SONJA WOLF
Ich bin ja Trends und Technologien nicht abgeneigt. Im Gegenteil! Chat GPT finde ich enorm spannend und teste fleissig, was da so möglich ist. Und auf Facebook, Instagram & Co war ich eigentlich von Anfang an dabei. Wozu ich aber absolut niemals einen Bezug gefunden habe, ...
SONJA WOLF
Ich bin ja Trends und Technologien nicht abgeneigt. Im Gegenteil! Chat GPT finde ich enorm spannend und teste fleissig, was da so möglich ist. Und auf Facebook, Instagram & Co war ich eigentlich von Anfang an dabei. Wozu ich aber absolut niemals einen Bezug gefunden habe, ist TikTok!
Schon immer habe ich mir erstaunt die mässig lustigen bis halbpeinlichen Minivideos angeschaut, die mir Freunde und Familie geschickt haben. Und wenn das Video zu Ende war und mir TikTok noch andere Clips angedreht hat, einen nach dem anderen in Endlosschleife, habe ich mich schon gefragt, wie man Stunden damit verbringen kann...!? «Mami, du musst den Algorithmus trainieren! Der passt sich dann schon an deinen Geschmack an, wenn du manche Clips ‹likest› und andere gleich wegklickst», belehrten mich meine Kinder. Aber hallo, dazu kommts noch! Dazu war mir meine Zeit nun doch zu schade: stundenlang zusammenhanglose Kurzvideos anzuschauen, um Mr. TikTok-Algorithmus meine Vorlieben beizubringen! Also habe ich die App zwar immer wieder einmal installiert, aber dann auch wieder gelöscht und mehr oder weniger ignoriert...
Bis zu dem Tag, an dem mir Mr. Algorithmus nach dem zugeschickten Video eines Freundes zufällig ein Shuffledance-Video vor die Nase knallte. Boing! «Wow, mega!!», dachte ich mir noch – und ab diesem Moment war es schlicht und einfach um mich geschehen! Diese schnellen coolen Beinbewegungen und dazu die Hymne «Friend ships», auf die die meisten jungen Leute shuffeln – ich fand einfach alles genial! «Aha: Das war also eine Dance Challenge auf TikTok im September 2021», erfuhr ich bei Recherchen im Internet und konnte auf einmal die jungen Leute, die seither in Scharen probierten, diese Schritte nachzutanzen, aus tiefstem Herzen verstehen... Auch die Videos der 54-Jährigen, die sich bei ihren monatelangen – und letztlich erfolgreichen! – Shuffle-Versuchen filmte und trocken dazuschrieb: «Ich bin nun mal keine 20-Jährige mit 8 Prozent Körperfett» entlockten mir inzwischen ein wissendes Lächeln. Denn tatsächlich blieb es auch bei mir nicht beim Zuschauen. Tutorialvideos mussten her zum Schritteeinüben, weitere tanzbare Songs kamen auf meine neu kreierte Spotify-Shuffle-Liste. Kurzum: Das gesamte Enthusiasmus-Sucht-Programm hatte mich erfasst.
Und wer weiss, vielleicht fange ich ja eines Tages selbst an, diese kleinen, lustigen, halb-peinlichen Videos zu produzieren, um meine Shuffle-Manie festzuhalten? Die dürfen Sie dann aber wirklich getrost wegklicken. Alles tipptopp! Oder eben: TikTok :)
sonja.wolf@anzeigervonsaanen.ch