Weitgereiste Wandervögel

  22.07.2022 Natur

Wer in den kommenden Tagen einen Ausflug in die Berge unternimmt, hat gute Chancen, auf einen Steinschmätzer zu treffen. Dieser Singvogel brütet aktuell in Berggebieten, und wird gegen Ende des Sommers wieder Richtung Afrika ziehen. Obwohl er ein häufiger Brutvogel ist, konnte ein Forscherteam erst jetzt das Geheimnis lüften, auf welchen Wegen mitteleuropäische Vögel in den Süden fliegen.

Bei sommerlichen Temperaturen zieht es viele von uns in die Berge. Derzeit stehen die Chancen gut, einem besonders ausdauernden «Wandervogel» zu begegnen: dem Steinschmätzer. Ungefähr seit Ende April kann man den sperlingsgrossen Singvogel auf mit Steinen und Geröll durchsetzten Alpweiden antreffen.

Mit seiner kontrastreichen Zeichnung und der dunklen Gesichtsmaske ist er eine auffällige Erscheinung. Das spektakulärste am Steinschmätzer ist aber sein Zugverhalten. Er brütet zwar auf der gesamten Nordhalbkugel, und dennoch überwintern alle Populationen in der Sahelzone Afrikas. Die Steinschmätzer Alaskas legen dabei einen der längsten Zugwege überhaupt zurück: Sie fliegen über ganz Asien nach Afrika und bewältigen dabei eine Strecke von unglaublichen 15’000 Kilometern! Die Leistung der ostkanadischen Vögel ist aber nicht minder spektakulär, fliegen sie doch 3000 Kilometer ohne Unterbruch über den Atlantik, um via Strasse von Gibraltar nach Afrika zu gelangen. Ganz so weit müssen die Schweizer Steinschmätzer nicht fliegen. Welchen Weg in den Süden unsere Vögel aber wählen, war bislang unklar. Fachleute der Vogelwarte und anderer Forschungseinrichtungen konnten nun dieses fehlende Puzzleteil zum faszinierenden Zugverhalten des Steinschmätzers hinzufügen. Um ihre Zugwege erforschen zu können, statteten sie Vögel aus dem Tessin, den Hohen Tauern (Österreich) und Rheinland-Pfalz (Deutschland) mit Geolokatoren aus. So fanden sie heraus, dass die in den Schweizer und österreichischen Alpen brütenden Steinschmätzer für den Zug den direktesten Weg über Italien und das Mittelmeer wählen. Vögel aus Rheinland-Pfalz hingegen versuchen, die Alpen und das Meer zu umfliegen und ziehen via Iberische Halbinsel und Strasse von Gibraltar nach Afrika. Noch sind die Steinschmätzer aber nicht losgezogen, und so können wir noch einige Wochen diesen weitgereisten Wandervogel bei uns bestaunen.

PD


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