Bauarbeiten für Skifuture auf Kurs
23.12.2024 SaanenDie Bagger sind aufgefahren: Das Schnee- und Leistungssportzentrum Skifuture in Saanen wird nach 20-jähriger Planungsphase realisiert. Die Verantwortlichen haben uns einen Einblick in das Projekt gegeben und über die Herausforderungen gesprochen, die noch auf sie ...
Die Bagger sind aufgefahren: Das Schnee- und Leistungssportzentrum Skifuture in Saanen wird nach 20-jähriger Planungsphase realisiert. Die Verantwortlichen haben uns einen Einblick in das Projekt gegeben und über die Herausforderungen gesprochen, die noch auf sie zukommen.
JOCELYNE PAGE
2004 wurde die Interessengruppe Skifuture Saanenland gegründet. Langjährige Planung, Sponsorensuche, Machbarkeitsstudien, Bewilligungsprozesse und Abklärungen folgten – und in diesem Jahr fuhren die Bagger auf: Das Schnee- und Leistungssportzentrum startet in die Realisierungsphase. Wie Christian Hauswirth, Präsident des Vorstands Skifuture Saanenland, im Gespräch mit dem AvS angibt, kann das Projekt unverändert realisiert werden. Die vergangenen Projektänderungen hätten die Nachfrage nach weiteren Sporträumlichkeiten einbezogen. «Wir sind von verschiedenen Vereinen angesprochen worden, ob sie innerhalb unseres Perimeters Trainingsmöglichkeiten erhalten könnten», erklärt Hauswirth. Das Volumen sowie die Kosten für Skifuture würden die gleichen bleiben, die involvierten Sportvereine kämen für die Mehrkosten ihrer Anlagen auf. «Zum einen wollten wir den Vereinen Hand bieten, zum anderen können wir dadurch eine weitere Einnahmequelle sicherstellen.» Um welche Vereine es sich handelt, könne er zu einem späteren Zeitpunkt kommunizieren, da sich die letzten Vertraglichkeiten im Abschluss befinden.
Skisprung:
Wie viele Schanzen wird es geben?
Die Baustelle an der Rübeldorfstrasse ist laut den Verantwortlichen auf Kurs. Die Winterpause ist eingeleitet, im Frühling nimmt das Baugewerbe ihre Tätigkeit wieder auf. Zeitgleich arbeitet das Planungsteam an den letzten Detailplänen der Skisprungschanzen: zwei kleine Schanzen à 15 und 35 Meter Hillsize (HS: die Distanz zwischen dem Schanzentisch und dem Ende des Landebereichs) und eine HS-60-Meter-Schanze sind vorgesehen. Die Schanzen werden für den Winter- und Sommerbetrieb ausgelegt sein, um eine ganzjährige Nutzung zu ermöglichen. Auf die Schanzen führt ein sogenannter Zauberteppich: ein Förderband, auf dem die Athletinnen und Athleten direkt aufsteigen können. Ziel sei es, so Hauswirth, die zwei kleinen Schanzen im Sommer/Herbst 2025 zu erstellen. 2027/28 ist vorgesehen, das Projekt zusätzlich mit der HS-60-Meter-Schanze abzurunden.
Neben der Bereitstellung der Infrastruktur brauche es noch einen Aufbau aus organisatorischer Sicht. «Da in den letzten Jahren keine Trainingsmöglichkeiten für den Skisprung in unmittelbarer Nähe vorhanden waren, gab es auch nur bedingt Nachwuchsförderung. Der Wiederaufbau einer JO muss deshalb hochgefahren werden», erläutert der Präsident.
Ski alpin:
Welche Infrastruktur steht den Vereinen und Teams zur
Verfügung?
Innerhalb des Skifuture-Gebäudes soll alles seinen Platz haben: Garagen für die Pistenmaschine und für Schneekanonen, Garderoben, Materialräume. «Skiclubs können bei uns Räume mieten, damit sie ihre Trainingsutensilien wie Stangen und Co. einlagern können», erklärt Philippe Frei, Geschäftsleiter von Skifuture. Alles soll seinen bestimmten Platz erhalten, fügt Christian Hauswirth an. «Das heutige Barackendorf ist kein Zustand und wird auch unserer Region nicht gerecht. Mit dem Neubau werden wir eine saubere Sache auf die Beine stellen, wodurch wir den Nachwuchs kommunal und regional fördern können.»
