Feierlicher Schubert in der Kirche Saanen
16.07.2024 KulturAm grössten – gemessen an der Anzahl Konzerte – Klassikfestival der Schweiz wird wiederum viel für verschiedene Geschmacksrichtungen geboten. Traditionelle Kirchenkonzerte mit kleineren Formationen auf höchstem Niveau sind die Grundfeste des Festivals. ...
Am grössten – gemessen an der Anzahl Konzerte – Klassikfestival der Schweiz wird wiederum viel für verschiedene Geschmacksrichtungen geboten. Traditionelle Kirchenkonzerte mit kleineren Formationen auf höchstem Niveau sind die Grundfeste des Festivals. Crossover-Produktionen für ein neues Hörerlebnis an teilweise ungeahnten Orten, ein sehr wertvolles Musikvermittlungsprogramm für Kinder und Jugendliche, die Weiterbildung für Nachwuchstalente im Rahmen der Academies, aber auch die opulenten Zeltkonzerte ergänzten im Laufe der Jahre die Programmgestaltung.
ÇETIN KÖKSAL
Auftakt in die Festivaleröffnung machte der traditionelle Begrüssungsapéro in der Veranda von Blumen Stricker (Bilder auf den Seiten 4 und 5). In angenehmer Frische – dank Petrus zurückhaltendem Sommerwunsch – trudelte die Gesellschaft ein und plauderte bei einem Gläschen über dies und das. Aldo Kropf, Präsident des Verwaltungsrates der Gstaad Menuhin Festival & Academy AG, stellte in seiner Rede das diesjährige Festivalmotto «Transformation» vor, welches zu vielfältigen Reflexionen einlädt. Ebenso erläuterte er kurz die Mechanismen, die für das Auswahlverfahren des neuen künstlerischen Leiters ab Herbst 2025, Daniel Hope, angewendet wurden, und bedankte sich bei den vielen Institutionen, Partnern, Mitarbeitenden und Mithelfenden, welche die Realisierung dieses Festivals möglich machen.
Feierlicher Schubert
In der Kirche Saanen begrüsste Pfarrerin Marianne Kellenberger das Publikum herzlich mit ihren Gedanken zu Transformation im Namen der Kirchgemeinde, welche die Mauritiuskirche für die zahlreichen Konzerte zur Verfügung stellt. Transformation ist ein Grundprinzip, das sich durch sämtliche Lebensbereiche hindurchzieht. Transformation kann auch banal sein – von 8 auf 7 beispielsweise. So geschehen bei Schuberts unvollendeter Sinfonie. Den reiferen Zuhörern als 8. Sinfonie bekannt, wurde einmal entschieden, dass die «Halbsinfonie», der zwei Sätze fehlen, nun die 7. sei und die 8., die «Grosse» in C-Dur. Ob nun 7 oder 8, wie die Camerata Salzburg die h-Moll-Sinfonie spielte, war sehr eindrücklich. Die Streicher mit warmem, präzisem Klang und sehr subtilen Nuancierungen. Dirigent Philippe Herreweghe gelang mit den Musikern zusammen eine Sinfonie, die – im besten Sinne – an Kammermusik erinnerte. Aufgefallen sind besonders die sonoren Celli, aber auch die schönen Soli von Klarinette, Oboe und Flöte im zweiten Satz. Insgesamt eine sehr harmonisch zum Raum gewählte Interpretation. Diese fand grundsätzlich auch in der Messe in As-Dur ihre Fortsetzung, wo Herreweghe sein von ihm gegründetes Collegium «Vocale Gent» mit viel Gespür und Feinheit mit dem Orchester zusammenführte. Die vier Solisten schienen ganz gut aufeinander abgestimmt zu sein – nur die Sopranistin war von gewissen (guten) Plätzen in der Kirche etwas schwer hörbar, obwohl oder vielleicht gerade weil sie eine glockenklare Stimme hat. Eventuell war die Positionierung der Solisten im Kirchenchor zwischen Orchester und Chor nicht so glücklich gewählt. Vor dem Orchester hätten ihre Stimmen vermutlich besser in den Raum getragen. Nun, ein Detail, das dem insgesamt sehr schönen Konzerterlebnis nicht viel anhaben konnte.
Ausblick
Im Rahmen des Konzertzyklus «Kammermusikfest» werden auch dieses Jahr wieder viele bekannte und geschätzte Künstler mit interessanten Programmen auftreten. Artist in Residence Julia Fischer wird am Donnerstag, 18. Juli mit fünf Musikerfreunden Streichersextette von Schönbergs «Verklärte Nacht» und von Tschaikowskys «Souvenir de Florence» spielen. Am Dienstag, 13. August tritt Hélène Grimaud mit dem Sänger Konstantin Krimmel auf, um neun Lieder von Brahms und elf des ukrainischen Komponisten Walentyn Sylwestrow vorzutragen. «Today’s Music» bietet Tango am Freitag, 26. Juli, Perkussion und Gitarre am Montag, 5. August und Breakdance am Samstag, 17. August. Immer samstags um 10.30 Uhr erhalten Nachwuchstalente in der Reihe Jeunes Etoiles die Chance, sich im Kapälli Gstaad zu präsentieren. Der Zyklus «Mountain Spirit» bietet vier musikalische Erlebnisse auf dem Eggli und im Festivalzelt werden ab Mitte August das Gstaad Festival Orchestra mit Bruckners 7. Sinfonie oder Auszügen aus Wagners «Parsifal» und «Tristan» Opern in halbszenischer Aufführung zu hören sein. Die Meisterkurse der Conducting, Piano, String, Vocal und Baroque Academies sind wie immer öffentlich mit freiem Eintritt und Discovery richtet sich mit seiner professionellen Musikvermittlung an Kinder von null bis zwölf Jahren, Jugendliche ab zwölf Jahren und Menschen mit Behinderung ab 16 Jahren.
«Ich glaube fest daran, dass gute Musik das Leben verlängert.» (Yehudi Menuhin) Lassen wir uns von diesem Zitat inspirieren und uns vom bunt zusammengestellten Programm von Christoph Müller das Leben verlängern.