rougemont unser Image verwässern? Wäre das Festival dann für unsere Sponsoren noch genauso interessant?
Stehen Sie also eher hinter dem Gstaader Projekt?
Ja, ich stehe absolut hinter dem Gstaader Projekt, da wir unsere Wünsche dort bisher sehr gut in die Planung einbringen konnten und wir mit Hans-Ueli Tschanz als Mitglied unseres Verwaltungsrats in der Stiftung (Bauherrschaft) vertreten sind. Auch sind die Pläne in Gstaad schon weit fortgeschritten. Ziel unseres Festivals ist, das Saanenland zu beleben. Daher sind wir einfach daran interessiert, dass das Beste für unsere Besucher, die Touristik, das Gewerbe und die Kultur entsteht.
Flurin Riedi, Sie selbst sagen immer, der Tourist orientiere sich während seines Aufenthalts nicht an den politischen Grenzen. Man müsse ihm also ein Gesamterlebnis in der Region bieten und mit den Nachbargemeinden zusammenarbeiten. Die Konzerthalle in Rougemont würde diesem Gedanken also entsprechen.
Im Prinzip schon. Allerdings sind wir sehr eng mit der Gemeinde Saanen und dem Gstaad Menuhin Festival in Kontakt, arbeiten aktiv an der Entstehung der Gstaad Concert Hall mit und stehen voll und ganz hinter dem Projekt. Im Moment gibt es also für uns keinen Grund, von dieser Strategie abzuweichen. Die Projektplanung in Gstaad ist bereits weit fortgeschritten und ist breit abgestützt. Es wäre ein Leuchtturmprojekt für die Destination Gstaad mit internationaler Ausstrahlung.
Sie sehen also eher Vorteile für die Destination, wenn das Projekt in Gstaad verwirklicht würde?
Ja, für unsere Destination wäre die Concert Hall eine riesige Chance mit einem bisher so noch nie da gewesenen Potenzial – nicht nur für das Gstaad Menuhin Festival. Da das Gesamtprojekt unter anderem auch Seminar- und Kongressinfrastrukturen beinhaltet, können wir künftig auch sogenannte MICE-Veranstaltungen – also Kongresse, Seminare etc. – durchführen, welche insbesondere für die Auslastung ausserhalb der Hauptsaisons von entscheidender Relevanz sind. Die Concert Hall mit der entsprechenden Infrastruktur würde die Nebensaison stärken, so wie es in der Tourismusstrategie 2025+ als wichtiges Ziel formuliert ist und für eine nachhaltige Entwicklung unserer Region von grosser Bedeutung ist. Zudem handelt es sich beim geplanten Projekt in Gstaad um ein Gesamtprojekt für Sport und Kultur. Also ein Projekt mit einer optimalen Verbindung der breiten Interessen.