Und über allem schwebte der Geist von Yehudi Menuhin
23.08.2024 Kultur«Das grosse Erbe Menuhins», wie es so treffend im Programmheft steht, wurde von Oleg Kaskiv mit Solistinnen und Solisten der IMMA im «Temple» von Château-d’Oex aufs Eindrücklichste zelebriert. Eng verbunden mit dem Namen Menuhin ...
«Das grosse Erbe Menuhins», wie es so treffend im Programmheft steht, wurde von Oleg Kaskiv mit Solistinnen und Solisten der IMMA im «Temple» von Château-d’Oex aufs Eindrücklichste zelebriert. Eng verbunden mit dem Namen Menuhin ist auch derjenige von Alberto Lysy. Im Andenken an dessen kürzlich verstorbenen Sohn Antonio wurde ein Cellokonzert von Jeremy Menuhin (Sohn von Yehudi Menuhin) uraufgeführt.
LOTTE BRENNER
Die IMMA (International Menuhin Music Academy) ist das lebendige Erbe des grossen Geigenpädagogen Yehudi Menuhin, der vor 70 Jahren mit seiner Familie nach Gstaad kam und da bleibende Werte hinterliess. Nebst dem Festival, das seinen Namen trägt, hinterliess Menuhin eine Akademie für hochbegabte Streicher aus aller Welt, deren Talente mit Hilfe eines Stipendienaufenthaltes auf Weltklasse gefördert werden. Menuhin und sein ehemaliger Schüler und späterer Nachfolger in der IMMA, Alberto Lysy, prägten das Musikleben im Saanenland bis heute. Oleg Kaskiv tritt seit Jahren regelmässig mit Studentinnen und Studenten der Akademie auf. Jedes IM-MA-Mitglied zeigt sich solistisch auf höchstem Niveau, und so wird jedes dieser Konzerte zu einem ganz besonderen, unvergesslichen Erlebnis.
Im Gedenken an Antonio Lysy
Das Konzert für Cello und Streicher von Jeremy Menuhin ist ein Auftragswerk von Gstaad Menuhin Festival & Academy 2024 und hätte eigentlich von Antonio Lysy gespielt werden sollen, der jedoch im Februar nach kurzer Krankheit verstarb. An seiner Stelle spielte ein guter Freund von Jeremy Menuhin, der hervorragende Cellist Gary Hoffmann, das aufmüpfige Konzert in barocker Manier. Der Komponist sagte: «Wenn man Musik hört, die sich mit dem 17. Jahrhundert oder dem späten 19. Jahrhundert identifiziert, kann man sie als zeitgenössisch betrachten, solange es sich nicht um ein Plagiat handelt.»
Fröhlich-unbeschwert begann das Konzert, gefolgt von besinnlich schönen Aussagen, bei denen der warme Celloklang, besonders in tiefer Basslage, wunderbar ruhig und sanft zum Ausdruck kam. Die Komposition wirkte sehr lebensbejahend, positiv. Einfallsreich und in guter Laune endete das Konzert, das offenkundig auch den Musikerinnen und Musikern grosse Freude bereitete.
Mit Menuhin eng verbunden
Als Solisten unter lauter Solisten, aus welchem das hochkarätige Streicherensemble besteht, brillierten die Violinistin Sara Ispas, der Geiger Bohdan Luts, der Bratschist Vlad Osadchyl und natürlich der Konzertmeister Oleg Kaskiv. Nicht nur ihre Soli verlangten den jungen Musizierenden virtuose Technik und grosses Können ab – das ganze Streichorchester wurde in Präzision und Musikalität gefordert.
Der Gesang der Geigen in den «Harmonies du soir» von Eugène Ysaÿe war wundervoll harmonisch, das Stück zeitweise rhythmisch spannend. Ysaÿe war unter anderem auch Lehrer von Yehudi Menuhin.
Malcolm Arnolds Konzert für zwei Violinen und Streicher op. 77 wurde von Yehudi Menuhin und seinem Schüler Alberto Lysy in Auftrag gegeben und 1962 uraufgeführt. Es erklang temperamentvoll, leidenschaftlich, in musikalisch leicht zugänglicher Form.
In Kurt Atterbergs Suite Nr. 3 für Violine, Viola und Streicher kam, nach einem faszinierenden Zwiegespräch der Geiger Oleg Kaskiv und Bodhan Luts, eine spürbare Spielfreude im Ensemble auf.
Was hätte da als Blumenübergabe besser gepasst als die wunderschönen Sonnenblumenbouquets. Nach der spanisch gelaunten Zugabe «Navarra» von Pablo Sarasate schloss das Konzert mit drei atemberaubenden rumänischen, Tänzen von Béla Bartók.