«Und der Kulturpreis geht an ...»
15.05.2023 KulturAnlässlich ihrer Generalversammlung verlieh der Verein Kultur Region – Alliance Culturelle den Kulturpreis dieses Jahr an Jean- Frédéric Henchoz aus Château-d’Oex. Zuvor gab es an der General versammlung interessante und beinahe amüsante ...
Anlässlich ihrer Generalversammlung verlieh der Verein Kultur Region – Alliance Culturelle den Kulturpreis dieses Jahr an Jean- Frédéric Henchoz aus Château-d’Oex. Zuvor gab es an der General versammlung interessante und beinahe amüsante Fakten zu den Finanzen des Vereins und einige rührende Szenen.
Warum ging der Preis an Jean-Frédéric Henchoz?
«Seit Jahren unterstützt der Verein Kultur Region – Alliance Culturelle die temporären Ausstellungen im Museum des Pays-d’Enhaut. Heute möchten wir dessen unermüdlichen Kurator ehren», beginnt Vorstandsmitglied Carmen Scherrer ihre Laudatio auf den überraschten Jean-Frédéric Henchoz. Der ist übrigens nicht nur Kurator des Museums. Er hat auch acht Jahre lang im Vorstand des Vereins Kultur Region – Alliance Culturelle dafür gesorgt, dass Kulturschaffende finanziell unterstützt werden.
Und sein letzter grosser Verdienst an der Kultur: Genau 100 Jahre nach der Gründung des Museums durch seinen Grossvater Emile, genauer gesagt am 1.12.2022, wurde das Schweizer Scherenschnittzentrum eingeweiht. Jean-Frédéric Henchoz hatte die Idee dazu bereits 2014 und war an der Realisierung entscheidend beteiligt – trotz aller Widrigkeiten durch Überschwemmungen, explodierende Heizkörper oder Corona.
Was ist im Verein im letzten Jahr passiert?
Vor der Preisverleihung blickte der Präsident Matthias Moser an der Generalversammlung auf das vergangene Geschäftsjahr zurück. «Wir haben 49 Gesuche behandelt und konnten 45 davon positiv beurteilen», resümierte er die Unterstützungsleistung des Vereins für Kulturschaffende. Somit habe der Verein im vergangenen Jahr über 186’200 Franken für die Kultur in den drei Regionen Obersimmental, Saanenland und Pays-d’Enhaut sprechen können. Auf der Suche nach Möglichkeiten, den Verein noch besser in der Bevölkerung bekannt zu machen und so auch möglichst viele Kulturschaffende zu erreichen, kam im August die Idee auf, sich mit einem Stand an der Gstaader Messe Ende Oktober zu präsentieren.
Obwohl die Idee recht kurzfristig geboren wurde, klappte die Standmiete, die Konzeption für den auftritt und das Erstellen des Werbematerials – alles in zahlreichen zusätzlichen ehrenamtlichen Stunden. «Auf der Messe selbst wurde sehr oft bemerkt, dass man unseren Namen schon mal gehört habe, jedoch nicht genau wisse was eigentlich die Aufgabe des Vereins Kultur Region – Alliance Culturelle sei», bemerkte der Präsident. Durch die positiven Reaktionen und auch dank eines Interviews, das die Mitglieder am benachbarten Radio-BeO-Stand realisieren durften, hoffen sie jedoch, bei einem breiteren Publikum bekannt geworden zu sein.
Wie sieht es mit den Finanzen aus?
Die Erfolgsrechnung schloss mit einem Defizit von rund 47’500 Franken, budgetiert war ein Defizit von 12’100 Franken. Das Defizit ist deshalb grösser ausgefallen, weil die Gstaader Messe spontan dazukam und letztlich mehr Konzerte und Buchproduktionen in den drei Regionen gefördert wurden, erklärte Kassier Hans Jaggi.
Nur sei in diesem Fall ein Defizit gut und sogar gewollt. Denn zu Corona-Zeiten waren fast alle kulturellen Anlässe abgesagt worden und der Verein konnte die im Drei-Jahres-Vertrag definierten Beiträge der Kantone Bern und Waadt nicht an die Kulturschaffenden bringen. Der Kanton Bern hatte deshalb fast 13’000 Franken zurückgefordert. «Dank» des Defizits hat der Verein nun also sein Eigenkapital um rund 47’500 Franken verringert und damit die Vorgabe aus dem aktuellen Leistungsvertrag mit dem Kanton Bern erfüllt.
