Gymer Gstaad ist Swiss Olympic Partnerschule
17.11.2023 GstaadFür die Talentförderung Berner Oberland (BEO TAF) schlossen sich 2022 Bildungsinstitute in der Region zusammen, um ein standardisiertes Ausbildungsangebot im Berner Oberland zu kreieren. Dafür erhielten sie im September das Label «Swiss Olympic Partnerschool». Das ...
Für die Talentförderung Berner Oberland (BEO TAF) schlossen sich 2022 Bildungsinstitute in der Region zusammen, um ein standardisiertes Ausbildungsangebot im Berner Oberland zu kreieren. Dafür erhielten sie im September das Label «Swiss Olympic Partnerschool». Das Gymnasium Interlaken Abteilung Gstaad ist dabei.
JENNY STERCHI
«Der Weg an die Weltspitze im alpinen Skirennsport kann durchaus im Saanenland beginnen», sagt Christoph Däpp, Schulleiter des Gymnasiums Interlaken Abteilung Gstaad, folgend Gymnasium Gstaad genannt, der sich als einer von vier Sportkoordinatoren im Schulverbund BEO TAF für die Talentförderung in den Gymnasien im Berner Oberland engagiert.
Mit Noel von Grünigen und Franjo von Allmen sehe er derzeit gleich zwei Athleten im Weltcup, die den Unterricht und das Training im Gymnasium Gstaad verbinden konnten. Auch Biathlet Joshua Burkhalter aus Zweisimmen habe einige Zeit die gymnasiale Schulbank in Gstaad gedrückt.
Wer gelangt in die Talentförderung?
Den Zugang zu diesem Förderprogramm erhalten Jungen und Mädchen mit Leistungssportstatus, die von Swiss Olympic eine Talentkarte erhalten haben. Vergeben wird diese an jene Athletinnen und Athleten, die sich in den Regionalverbänden durch Leistungen empfohlen haben und mittels Talenttest zu den Besten ihrer Sportart gehören.
Kein Spaziergang und nichts geschenkt
Die sportlichen Talente können das Gymnasium in fünf anstatt der üblichen vier Jahre absolvieren. «Neben dem Talent entscheidet auch der Biss und die Motivation, beides – also Sport und Schule – erfolgreich zu absolvieren.» Jene, die sich für diesen Weg entscheiden, müssten laut Däpp definitiv mehr leisten als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Der Umfang des Unterrichtsstoffes und dessen Prüfungsrelevanz bleiben gleich – ob Leistungssportler oder nicht.
Im Nachführunterricht werden verpasste Unterrichtsinhalte mit den Lehrpersonen bilateral nachbearbeitet. Nachführlektionen helfen, noch Nichtverstandenes in nützlicher Frist in den Kopf zu bekommen.
Anspruch an Lehrpersonen
Den jungen Athleten stehen im Gymnasium Lehrpersonen gegenüber, die ebenfalls bereit sind, mehr Aufwand zu betreiben, um die Jugendlichen sowohl in ihrer schulischen als auch sportlichen Laufbahn zu unterstützen.
Der Austausch mit den Schülerinnen und Schülern, die den Sport auf dem Tagesprogramm haben, ist mitunter direkter und intensiver. Der Faktor Zeit bestimmt diese Zusammenarbeit. Kurzfristig geänderte Trainingszeiten oder Renntermine fordern von den Lehrpersonen ein Höchstmass an Flexibilität und Engagement.
Mehraufwand
«Drum machen wir bei der Anstellung unserer Lehrpersonen am Gymnasium Gstaad gleich am Anfang darauf aufmerksam, dass es bei den sportlich aktiven Schülerinnen und Schülern eines Mehraufwandes in Betreuung und Planung bedarf», betont Christoph Däpp. Sie sitzen mit den jungen Sportlerinnen und Sportlern zusammen, wenn die Klasse längst Schulschluss oder freie Zeit hat. Doch die meisten betreiben diesen Mehraufwand gern, denn er werde von den Lernenden überaus geschätzt. «Und wenn es doch mal ein Motivationstief gibt, egal auf welcher Seite, dann komme ich ins Spiel», erklärt Christoph Däpp, der als Koordinator die Ansprechperson sowohl für die jungen Sportler als auch für seine Lehrpersonen ist. «In den vergangenen drei Jahren haben die digitalen Lösungen der Unterrichtsführung an Attraktivität gewonnen», weiss Schulleiter Däpp. «Während Trainingslagern können einzelne Unterrichtsblöcke online ergänzt werden.»
