Spitalübernahme: Regierungsrat widerspricht Finanzkontrollbericht
02.07.2024 GesundheitswesenDer Regierungsrat des Kantons Bern hat den Bericht der Finanzkontrolle zur Übernahme des Spitals Zweisimmen durch die Medaxo AG diskutiert und widerspricht der Beurteilung. Er betont, dass die Mittelübertragung rechtmässig wäre und die finanziellen Zweifel ...
Der Regierungsrat des Kantons Bern hat den Bericht der Finanzkontrolle zur Übernahme des Spitals Zweisimmen durch die Medaxo AG diskutiert und widerspricht der Beurteilung. Er betont, dass die Mittelübertragung rechtmässig wäre und die finanziellen Zweifel unbegründet seien.
Vergangene Woche machte die Finanzkontrolle ihren Bericht öffentlich, über den schon in vielen medialen Berichten diskutiert wurde und den einige kürzlich abgetretene Verwaltungsräte der Spital STS AG als Grund angaben, die Übergabeverhandlungen für das Spital Zweisimmen an die Medaxo AG zu stoppen (wir haben berichtet). Die Schlussfolgerungen der kantonalen Finanzkontrolle enthielten grosse Anschuldigungen, weshalb sich der Regierungsrat zu Wort meldet: Er habe den Bericht «zur Kenntnis genommen, teilt jedoch deren Beurteilung nicht».
Regierungsrat: Mittelübertragung an Medaxo AG wäre rechtmässig
Am 26. Juni 2024 habe der Regierungsrat des Kantons Bern den Bericht der Finanzkontrolle zur Übernahme des Spitals Zweisimmen durch die Medaxo AG diskutiert und seine Position dargelegt. Der Regierungsrat betont in seiner Medienmitteilung, dass die geplante Mittelübertragung von der Spital STS AG an die Medaxo AG nicht unzulässig sei. «Die STS AG hat in den vergangenen Jahren keine oder kaum Investitionen am Standort Zweisimmen vorgenommen. Daher wäre beim Abschluss eine Zahlung an die Medaxo AG in der Höhe von fünf Millionen Franken durch die STS AG vorgesehen gewesen. Damit wären Gelder von der STS AG für nicht ins Spital Zweisimmen getätigte Investitionen transferiert worden.»
Laut Regierungsrat hat die Spital STS AG Gelder über die Tarife erhalten, die unter anderem für Investitionen und Unterhalt in Zweisimmen vorgesehen wären. Der Kanton beteiligt sich bereits mit 55 Prozent an diesen Tarifgeldern. «Die Übertragung von Mitteln an die Medaxo Gruppe wäre somit kein Geschenk gewesen, sondern hätte Gelder betroffen, die im Zusammenhang mit dem aufgelaufenen Unterhalt zum Standort Zweisimmen gehören. Hätte der Kanton diese Mittel aufgebracht, wäre das einer Doppelzahlung gleichgekommen», erklärt der Regierungsrat sein Vorgehen.
Keine Umgehung der Finanzkompetenzen
Die Finanzkontrolle kritisiert zudem eine angebliche Umgehung der Finanzkompetenzen des zuständigen Organs, also des Grossen Rates. Der Regierungsrat widerspricht und erklärt, dass die Übernahme des Spitalstandorts Zweisimmen ausführlich besprochen und der Übertragungsvertrag nach Fusionsgesetz am 20. März 2024 genehmigt wurde. Ein Darlehen von bis zu 10,5 Millionen Franken zur Sicherstellung der Liquidität der Medaxo AG sei ebenfalls im Gespräch und bedürfe der Zustimmung des Grossen Rates, die der Regierungsrat im Rahmen des Geschäfts «Liquiditätssicherung Listenspitäler» dem Parlament vorgelegt hätte. Ein erster Rahmenkredit für alle Listenspitäler hat der Grosse Rat in der Sommersession gesprochen, dies mit Auflagen und nach einer grossen Diskussion (siehe AvS vom 14. Juni 2024). «Das Geschäft ‹Liquiditätssicherung Listenspitäler› erwähnt die Möglichkeit der Unterstützung für die Aufrechterhaltung der Grundversorgung in Randregionen, wozu auch das Simmental-Saanenland gehört. Bei der Verabschiedung der Vorlage an den Grossen Rat lagen weitergehende Informationen zum Projekt der Medaxo AG noch nicht vor», so die Kantonsregierung.
Finanzkontrolle soll Medaxos Geschäftsmodell nicht gesichtet haben
Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Medaxo AG weist der Regierungsrat ebenfalls zurück. Die Medaxo AG beabsichtige, das Projekt an das Beispiel Scuol anzulehnen, was von der Finanzkontrolle unberücksichtigt geblieben sei. Und: «Der Regierungsrat bedauert, dass die Finanzkontrolle auf die Einholung von Erklärungen zum Geschäftsmodell der Medaxo AG verzichtet hat.» Ob ein konventionelles Spital am Standort Zweisimmen oder aber ein zweckdienlicher Bau für Notfall- und Grundversorgung wie in Scuol realisiert werde, bedürfe einer vertieften Prüfung. Daher liessen sich heute keine Schlüsse ziehen. Ausserdem sei eine Steigerung der Behandlungen in Zweisimmen nicht einfach auszuschliessen, sondern sogar sehr wahrscheinlich, denn: «Die STS AG hat über Jahre etliche Eingriffe an den Standort Thun verschoben», so der Regierungsrat. Eine Rückkehr solcher Fälle würde rasch positive Effekte auf der Einnahmenseite bewirken.
Er erwarte zudem, dass der neue Verwaltungsrat der STS AG die Gesundheitsversorgung im Obersimmental-Saanenland sicherstelle und sowohl eigene Ressourcen als auch Partnerschaften prüfe.
Zusammenfassend verteidigt der Regierungsrat seine Entscheidungen und betont, dass die Übertragung von Mitteln keine unzulässige Handlung darstelle und alle relevanten Finanzkompetenzen gewahrt worden seien. Die Zukunft des Spitals Zweisimmen und die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung im Obersimmental-Saanenland blieben zentrale Anliegen des Regierungsrats.
PD/JOP
Siehe auch Seite 8: Bericht Geschäftsjahr der Spital STS AG