Schwer zu verstehen
08.12.2023 LeserbriefeMir ist bewusst, dass erwartet wird, sich nicht kritisch zum Projekt von Sol-Sarine zu äussern. Wie kann man sich denn auch gegen erneuerbare Energien stellen?! Die Voten von beiden Seiten in den letzten Tagen animierten mich dazu, noch einmal zu reflektieren und eine klare Position zu ...
Mir ist bewusst, dass erwartet wird, sich nicht kritisch zum Projekt von Sol-Sarine zu äussern. Wie kann man sich denn auch gegen erneuerbare Energien stellen?! Die Voten von beiden Seiten in den letzten Tagen animierten mich dazu, noch einmal zu reflektieren und eine klare Position zu beziehen. Den Initianten danke ich für ihre Arbeit und die Diskussion, welche sie uns allen damit ermöglichen.
Seit Jahrzehnten tun wir in unserer Region alles dafür, dem Landschaftsbild die höchste Priorität beizumessen und der Erfolg gibt dem Saanenland recht. Im In- und Ausland blickt man schon fast mit etwas Eifersucht auf das, was unsere Vorfahren und vielleicht auch wir erhalten haben: Ein einzigartiges Stück intakte Natur, welches es so in der Schweiz kaum noch gibt. Begründet durch ein restriktives Reglement im Baustil und mit Liebe gepflegt von der Landwirtschaft. Wie ist man als Saanerin und Saaner stolz, wenn man mit Gästen im Sommer durch die Alpwirtschaften streift, die Besucherinnen und Besucher können es manchmal kaum glauben. Zurecht ist diese einzigartige Schönheit denn auch mit Abstand das wichtigste Argument, wenn wir den Menschen da draussen erzählen, warum sie hier ihre Ferientage verbringen oder sogar ihren Wohnsitz zu uns verlegen sollten.
All dies innerhalb von ein paar Monaten in Frage zu stellen oder sogar fallen zu lassen, was wir uns wie ein Mantra immer und immer wieder selbst wiederholten, ist für mich nur schwer zu verstehen. Wir alle wissen, dass wir an vielen Orten einen Beitrag leisten müssen, damit wir weniger Strom verbrauchen – für mich der wertvollste Ansatz. Und wir haben enorm viele Dachflächen, welche wir bereits morgen verwenden dürfen und sofort mit der Produktion beginnen können. Und dies findet bereits heute statt, ohne dafür wertvolle Landschaften – das einzigartige Kapital unserer Region – zu verwenden. Den Eingriff in «unser» Landschaftsbild und vor allem die enormen Dimensionen der geplanten Anlage, das unterschätzen wir meines Erachtens stark. Und sind die Panels einmal erstellt, sind die Auswirkungen irreversibel. In der Energiestrategie des Bundes ist noch sehr vieles offen und wir wissen heute schlicht nicht, was es in Zukunft brauchen wird, um den Strombedarf zu decken. Der von der geplanten Freiflächenanlage produzierte Strom wird zudem ins normale Netz gespiesen. Die Gemeinde Saanen profitiert also nicht von der geplanten Produktion mit einer direkten Einspeisung in die Saaner Haushalte, für den Bedarf der Verwaltung oder mit einer erhöhten Versorgungssicherheit. In dieser Situation den mit Abstand grössten Trumpf unserer Region zu spielen – und dies ohne jede Not im Augenblick – erachte ich als falsch. Man darf auch einstehen für das, was einem als Region erfolgreich macht.
Das Saanenland leistet jedes Jahr einen immensen Beitrag an den Kanton und den Bund und das ist okay so – ein Land ist ein Kollektiv. Wir haben jede Möglichkeit, noch in der Zukunft die Schweiz zusätzlich zu unterstützen mit der Verwendung von wertvollem Land für die Stromproduktion. Da läuft uns gar nichts davon, weder die Zeit noch spätere Bundessubventionen.
CHRISTIAN HOEFLIGER, SAANENMÖSER