Und das Budget?
Budgetiert ist auch für 2023 wiederum ein Aufwandüberschuss von 23’900 Franken. «Im Moment ist es schön! Wir können mehr Geld ausgeben als wir einnehmen», fasste Hans Jaggi die augenblickliche Lage zusammen und erntete zustimmende Lacher. Im Moment sei der Verein tatsächlich noch in der komfortablen Lage, das «Zu-Wenig» aus der Coronazeit an die Kulturschaffenden bringen zu müssen und ein wenig zu viel ausgeben zu «müssen». Zumindest bis sich Ein- und Ausgaben in der Zukunft wieder einpendeln würden.
Gab es Neuwahlen?
Es standen für alle Vorstandsmitglieder Wiederwahlen an – ausser für Theres Rütschi, die erst letztes Jahr zum Vorstand dazustiess. Damit Theres Rütschi allerdings keinen Sonderturnus durchläuft, wurde sie zusammen mit allen anderen acht Vorstandsmitgliedern auch wiedergewählt. So finden die nächsten Wahlen für den gesamten Vorstand einheitlich wieder in drei Jahren statt.
Auch Revisor Markus Bachmann wurde wiedergewählt. Valérie Schneider wurde als zweite Revisorin neu dazugewählt.
Gab es Wortmeldungen?
«Sie haben das Wort», hiess es am Ende der Versammlung. Und da wurde es tatsächlich regelrecht rührend. Eine Person nach der anderen erhob sich, um den Vorstandsmitgliedern ihren Dank auszusprechen. «Wir haben nun schon 23 Jahre überlebt – zum grossen Teil dank Ihnen», bekräftigte ein Votant von Le Bois qui Chante. Ähnlich sprachen Vertreter von Cinéden aus Châteaud’Oex, vom Heimatmuseum Obersimmental, von Zweisimmen Jazz oder dem Cantate Chor Zweisimmen ihren Dank für die Unterstützung durch den Verein aus.
Was war das kulturelle Rahmenprogramm?
Der spätere Preisgewinner selbst berichtete den Anwesenden in seinem Vortrag «Un siècle en dix minutes» von der Geschichte des Museums und den Aufs und Abs bei der Entstehung des Scherenschnittzentrums – ohne freilich zu ahnen, dass er beinahe seine eigene Laudatio gerade vortrug.
Und Laure Malherbe aus Châteaud’Oex führte drei ihrer Zeichentrickkurzfilme vor. Ihr letzter Film wurde ebenfalls durch die Kultur Region – Alliance Culturelle unterstützt.
Welche finanzielle Unterstützung braucht ein Zeichentrickfilm?
Laure Malherbe, die in Lausanne und Pully aufgewachsen ist, lebt seit 1997 in Château-d’Oex und arbeitet dort als Physiotherapeutin. Schon immer hat es sie fasziniert, Personen und Geschichten durch Zeichnungen Leben einzuhauchen. Für einen Zeichentrickfilm braucht es 12 bis 24 Bilder pro Sekunde – je mehr, desto flüssiger wirkt die Bewegung im Film. Für ihre eigene künstlerische Arbeit brauche sie die Unterstützung des Vereins nicht, sagt sie im Gespräch mit dieser Zeitung nach der Generalversammlung. «Aber es sind so viele professionelle Helfer zu bezahlen, bis so ein Film steht!»
Für ihren Film zum Beispiel half eine Malerin bei den Aquarell-Dekors im Hintergrund ihrer Bildergeschichte, dann schlug das Tonstudio und der Toningenieur zu Buche, ebenso wie das Erstellen des Sounddesigns und die Gruppe, die die Musik aus Antonio Vivaldis «Vier Jahreszeiten» für die Hintergrundmusik aufnahm. Das komme insgesamt auf etwa 2000 Franken für diesen kleinen Film von drei Minuten.
Der unterstützte Film: www.youtube.com/ watch?v=-btLBTnboWk
Informationen und Gesuche: www.kulturculture.ch/de/