Spital Zweisimmen soll 2024 an Gesundheit Simme Saane AG übergehen
31.03.2023 GesundheitswesenDas Gesundheitsnetz Simme Saane nimmt Formen an: In den kommenden Gemeindeversammlungen stimmen die Stimmbürger:innen über die Beiträge für das integrierte Versorgungsmodell ab. Steht die Bevölkerung hinter dem Vorhaben, startet das Modell 2024 und mit ihm ...
Das Gesundheitsnetz Simme Saane nimmt Formen an: In den kommenden Gemeindeversammlungen stimmen die Stimmbürger:innen über die Beiträge für das integrierte Versorgungsmodell ab. Steht die Bevölkerung hinter dem Vorhaben, startet das Modell 2024 und mit ihm würde das Spital Zweisimmen und die Betriebe der Alterswohnen STS AG im Obersimmental und Saanenland an die Gesundheit Simme Saane AG übergehen.
Der Startschuss ist gefallen: Das Gesundheitsnetz Simme Saane (GSS) soll den operativen Betrieb ab dem 1. Januar 2024 aufnehmen. Wie der Kanton Bern, die Gesundheit Simme Saane AG und die Spital STS AG in einer gemeinsamen Mitteilung schreiben, soll ab diesem Zeitpunkt das Spital Zweisimmen und die Betriebe der Alterswohnen STS AG im Obersimmental und Saanenland an die Gesundheit Simme Saane AG übergehen. Die Spital STS AG werde sich in einer Übergangsphase von drei Jahren finanziell (jährlich 2,5 Millionen Franken) und personell engagieren. Im Rahmen der Übertragung des Spitals Zweisimmen habe die Spital STS AG weitere Unterstützungen zugunsten der Gesundheit Simme Saane AG genehmigt. Der Kanton Bern unterstütze das integrierte Versorgungsmodell Gesundheitsnetz Simme Saane ebenfalls mit jährlichen Beiträgen (2 Millionen Franken), heisst es weiter. Zusätzlich sollen das Geburtshaus Maternité Alpine und die Spitex Saane-Simme in das integrierte Versorgungsmodell aufgenommen werden. «Damit können die Angebote der einzelnen Leistungspartner koordiniert und besser aufeinander abgestimmt werden. Die Gesundheit Simme Saane AG und die beiden Organisationen haben entsprechende Absichtserklärungen unterzeichnet», schreiben die Verantwortlichen.
GSS vor der Abstimmung
Die Stimmbevölkerung der Region Obersimmental und Saanenland entscheidet im Rahmen von Gemeindeversammlungen im Mai und Juni 2023 über eine jährlich wiederkehrende finanzielle Beteiligung zur nachhaltigen Sicherung des integrierten Versorgungsmodells Gesundheitsnetz Simme Saane. Sie bestimmen über einen jährlichen Beitrag an die nicht gedeckten Kosten für Vorhalte- und Netzwerkleistungen des GSS. Es handle sich um Beträge von insgesamt 1,5 Millionen Franken, die im Rahmen eines Verteilschlüssels auf der Basis der Einwohnerzahl und der Logiernächte auf die Gemeinden umgelegt würden, wie die Verantwortlichen schreiben.