Im Standardisierungsprozess ist der Bildungserfolg ein wichtiger Indikator. «Ich bin verantwortlich, dass die Talente ihre schulischen Pflichten ebenso erfüllen wie die im Leistungssport. Wir müssen sicherstellen, dass sie ihr Wissen anhand des Lehrplans entwickeln und erweitern.»
Organisieren lernen
Für die Schülerinnen und Schüler bedeutet die Kombination aus Sport und Schule viel Selbstdisziplin und Planung im Selbststudium. «Die Ski-Alpin-Athleten müssen initiativ genug sein, um sich den Unterrichtsstoff vollumfänglich anzueignen, besonders wenn sie während der Wintersaison die Hälfte des Unterrichts nicht im Gstaader Klassenzimmer sitzen. «Wir haben derzeit Jugendliche in den Klassen, die von Anfang November bis Weihnachten nur neun Tage anwesend sind – Trainingslagern und Skirennen im In- und Ausland geschuldet.»
Doch vielfach ist es der Sport selbst, der den Schülerinnen und Schülern hilft, sich zu organisieren. «Wer ins Trainingslager aufbricht, muss sorgfältig seine Sachen packen. Wenn Helm und Handschuhe oder die Schulbücher daheim liegen bleiben, werden sich der Trainingserfolg und genügende Noten kaum einstellen», präzisiert Däpp.
Historie
Das Gymnasium Gstaad haben neben den regulär Lernenden bisher 63 Sportlerinnen und Sportler durchlaufen. «Davon waren drei Viertel im Skirennsport unterwegs.» Einige wenige Athleten waren in anderen Wintersportarten wie Langlauf, Biathlon oder Curling aktiv. Eher selten sind Sportlerinnen und Sportler aus der Leichtathletik, dem Reitsport oder dem Segeln.
Bereits 2007 ging das Gymnasium Gstaad eine Partnerschaft mit dem Regionalen Leistungszentrum (RLZ) Gstaad ein, in der Schulstrukturen an den Trainingsbetrieb angepasst wurden. Schon so lange hat sich das Gymnasium Gstaad auf die integrierte Ausbildung angehender Spitzensportler ausgerichtet. «Für eine Weiterentwicklung in Richtung Swiss Olympic Partnerschool fehlten uns die Zahlen.» Zu klein war die Schule, zu wenige Sportlerinnen und Sportler durchliefen die Schule. «2020 fassten die Gymnasien Thun und Interlaken, inklusive Gstaad, den Entschluss, als Schulverbund in die Talentförderung zu investieren und ein standardisiertes Ausbildungsmodell für Leistungssportler im Berner Oberland anzubieten. So entstand BEO TAF – die Berner Oberländer Talentförderung. Ein Konzept wurde entwickelt, das die Leistungssportförderung parallel zur schulischen Ausbildung in den Mittelpunkt stellte und personelle, administrative sowie infrastrukturelle Anforderungen definierte. «Wir mussten dank unserer Partnerschaft mit dem RLZ nur wenige Anpassungen vornehmen», sagt Christoph Däpp. Die Gymnasien Interlaken und Thun hingegen waren in der Umsetzung der neu definierten Standards stärker gefordert.
Bis der Schulverbund BEO TAF im Herbst das Swiss Olympic Label erhielt, gab es die Swiss Olympic Partnerschulen nur in den Stadträumen Bern und Biel. «Mit dem Schulverbund können wir im Berner Oberland ein Angebot fürs Berner Oberland und seine jungen Talente kreieren», freut sich Christoph Däpp.
SWISS OLYMPIC PARTNERSCHOOL
Swiss Olympic erteilt als Dachverband aller Schweizer Sportverbände ein Qualitätssiegel an Bildungsinstitutionen, die sich der Vereinbarkeit von Sport und Ausbildung auf dem Niveau des Leistungssportes verschrieben haben. Mit dem Label «Swiss Olympic Partnerschool» wird ein standardisiertes Ausbildungsniveau neben der Ausübung des Leistungssportes sichergestellt.
JENNY STERCHI
WUSSTEN SIE, DASS …
…im Gymnasium Gstaad neben sportlichen auch musikalische Talente gefördert werden? Derzeit erfährt eine Schülerin parallel zur gymnasialen eine Hochschulausbildung an der Hochschule der Künste Bern (HKB).
JENNY STERCHI