Vepass – eine lebende Partnerschaft der Region Saanenland und Siebenbürgen
30.12.2025 SaanenDem festtäglichen Verkehrsstau geschuldet eröffnete Präsident Fabian Jaggi die 19. ordentliche Mitgliederversammlung des Vereins Vepass mit einer dem Blechlawinendichtestress angemessenen Verzögerung. Am letzten Sonntag des Jahres 2025 versammelte sich im kleinen ...
Dem festtäglichen Verkehrsstau geschuldet eröffnete Präsident Fabian Jaggi die 19. ordentliche Mitgliederversammlung des Vereins Vepass mit einer dem Blechlawinendichtestress angemessenen Verzögerung. Am letzten Sonntag des Jahres 2025 versammelte sich im kleinen Landhaussaal in Saanen eine überschaubare Mitgliederschar. Die traktandierten Geschäfte gingen entgegen dem abendlichen Verkehrschaos störungsfrei vonstatten.
EUGEN DORNBIERER-HAUSWIRTH
Eloquent führte Fabian Jaggi von Traktandum zu Traktandum. Im ersten Teil las er aus dem Jahresbericht des Vereins für Nyàràdszentimre und Sepröd. Im Besonderen erwähnte er die Kranken- und Altenpflege, die Sozial- und Finanzhilfe, die wirtschaftlichen Projekte, das Mikrokreditprogramm sowie Kultur- und Bildungsprojekte. Szabolcs Kovàcs, der Präsident des erwähnten Vereins, sei dankbar für alle Spenden und die Unterstützung, insbesondere der Gemeinden Saanen und Gsteig sowie dem Vepass-Vorstand.
Mit grossem Dank verabschiedete Jaggi Simon Hauswirth aus dem Vorstand. Mit Applaus wurde Lukas Gasser als sein Nachfolger ins Gremium gewählt. Für das Jahr 2026 setzt sich der Vorstand die folgenden Ziele: Das Projekt Mikrokredite unbedingt beibehalten, man habe erfreuliche Erfahrungen damit machen dürfen. Fördern des kulturellen Austausches – im Köcher habe man den Besuch einer Gruppe aus Rumänien bei uns im Saanenland. Und das Gewinnen von Einheimischen, zum Beispiel für einen gemeinsamen Besuch in Siebenbürgen. Schon fast beschwörend sagte Jaggi, bevor er seinen bebilderten Jahresbericht vorstellte, dass die Projekte und deren Umsetzung zwingend am Leben erhalten bleiben müssten.
Vepass-Reise 2025
Aus seinem ausführlichen Bericht wählte Fabian Jaggi die folgenden Schwerpunkte:
Früh am nächsten Morgen fuhren wir zwei Stunden gegen Osten, um uns dann als erstes bei unserem lieben Weggefährten Szabolcs Kovàcs und seiner Familie beim Kaffee auszutauschen. Mit Freude durften wir bei der Ankunft feststellen, dass mittlerweile die Hauptstrassen in beiden Dörfern asphaltiert wurden. Die Dorfbewohner:innen mussten nun tatsächlich bis 2025 warten, bis endlich die staubigen, dreckigen Strassen versiegelt wurden. Das Dorfbild hat sich durch diesen Eingriff stark gewandelt und wirkt nun sehr viel zeitgenössischer.
Nach dem Gespräch fuhren wir nach Sepröd, wo wir Herrn Sándor besuchten. Wir gewährten ihm 2022 einen Kredit über 3500 Euro, damit er seine Tätigkeit als Landmaschinenmechaniker optimieren kann. Sein Plan ist, hinter der windschiefen Scheune eine kleine Werkhalle zu bauen, wo er im Trockenen ganzjährig Reparaturen ausführen kann. In jeder freien Minute baut er an seiner Halle. Beim letzten Besuch war die Betonplatte erstellt. Dieses Jahr fanden wir ein grosszügig ausgeführtes Gebäude mit Metalldach und isolierten Wänden vor. Die Metallstruktur hat er selber geschweisst und uns freut die stabile Ausführung. Die nächste und letzte Bauetappe wird nun noch die Installation eines grossen Falttores sein. Dann endlich wird er nach etlichen Jahren Freiluftarbeit im Warmen seiner Arbeit nachgehen können. Er hat uns seine Rückzahlungsrate bezahlt.