Mit der Inbetriebnahme der von der FIS homologierten Piste an den Hublen 2016, auf der auch FIS- und Europarennen durchgeführt werden, wurde ein erster Meilenstein erreicht. Seither hat Skifuture viele Anfragen von nationalen und internationalen Trainingsteams. «Sie können mit ihrem Material direkt zum Lift fahren, alles ausladen, Ski an und los geht es», sagt Hauswirth. Zudem werde die Piste von den Athleten und Trainern sehr geschätzt, da sie bewässert werden dürfe – auch ein Vorteil von homologierten Pisten, bei touristischen Abfahrten ist dies nicht erlaubt.
Insbesondere im Winter könne eine gute Auslastung erzielt werden, erläutert Philippe Frei. «Die angereisten Teams trainieren gerne früh morgens, und dies können wir gewährleisten. Die regionalen Skivereine trainieren eher an Nachmittagen und Abenden.»
Wer kann die
Infrastruktur und das Clubhaus nutzen?
Neben der Schneesportinfrastruktur ist auch ein Clubhaus mit Restauration geplant, welches nicht öffentlich sein werde, erklärt Frei. «Es ist wie eine Art Kantine, die von den Vereinen und eingemieteten Teams genutzt werden kann.»
Das Gleiche gilt für die ganze Anlage. Ihre Benutzung ist an gewisse Bedingungen geknüpft, beispielsweise durch Mitglieder- und Mietbeiträge für Ganztages- und Halbtagesbenutzungen, auch soll es Mieteinnahmen geben für Materialien. «Die Skiclubs zahlen beispielsweise einen Beitrag pro Mitglied, welches bei Swiss-Ski eingetragen ist. Zudem können wir auf Sponsorenbeiträge zählen», erklärt Frei. Mit diesen Einnahmen solle der Betrieb finanziert werden, der unter anderem eine 100-Prozent-Stelle eines Bewirtschafters beinhalte, der sich um alles kümmere, und eine weitere Person in der Administration neben Frei als Geschäftsleiter.
Wie sieht es mit der Finanzierung aus?
Bei der Saaner Gemeindeversammlung vom Dezember 2013 sprachen die Verantwortlichen von Investitionskosten von 8,4 Millionen Franken. Angaben über die aktuelle Kostenentwicklung machen die Verantwortlichen nicht, betonen jedoch, dass die gesprochenen Gelder der Gemeindeversammlung entsprechend zweckgebunden eingesetzt wurden und werden. So waren die zwei Millionen Franken für den Schlepplift und die Piste, für den Schanzenbau und das Betriebsgebäude vorgesehen. Wie Hauswirth angibt, erhalten sie weitere Gelder durch beispielsweise Sportfonds, das Nationale Sportanlagenkonzept (Nasak), Swiss-Ski und von den Nachbargemeinden. Des Weiteren sei ein grosser Teil der Kosten durch Private gedeckt. Zurzeit seien sie noch an der Finanzierung der zusätzlichen grossen Schanze dran, sagt Hauswirth. Zudem wurde die Fondation Skifuture Saanenland gegründet, um die restliche Finanzierung durch Sponsoren und Geldgeber sicherzustellen.
Beschneiung: Welche Pläne verfolgen
Skifuture und die BDG?
Eine weitere Etappe, die Skifuture gemeinsam mit der Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) erarbeitet, ist die Beschneiung – ein zentrales Element. Der Standort hatte stets einen wesentlichen Vorteil: Die Inversionswetterlage – eine umgekehrte Wetterlage, bei der im unteren Bereich kühlere Temperaturen vorherrschen als in höheren Lagen. Sie erlaubte es, die Hublen noch vor Saisonbeginn zu beschneien, bevor die BDG mit der Beschneiung ihrer touristischen Pisten startete. Das veränderte Mikroklima in den letzten Jahren habe dazu geführt, dass diese Umkehrwetterlage immer seltener auftrat, wie Matthias In-Albon, CEO der BDG, schildert. Nun fallen die zwei Zeitfenster für die technische Beschneiung zusammen – und werden auch immer kürzer. Durch die klimatischen Veränderungen sind die BDG auf die Beschneiung vor den Festtagen angewiesen, denn im Zusammenarbeitsvertrag mit Skifuture ist geregelt, dass die touristischen Pisten Vorrang haben. «Klar haben wir beide unsere Ansprüche und Bedürfnisse, aber am Ende haben wir auch ein gegenseitiges Verständnis für die jeweiligen Interessen», erklärt Christian Hauswirth.
