«The Fried Seven» brachten Ende November den Jazzsound der Zwanzigerjahre ins Simmental – virtuos und energiegeladen.
Die katholische Kirche in Zweisimmen war am Samstagabend, 29. November, nahezu ausverkauft. Nicht wegen eines aussergewöhnlichen ...
«The Fried Seven» brachten Ende November den Jazzsound der Zwanzigerjahre ins Simmental – virtuos und energiegeladen.
Die katholische Kirche in Zweisimmen war am Samstagabend, 29. November, nahezu ausverkauft. Nicht wegen eines aussergewöhnlichen Gottesdienstes – sondern wegen «The Fried Seven», einer jungen Band aus Amsterdam, die sich dem Hot Jazz der Zwanziger und Dreissigerjahre verschrieben hat. King Oliver, Jelly Roll Morton, Louis Armstrong: Das sind die Referenzen, an denen sich die sieben Musiker orientieren. Und das tun sie mit einer Präzision und Spielfreude, die das Publikum von der ersten Note an in ihren Bann zog.
Pariser Posaunist springt ein
Dass die Band nicht mit ihrer Stammbesetzung antrat, merkte man nur an Äusserlichkeiten: An der Posaune stand Rudolph Stengel – ein in Paris lebender Musiker, der eingesprungen war – als einziger mit Notenständer vor sich. Was nach Notlösung klingt, entpuppte sich als Glücksfall: Stengel spielte virtuos, mal draufgängerisch, mal subtil und fügte sich nahtlos in das Ensemble ein. Sein Spiel – ob mit gehauchten Tönen oder kraftvollen Läufen – war eine Demonstration dessen, was technisches Können und musikalische Intelligenz gemeinsam bewirken können.
Pablo Castillo am Cornet lieferte eine makellose Performance ab. Egal ob mit Dämpfer, in den Hut gespielt oder in schnellen, präzisen Soli – jeder Ton sass. Überhaupt: Das Niveau war durchwegs erstklassig und es fällt schwer, einzelne Musiker besonders hervorzuheben. Dennoch: Cem Karayalçin am Banjo sorgte für Momente, in denen die Band eine ganz besondere klangliche Farbe bekam. Sein Instrument, das in der modernen Jazzwelt eher selten zu hören ist, prägte den Sound in vielen Soli und verlieh der Musik eine unverwechselbare Note.
Von Armstrong bis zur Zugabe
Die Band bewegte sich in ihrem gewohnten Repertoire – Stücke im Stil von King Oliver, Jelly Roll Morton und Louis Armstrong, die den Sound der Zwanziger- und Dreissigerjahre prägten. Die Musik floss mit kurzen Ansagen und kleinen Geschichten ineinander und spätestens bei der Zugabe, die allen Musikern noch einmal die Gelegenheit gab, richtig aufzudrehen, war klar, dass hier nicht bloss Nostalgie zelebriert wurde, sondern lebendiger, mitreissender Jazz.
«The Fried Seven» haben sich in den letzten Jahren zu Favoriten der europäischen Jazzszene entwickelt – und das aus gutem Grund. Ihr Album «Late to the Party», 2024 bei Rivermont Records erschienen, zeigt eine Band, die den Spagat zwischen historischer Authentizität und frischer Interpretation meistert. Da wunderte es auch nicht, dass bereits in Zweisimmen die CDs ausverkauft waren und die Bandmitglieder eifrig für das «ohnehin viel bessere» Vinyl die Werbetrommel rührten, das noch ausreichend verfügbar war. In Zweisimmen bewies die Gruppe, dass der charakteristische, hundert Jahre alte und modern interpretierte Sound auch in einer modernen, nüchternen Kirchenumgebung funktioniert – vielleicht sogar gerade deshalb, weil keine überbordende Dekoration vom Wesentlichen ablenkte. Wer heissen Jazz mag – wirklich heissen Jazz –, der bekam an diesem Abend genau das serviert.
SIMMENTALZEITUNG/ARMIN BERGER