Von der «schönsten Bucht Europas» in «d Rueh vor Natur»
21.08.2025 SaanenTanja Brunner liebt die Menschen und hat ein offenes Ohr für deren Anliegen. Und sie liebt ihren Beruf, weil sie dabei ganz sich selbst sein kann. Saanens neue Verwaltungsdirektorin ist seit einem halben Jahr im Amt und fühlt sich in Saanen schon (fast) zu Hause.
...Tanja Brunner liebt die Menschen und hat ein offenes Ohr für deren Anliegen. Und sie liebt ihren Beruf, weil sie dabei ganz sich selbst sein kann. Saanens neue Verwaltungsdirektorin ist seit einem halben Jahr im Amt und fühlt sich in Saanen schon (fast) zu Hause.
KEREM S. MAURER
Seit Tanja Brunner ins Berufsleben eingestiegen ist, arbeitet sie in Gemeindeverwaltungen. Erst machte sie die Verwaltungslehre in ihrem Heimatdorf Hofstetten bei Brienz. Danach arbeitete sie 6 Jahre lang im Migrationsdienst der Stadt Thun, bevor sie nach Hofstetten zurückkehrte und die kleine Gemeinde während zehn Jahren als Gemeindeschreiberin führte. Anschliessend leitete Tanja Brunner während 8 Jahren die Gemeindeschreiberei in Spiez und seit gut einem halben Jahr amtet sie in Saanen als Verwaltungsdirektorin. Ihr herzliches Lachen erwärmt das Büro im Dachstock der Saaner Gemeindeverwaltung, wo noch keine Bilder hängen und auch sonst noch alles so aussieht, wie es ihr Vorgänger hinterlassen hat. Inklusive Glastisch. «Ich bin nicht jemand, der als Neuling irgendwo hinkommt und gleich mal alles über den Haufen wirft», erklärt Brunner. Wieder lacht sie und ergänzt: «Es vergeht kaum eine Sitzung, in der ich nicht lache. Weil ich die Menschen und meinen Job liebe.»
Die Gesamtleitung einer grösseren Gemeinde reizte sie
Warum hat Tanja Brunner die «schönste Bucht Europas» verlassen, um «ir Rueh vor Natur» zu leben und zu arbeiten? Als Mädchen vom Land, das zwischen den Bergen von Hofstetten bei Brienz aufgewachsen ist, fühle sie sich auf dem Land wohl, erklärt sie, und fügt hinzu, dass sie schon als Kind oft im Saanenland bei Bekannten zu Besuch war. «Dazu kommt, dass Saanen eine sehr spannende und interessante Gemeinde ist.» Der Hauptgrund für ihren Wechsel nach Saanen liege jedoch in ihrem Job. Als Verwaltungsdirektorin habe sie die Gesamtleitung einer Gemeindeverwaltung inne. «Ich übernehme gerne Verantwortung und ich mag den Umgang mit Menschen», führt Brunner aus. In Spiez habe sie als Gemeindeschreiberin nur die Abteilung der Gemeindeschreiberei unter sich gehabt und sehr eng mit der Gemeindepräsidentin zusammengearbeitet, welche die Gesamtleitung innehatte. «Es hat mich immer sehr gereizt, eines Tages die Gesamtleitung einer grösseren Gemeinde zu übernehmen Und diese Möglichkeit hat mir Saanen geboten. Deshalb bin ich hier», sagt sie und lacht wieder.
Grosse Veränderungen sind im Gang
Auf die Frage, inwiefern sie in den letzten sechs Monaten der Gemeinde Saanen ihren Stempel aufgedrückt hat, antwortet sie, dass sie das alleine weder wolle noch könne. «Das ist etwas, das man gemeinsam macht. Es braucht viele, die mithelfen und mittragen.» Ihr Einfluss auf die Verwaltung, die sie leite, sei grösser als auf die Gemeinde draussen, die von der Politik und der Bevölkerung geprägt werde. In der Verwaltung habe sie zusammen mit dem Gemeinderat und der Geschäftsleitung die neue Legislaturplanung gemacht. Dazu komme die Reorganisation der Verwaltung. Sie habe bereits neue Abteilungsleitende eingestellt, vieles verändere sich alleine schon dadurch. «Meine Ambition ist es, gewisse Abläufe zu optimieren und den gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Ich habe keine Angst vor Veränderungen», sagt sie. Aber bevor sie etwas ändere, frage sie gerne langjährige Verwaltungsmitarbeitende, die ihr erklären, warum es hier so laufe, wie es laufe. «Ich komme nicht her und verändere alles, nur damit es geändert ist. Das beginnt schon bei der Einrichtung. Ich bin nicht der Typ, der am Anfang alles über den Haufen wirft.»
