Im frisch gekürten Bergsteigerdorf Lauenen sprach der ehemalige Pfarrer von Gsteig, Fritz Ehrensperger, in seiner Rede zum Nationalfeiertag über den Rütlischwur und was davon heute noch übrig ist. Und sechs Jungbürger:innen wurden in die politische Gemeinde ...
Im frisch gekürten Bergsteigerdorf Lauenen sprach der ehemalige Pfarrer von Gsteig, Fritz Ehrensperger, in seiner Rede zum Nationalfeiertag über den Rütlischwur und was davon heute noch übrig ist. Und sechs Jungbürger:innen wurden in die politische Gemeinde Lauenen aufgenommen.
«Hier sind wir, um uns auf unsere eigentlichen Wurzeln zu besinnen», sagte der ehemalige Gsteiger Pfarrer Fritz Ehrensperger anlässlich der 1.-August-Feier in Lauenen. Er erinnerte an die drei Urschweizer Eidgenossen, die auf dem Rütli geschworen haben, sich mit vereinten Kräften gegen die Anfeindungen von aussen zu wehren. Ehrensperger zog einen Bogen über Schillers Wilhelm Tell und stellte fest, dass aus den Eidgenossen von damals Leidgenossen, Neidgenossen und Meidgenossen geworden seien. Meidgenossen, weil man sich immer mehr abgrenze und starke Verbindungen zunehmend meide; Leidgenossen, weil man sich gegenseitig Leid zufüge; und Neidgenossen, weil gegenseitiger Neid uns voneinander trenne und keine echte Gemeinschaft mehr zulasse. Sogenannte Spaltpilze verhinderten Gemeinschaft, richteten Unheil an und beschleunigten ein kontinuierliches Aufsplittern der Gesellschaft in immer kleinere Gruppen. Die Idee der Eidgenossenschaft mit ihrer Vielsprachigkeit und dem Gemeinsam-sind-wirstark-Gedanken verschwinde heute immer mehr. Nur wenn wir bereit seien, die Spaltpilze in unserer Gemeinschaft klar zu benennen, sei ein Wandel hin zu einem neuem Bewusstsein möglich. Einem Bewusstsein, dass man nicht mehr in einem Heer von anonymen Meid-, Leid- und Neidgenossen lebe, sondern sich gegenseitig wieder wahrnehme und gemeinsam neue Möglichkeiten von Problemlösungen erarbeite. «Denn nur das Zusammenstehen und das gegenseitige Vertrauen führen uns weiter und haben Zukunft. Das gilt heute genauso, wie damals auf dem Rütli», schloss Fritz Ehrensperger.
Jungbürgerfeier
Sechs Jungbürger und Jungbürgerinnen wurden traditionell am 1. August in die politische Gemeinde Lauenen aufgenommen. Gemeindepräsidentin Ruth Oehrli hatte sich vor dem Umzug zum Festplatz im Hotel Wildhorn mit ihnen getroffen, um sie in ruhiger Atmosphäre über ihre
Rechte und Pflichten aufzuklären, aber auch um zu hören, was sie sich für ihre Zukunft wünschen. Anschliessend folgten die 18-Jährigen den Lauener Treichlern zum Festplatz auf dem Blatterli, wo sie nochmals offiziell geehrt wurden und ihre Urkunde erhielten.
PD/TINA DOSOT