Und eine zeitgleiche Beschneiung, während tiefe Temperaturen herrschen? Hier befinde sich der Knackpunkt, erklärt Jan Brand, Verwaltungsratspräsident der BDG: «Wir haben ein Ressourcenproblem.» Im vorliegenden Sektor West stehe zu wenig Wasser zur Verfügung, um innert nützlicher Frist zeitgleich beide Pisten zu beschneien. Zudem habe die BDG eine Wasserkonzession vom Kanton, die ihr erlaube, nur eine gewisse Menge Wasser aus dem System zu beziehen. Sei die Menge aufgebraucht, dürfe nicht mehr weiter beschneit werden, auch wenn das Zeitfenster noch günstig wäre.
Skifuture und die BDG suchen deshalb nach einer gemeinsamen Lösung, ähnlich wie bei der benachbarten Trainingspiste in Rougemont, welche vor zwei Jahren eröffnet wurde. Die Beschneiung ist an einer getrennten Leitung angeschlossen, die es erlaubt, so viel Wasser zu beziehen, wie benötigt wird. «Wir haben gemeinsam beschlossen, dass Skifuture eine eigene Wassereinspeisung braucht, damit wir die Wasserkapazität erhöhen und jedes mögliche Kaltfenster nutzen können, wie wir uns das immer vorgestellt haben», erklärt Christian Hauswirth. Gemeinsam würden nun die Baupläne dafür ausgearbeitet, woraufhin ein Bewilligungsverfahren folgen muss. «In einem weiteren Schritt müssen wir die Finanzierung zusammenbringen, weshalb man voraussichtlich an die öffentliche Hand gelangen werden muss. Dies bedarf nun aber mehrerer Abklärungen», erläutert Hauswirth.
20 Jahre Einsatz für die Sportzukunft
Christian Hauswirth, Präsident des Vorstands Skifuture Saanenland, ist seit der Geburtsstunde der Idee mit dabei. Was 2004 als Interessengruppe begann, ist heute ein Projekt, welches in die Tat umgesetzt werden kann. Wie hat er es geschafft, die Motivation all die Jahre hochzuhalten? «Es braucht Geduld, Zeit und Durchhaltewillen», sagt Hauswirth. Es sei eine komplexe Geschichte, so habe es viele Abklärungen gebraucht: Gespräche mit Landeigentümer:innen und vielen Betroffenen, Abklärungen mit dem Kanton betreffend Überbauungsordnung, mit der BDG die Beschneiung aufgleisen und vieles mehr. «Das braucht eine Weile, bis man alles hat», so Hauswirth.
Ist Freestyle auch noch Teil des Skifuture?
Zu Beginn des Projekts war angedacht, Freestyle auch in das Konzept von Skifuture einzubeziehen. Es war geplant, dass anfangs Winter die Infrastruktur wie Pumps und Kicker aufgebaut und unterhalten werden. Damals fand auch noch der Freestyleevent Highfly sowie der Slopestyle Worldcup statt. Insbesondere der Worldcup war als wiederkehrend Event geplant. Es war vorgesehen, der durch diesen Event vorhandene Schnee weiterzunutzen. «Die Nachfrage der Events liess nach und wir stellten auch mit der Zeit fest, dass die Präparierung und Instandstellung dieser Infrastruktur zum einen viel Schnee, zum anderen viel Arbeitsstunden benötigt, nicht zu vergessen Know-how. Wir sind deshalb momentan von diesem Plan abgekommen», erklärt Christian Hauswirth. Aber man wisse nie, was die Zukunft bringe.