Regierungsrat begrüsst Gesamtlösung
Um die Investitionen für ein neues Spital und den Rückbau der alten Substanz finanzieren zu können, hat die Gesundheit Simme Saane AG einen Antrag für die Gewährung von Bürgschaften und Darlehen an den Kanton Bern zur Vorprüfung gestellt. Der Regierungsrat des Kantons Bern habe sich in einer Aussprache am 22. März 2023 grundsätzlich für eine Unterstützung der Region Obersimmental und Saanenland ausgesprochen. Der Regierungsrat würde aber eine Gesamtlösung begrüssen, die auch das Waadtländer Pays-d’Enhaut umfasse, wie es heisst. Er werde sich erst aufgrund des definitiven Antrags der Gesundheit Simme Saane AG abschliessend positionieren und über die Unterbreitung eines Antrags an den Grossen Rat befinden. Der entsprechende Antrag wird Anfang April 2023 eingereicht. «Die Gesundheit Simme Saane AG hat am 22. März 2023 die Stellungnahme des Regierungsrates und den Wunsch nach einer Gesamtlösung mit dem Pays-d’Enhaut zur Kenntnis genommen. Gespräche mit dem Pôle Santé Pays-d’Enhaut und dem Kanton Waadt, um mögliche Zusammenarbeitsformen zu prüfen, sind für die kommenden Monate geplant», schreibt die GSS AG. Die Beitragszahlungen der Gemeinden treten nur bei einem positiven Entscheid des Regierungsrates und des Grossen Rates in Kraft.
PD/JOCELYNE PAGE
«Die Mitarbeitenden werden einen neuen Arbeitgeber erhalten»
Dr. Stephan Hill, Verwaltungsratspräsident der Gesundheit Simme Saane AG, spricht im Interview über die Übernahme des Spitals Zweisimmen bei einem positiven Abstimmungsresultat und über die Kompetenzen in der GSS AG für die Führung eines Spitals.
JOCELYNE PAGE
Dr. Stephan Hill, wenn die Bevölkerung aus dem Obersimmental und Saanenland bei den nächsten Gemeindeversammlungen den jährlich wiederkehrenden finanziellen Beiträgen zustimmt, nimmt die Gesundheit Simme Saane AG ab dem 1. Januar 2024 offiziell den operativen Betrieb des Spitals Zweisimmen auf. Wird die Gesundheit Simme Saane AG (GSS) das Personal übernehmen?
Ja, die GSS AG wird das Personal des Akutspital aber auch des Alterswohnens (Betriebe Obersimmental und Saanenland) übernehmen. Die Mitarbeitenden werden einen neuen Arbeitgeber erhalten. Die Gesundheit Simme Saane AG wird die aktuellen Anstellungs- und Arbeitsbedingungen weiterführen sowie die Arbeitsplätze sichern. Mit der Genossenschaft Maternité Alpine und dem Spitex-Verein Saane-Simme haben bereits Gespräche stattgefunden, um die Integration zu planen. Diese werden fortgesetzt.
Inwiefern hat die GSS die Kompetenzen, ein Spital zu führen?
Die Gesundheit Simme Saane AG verfügt im Verwaltungsrat über langjährige Führungserfahrung im Spitalwesen auf strategischer und operativer Ebene. Ich hatte die Möglichkeit, langjährige Erfahrungen in der strategischen Führung von Spitälern und weiteren Unternehmen im Gesundheitswesen zu sammeln, unter anderem als Stiftungsratspräsident der Lindenhof Gruppe in Bern. Der Verwaltungsrat wurde letzten Sommer zudem mit Jean-François Andrey verstärkt. Jean-François Andrey ist seit über 20 Jahren im Spitalwesen unterwegs. Zuletzt war er CEO der Lindenhof Gruppe und anschliessend CEO der Psychiatrischen Dienste Aargau mit rund 1450 Mitarbeitenden. Seit letzten Sommer ist der gebürtige Berner zurück in der Bundeshauptstadt als CEO der Orthopädie Sonnenhof Bern. Zudem verhandelt er seit mehreren Jahren über stationäre Tarife für Privatspitäler im Kanton Bern.
Die Geschäftsleitung des integrierten Versorgungsmodells wird aus den Führungspersonen der zu integrierenden Betrieben zusammengestellt. Der Verwaltungsrat wird nach erfolgter Volksabstimmung die vorsitzende Person bestimmen.
Was zeichnet die GSS AG bzw. das Gesundheitsnetz Simme Saane aus für die Leitung eines Regionalspitals? Wo sind die Vorteile, wo die Herausforderungen?