Job als Herzensangelegenheit
Mit der Reorganisation der Gemeindeverwaltung, der Umsetzung von Projekten für bezahlbaren Wohnraum, dem Neubau der Concert Hall und des Sportzentrums, dem Energierichtplan und der Schulstrategie – um nur einige zu nennen – gibt es in der Gemeinde Saanen viel zu tun. Welches Projekt liegt der Verwaltungsdirektorin besonders am Herzen? Sie winkt entschieden ab. «Die politischen und rechtlichen Abläufe liegen mir am Herzen. Ich mache meinen Job, das ist mein Herzensprojekt.» Das Wichtigste sei für sie, dass Projekte sauber aufgegleist und korrekt kommuniziert werden, damit jene, die sich dazu äussern müssen oder darüber zu befinden haben, optimale Entscheidungsgrundlagen bekommen. Gerade deshalb sei die Reorganisation der Verwaltung mit dem Ausbau von bislang drei auf sieben Abteilungsleiter:innen so zentral, damit die anstehenden Aufgaben gestemmt werden könnten.
Am Puls der Bevölkerung
Tanja Brunner hat schon als Kind im Rahmen von unzähligen Besuchen bei Bekannten, die in der Region wohnten, das Saanenland kennengelernt. Und da sie selbst Volleyball und Tennis spielt, kam sie als Erwachsene regelmässig als Gast an die Sommerevents. Auch im Winter war die begeisterte Snowboarderin schon oftmals auf den hiesigen Pisten unterwegs. «Ich war nie der klassische Tagestourist, sondern bin jeweils für ein verlängertes Wochenende nach Saanen gekommen», verrät sie. Heute wohnt sie zum grossen Teil in Saanen, hat aber (noch) eine Wohnung in Spiez. «Es ist mir wichtig, so oft wie möglich hier zu sein, um den Puls der Bevölkerung zu spüren», sagt sie und ergänzt, dass sie gerne und oft die verschiedensten Anlässe in der Region besuche. «Ich fühle mich sehr wohl hier und bin hier auch schon fast zu Hause», sagt sie. Dazu gehöre für sie auch, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen und ansprechbar zu sein. Da sie aus einem kleinen Dorf komme, grüsse sie die Menschen auf der Strasse. «Ich will, dass die Bevölkerung weiss, dass meine Tür offen steht und ich ein offenes Ohr für ihre Anliegen habe», betont Brunner – und lacht schon wieder.
Fünf Fragen an Verwaltungsdirektorin Tanja Brunner
INTERVIEW: KEREM S. MAURER
Tanja Brunner, mögen Sie Saanensenf mit Alpkäse?
Ich mag Käse sehr gerne. Auch mit Saanensenf oder mit Feigensenf. Weil ich schon als Kind oft im Saanenland zu Besuch war, kenne ich den Saanensenf. Vielleicht auch, weil ich nicht so sehr auf Süsses stehe, sondern, wenn ich wählen darf, eher Salziges vorziehe.
Welches Buch liegt derzeit auf Ihrem Nachttischchen?
Das Lesen kommt bei mir leider etwas zu kurz, obschon ich es sehr gerne mache. Auf meinem Nachttisch liegt – schon seit dem letzten Februar – das Buch «Baustelle Menschsein». Aber ich lese auch gerne einfache Trivialliteratur oder Geschichten, die einfach geschrieben sind. Ich lese und schreibe während meiner Arbeit sehr viel und wenn ich in der Freizeit ein Buch lese, darf es Entspannung für den Kopf sein.
Was macht unsere Verwaltungsdirektorin in ihrer Freizeit?
Weil ich beruflich viel unterwegs und im Büro bin, verbringe ich meine Freizeit gerne draussen in der freien Natur. Sei es zu Fuss, auf dem Bike oder beim Tennisspielen. Bewegung ist für mich sehr wichtig. Daneben verbringe ich auch gerne Zeit mit Familie und Freunden. Ich bin eigentlich überall gerne, wo es unterschiedliche Leute hat, und ich habe verschiedene Interessen. Ich mag einfache Partys in einer Alphütte genauso gerne wie ein Wellnesswochenende. Ich mag Camping, aber auch schöne Hotels. Ich fühle mich überall wohl, wo ich mich selbst sein kann. Was ich dagegen gar nicht mag, ist Respektlosigkeit anderen Menschen gegenüber.
Sie haben durch Ihre berufliche Tätigkeit viele Erfahrungen in rechtlichen und politischen Abläufen gesammelt. Können Sie sich vorstellen, in die Politik zu gehen?
Nein! Und gerade hinsichtlich meines Jobs finde ich es besser, neutral zu sein und keiner politischen Partei anzugehören. Ich möchte weder von einer Partei abhängig noch beeinflusst sein.
Angenommen, Sie wären die Alleinherrscherin im Saanenland: Was würden Sie hier ändern, sprich, was für ein Gesetz würden Sie erlassen?
Ich würde wohl eher Gesetze abschaffen, als neue erlassen. Wir haben so viele Gesetze und Regulierungen, dass ich eher schauen würde, welche man wieder rückgängig machen könnte. Das ist aber ein allgemein gültiges gesellschaftliches Problem, kein Saanen-spezifisches. Meines Erachtens leidet der gesunde Menschenverstand unter zu vielen Gesetzen. Denn Gesetze gibt es meistens dann, wenn nicht mehr aus gesundem Menschenverstand heraus gehandelt wird.