Taxihalter aus dem Saanenland von Vorwürfen freigesprochen
17.10.2025 Saanenland, RegionLetzten Montag stand ein Taxihalter aus dem Saanenland vor der Strafrichterin in Thun. Ihm wurde vorgeworfen, eines seiner Fahrzeuge einer Person ohne Führerausweis überlassen zu haben. Ausserdem soll er sich geweigert haben, der Polizei die nötigen Unterlagen vorzulegen. ...
Letzten Montag stand ein Taxihalter aus dem Saanenland vor der Strafrichterin in Thun. Ihm wurde vorgeworfen, eines seiner Fahrzeuge einer Person ohne Führerausweis überlassen zu haben. Ausserdem soll er sich geweigert haben, der Polizei die nötigen Unterlagen vorzulegen. Er war mit Strafbefehl zu einer Busse verurteilt worden. Er hatte Einsprache erhoben, da er der Meinung war, er habe sich nicht schuldig gemacht.
HANSUELI GAMMETER
Der Vorladung zur Hauptverhandlung konnte entnommen werden, dass sich der Beschuldigte mit zwei Vorwürfen konfrontiert sah: Fahrenlassen einer Person ohne Führerausweis und Verstoss gegen die Taxiverordnung. Wie sich herausstellte, soll er beim zweiten Vorwurf gegen Art. 10 Abs. 4 der Taxiverordnung verstossen haben, wonach die Taxihalterinnen und -halter die kantonalen und kommunalen Behörden bei Kontrollen zu unterstützen und die notwendigen Unterlagen vorzulegen haben.
Der Strafanzeige lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 3. Februar 2024 wurde ein Fahrzeug aus dem Betrieb des Beschuldigten angehalten und kontrolliert. Es stellte sich heraus, dass dem Fahrzeuglenker der Führerausweis entzogen worden war. Ausserdem sass im Fahrzeug eine weitere Person. Der Beschuldigte wurde auf den Polizeiposten vorgeladen und aufgefordert, das Kontrollblatt des betreffenden Fahrzeugs vorzulegen. Er machte von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Er tat dies, weil er keine Ahnung hatte, worum es bei der Anzeige ging.
Aussagen des Beschuldigten
Die Richterin, die infolge der Aussageverweigerung des Beschuldigten bei der Polizei auch keine genaue Kenntnis der Vorgänge hatte, versuchte im Verlauf der Verhandlung, sich aufgrund der Aussagen des Beschuldigten, des fehlbaren Fahrzeuglenkers und eines Angestellten des Beschuldigten Klarheit zu verschaffen.
Der Beschuldigte sagte aus, er sei zur Zeit der betreffenden Vorgänge woanders gewesen und habe nichts von den Vorgängen im Betrieb mitbekommen. Die Richterin nahm dies zum Anlass, sich näher über die Organisation des Betriebs zu erkundigen. Der Chef selber kümmere sich um den Fahrzeugpark und führe selber viele Aufträge aus. So sei er immer wieder in ganz Europa unterwegs, entsprechend den Aufträgen der Gstaader Klientel. Ein Mitarbeiter rekrutiere das Personal, kontrolliere die Unterlagen der Bewerberinnen und Bewerber und teile die Fahrten zu. Im Übrigen gebe es für die Zuteilung der Fahrten einen Gruppen-Chat. Im Winter gehe es im Betrieb meist sehr hektisch zu, da müsse man genau hinschauen, dass bei jedem die Ruhepausen eingehalten werden.
Er kenne den Fahrzeuglenker, der damals in die Polizeikontrolle geraten sei. Dieser habe ganz selten Fahrten für den Betrieb ausgeführt, dies jedoch nur in dem Sinn, dass er Gepäck transportiert oder Fahrzeuge dorthin verschoben habe, wo diese benötigt wurden.
Aussagen der Zeugen
Der Angestellte bestätigte diese Ausführungen und ergänzte diese wie folgt: Ein Bekannter habe spätabends ein Fahrzeug vorbeigebracht, für das sich der Betrieb interessiert habe. Da er das Fahrzeug am folgenden Tag prüfen wollte, stellte er dem Überbringer eines der Betriebsfahrzeuge zur Verfügung für den weiten Weg zurück nach Hause. Der fragliche Herr habe gelegentlich für sie Warentransporte vorgenommen, deshalb habe er früher einmal dessen Unterlagen kontrolliert. Er wäre nie auf die Idee gekommen, am fraglichen Abend diese Unterlagen erneut zu kontrollieren. Wenn jemand von der Garage ein Fahrzeug des Betriebs abhole, frage er schliesslich auch nicht danach, ob der betreffende Mitarbeiter der Garage im Besitz eines Ausweises sei. Im gleichen Zeitpunkt, als er die Schlüssel ausgehändigt habe, habe ihn ein Kollege für eine kurze Fahrt angefragt. Der fehlbare Lenker habe diese Fahrt gefälligkeitshalber übernommen, es sei kein Honorar bezahlt worden.
Der Lenker ohne Ausweis schilderte das Geschehen wie folgt: Er sei nach Gstaad gekommen, um dem Angestellten des Taxibetriebs ein Fahrzeug seines Vaters zu zeigen, für das sich der Betrieb interessiert habe. Da am fraglichen Abend im Taxibetrieb viel los gewesen sei, habe der Angestellte das Fahrzeug erst am folgenden Tag kontrollieren wollen. Er habe ihm ein Ersatzfahrzeug für die Heimfahrt zur Verfügung gestellt. Er sei dann in die Polizeikontrolle geraten. Er habe zu diesem Zeitpunkt einen Bekannten des Angestellten mitgeführt. Da seine Ausweise im eigenen Auto gewesen seien, habe er der Polizei keine Ausweise vorlegen können. Er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass sein Führerausweis entzogen worden sei. Er sei sehr überrascht gewesen, dass die Polizei ihn nicht habe weiterfahren lassen. Er sei gebüsst worden und habe für fünf Jahre Ausweisentzug.
Das Urteil: ein Freispruch
Die Richterin urteilte ganz im Sinne des Plädoyers der Verteidigerin. Der Beschuldigte habe vom ganzen Vorfall überhaupt nichts mitbekommen, da er ortsabwesend gewesen sei. Die befragten Personen hätten klare, in sich stimmige Aussagen gemacht und es habe keine Widersprüche gegeben. Im Betrieb sei früher einmal kontrolliert worden, ob der fehlbare Lenker im Besitz des Führerausweises sei. Damals sei alles in Ordnung gewesen. Ein Taxihalter sei nicht verpflichtet, diese Kontrolle vor jeder Fahrt vorzunehmen. Was das Einreichen der Unterlagen betreffe, habe der Beschuldigte diese nicht zur Polizei mitgebracht, da er gar nicht gewusst habe, weshalb er aufgeboten worden sei. Für eine klare nachträgliche Aufforderung, dies nachzuholen, lägen keine Beweise vor. Bei diesen Voraussetzungen wurde dem Freigesprochenen eine Entschädigung für die Verteidigung zugesprochen und die Verfahrenskosten dem Staat auferlegt.