Der Zusammenschluss verfolgt einerseits das Ziel, Gesundheitsdienstleistungen über die gesamte Behandlungskette optimal aufeinander abzustimmen und für Patientinnen und Patienten sowie die Angehörigen bei Gesundheitsfragen einen Ansprechpartner zu haben. Anderseits soll der Zusammenschluss auch zur Reduktion der Vorhalteleistungen in unserer Region führen. Dies bedeutet, dass Support-Leistungen organisationsübergreifend zusammengeschlossen werden, anstatt dass jeder Betrieb ein eigenes Finanz- oder Personalwesen führt oder einkauft. Profitieren würden zusätzlich insbesondere die Spitex sowie die Maternité Alpine. Auch die Gesundheitsbranche bleibt nicht vom Fachkräftemangel verschont. Schon heute kämpfen die Organisationen und Unternehmen – die später in das Gesundheitsnetz Simme Saane integriert werden sollen – mit offenen Stellen und sind auf Interimslösungen angewiesen, unter anderem im Bereich von Führungsaufgaben. Ein Zusammenschluss würde dem Fachkräftemangel entgegenwirken, da Synergien genutzt werden können, wie zum Beispiel im Personalführungsbereich oder bei zentralen Leitungsaufgaben.
Wieso ist es Ihrer Meinung nach wichtig und notwendig, dass die Gemeinden das Geld sprechen?
Im Rahmen des Projektes «Gesundheit Simme Saane», welches von Regierungsrat Pierre Alain Schnegg im Jahr 2018 initiiert wurde, haben die drei Partner Spital STS AG, Kanton Bern und Gemeinden die künftige Finanzierung grundsätzlich vereinbart. Das bisher von der Spital STS AG ausgewiesene Defizit für den Spitalbetrieb in Zweisimmen lässt sich dank der Umsetzung des integrierten Versorgungsmodells schrittweise reduzieren. Insbesondere sollen Kostenvorteile für alle Betriebe bei den unterstützenden Dienstleistungen realisiert werden und der Spitalneubau soll schlanke Abläufe und Kostenvorteile bei Vorhalteleistungen ermöglichen. Der Businessplan des integrierten Versorgungsmodells Gesundheitsnetz Simme Saane ist auf die jährlich wiederkehrenden Beiträge des Kantons (zwei Millionen Franken) und der Gemeinden (1,5 Millionen Franken) angewiesen.
Was geschieht, sollten die Gemeinden die Gelder nicht sprechen?
In diesem Fall müsste die Ausgangslage neu beurteilt werden, wobei ein ambulantes Gesundheitszentrum angedacht wäre. Ungewiss würden die Folgen für die hausärztliche Versorgung sein. Die Zusatzbelastung für die niedergelassenen Hausärzte würde zunehmen. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass sich der bereits akute hausärztliche Fachkräftemangel weiter zuspitzen würde.
Der Kanton Bern möchte, dass eine Gesamtlösung mit dem Waadtländer Paysd’Enhaut für das Spital ausgearbeitet wird. Wie beurteilt die GSS diesen Vorschlag? Ist man bereits im Kontakt mit dem Kanton Waadt?
Die Gesundheit Simme Saane AG hat am 22. März 2023 die Stellungnahme des Regierungsrates und den Wunsch nach einer Gesamtlösung mit dem Pays-d’Enhaut zur Kenntnis genommen. Gespräche mit dem Pôle Santé Pays d’Enhaut und dem Kanton Waadt, um mögliche Zusammenarbeitsformen zu prüfen, sind für die kommenden Monate vorgesehen. Aus Sicht der Gesundheit Simme Saane AG kann eine Gesamtlösung mit Chancen verbunden sein. So wird das Einzugsgebiet um rund 4500 Einwohnerinnen und Einwohner vergrössert. Eine Gesamtlösung birgt auch Herausforderungen, wie zum Beispiel die sprachlichen Barrieren.