Der nächste Besuch war bei der Familie Szabó. Ihnen haben wir bereits zwei kleine Kredite gewährt. Sie leben in sehr bescheidenen Verhältnissen und sind echte Überlebenskünstler:innen. Neuerdings arbeiten Vater und Tochter in einer Pizzeria. Er ist Kurier und sie arbeitet im Service. Sie probieren immer neue Verdienstmöglichkeiten aus. Anstelle der Kälberzucht haben sie neuerdings zwei Mutterschweine mit Ferkeln in ihrem einfachen Stall. Auch die Scheune droht noch immer einzustürzen. Der «Torsturz» ist gebrochen und hält nur noch wie durch ein Wunder. Wir tauschten uns mit ihnen neben einem halbausgebauten Jeep aus und durften vom frisch geschlachteten Schwein ein paar Stück frittierten Bauchspeck mit Brot und Zwiebeln kosten. Auch sie zahlten uns den geschuldeten Betrag zurück.
Als nächstes besuchten wir Attila, welchen wir mit einem Kredit für seine Blaubeerenfarm unterstützten. Als wir ankamen – er war gerade mit dem Verputzen der Wände beschäftigt – merkten wir, dass unser Besuch ihn gerade mitten in einer wichtigen Arbeit unterbricht. Nicht nur weil er fliessend Englisch spricht, haben wir einen sehr guten Draht zu ihm. Er ist ein junger Mensch, der sich mit seiner sehr sympathischen Frau vor ein paar Jahren entschieden hat, aus der Stadt in das Dorf zu ziehen. Wir teilen viele Werte und wurden Freunde. Darum haben wir halb im Scherz angeboten, dass wir sonst gerne am Abend zurückkommen und ihm beim Verputzen helfen würden. Dieses Angebot nahm er an. Wir haben tatsächlich an Stelle eines Abendessens ausserhalb der Dörfer mehrere Stunden bei ihm auf der Baustelle gearbeitet. Das Verputzen mit Lehm verzeiht Gott sei Dank viele Unregelmässigkeiten und so konnten wir als Laien tatsächlich hilfreich sein. Belohnt wurden wir mit einem leckeren Abendessen mit Kind und Kegel in der gemütlichen Küche. In solchen Momenten entstehen die guten Gespräche und wir haben darüber diskutiert, dass es toll wäre, wenn wieder mehr kultureller Austausch zwischen den Dörfern in Siebenbürgen und dem Saanenland entstehen würde.
Attila ist Laienmusiker und spielt mit seiner Szekler-Geige Volksmusik. Er fände es toll, mit Ländlermusikant:innen aus unserer Region zusammenzukommen. Wir finden die Idee betörend und können uns sehr gut vorstellen, mal mit einer kleinen Delegation Musiker:innen nach Rumänien zu reisen.
Am Ende unserer Tour durften wir noch unseren Gastgeber, Pfarrer Árpád Erdei, für ein langes Gespräch treffen. Zu seiner vielseitigen Tätigkeit gehört auch die Betreuung des Hauses der Begegnung. Das Gebäude strahlt nach dem Wiederaufbau in neuer Pracht. Damit das hängende Bewilligungsverfahren endlich zu 100 Prozent abgeschlossen werden kann – eine Architektin muss noch Pläne finalisieren und bei den Behörden einreichen – haben wir im Frühjahr einen überschaubaren Geldbetrag der Kirchgemeinde direkt gespendet. Wir wurden im freundlich eingerichteten Gebäude untergebracht und genossen die liebevolle Gastfreundschaft des jungen, sehr kommunikativen Pfarrers sehr.
Damit der Vepass-Novize Lukas noch einen besseren Eindruck der Region gewinnen konnte, fuhren wir noch in den naheliegenden Kurort Sowata. Da dort warmes, salziges Wasser aus dem Boden kommt und sich in einem See sammelt, ist ein beliebter Ferienort entstanden. Danach wurden wir noch von unserem Freund Attila, unserem Blaubeerenfarmer, nach Abud eingeladen. Dort wurde das Erntedankfest gefeiert und er begleitete die Festivitäten mit seiner Fidel. Es war wunderbar, die vielen Kinder in ihren traditionellen Szekler-Trachten zu sehen. Sie wurden auf Pferdekarren zum Gemeindesaal geführt, wo sie dann traditionelle Tänze aufführten.
VEPASS/FABIAN JAGGI








