Zauberhafter Abschied
29.02.2024 InterviewPhilipp Bigler ist der ideelle Vater des Zauberwegs. Mithilfe von fantasievollen Leuchtinstallationen lotste er fünf Jahre lang Einheimische und Touristen durch die verschneiten Wälder bis hinauf zu seinem Restaurant Lochstafel. Nun geht das Projekt Zauberweg seinem Ende ...
Philipp Bigler ist der ideelle Vater des Zauberwegs. Mithilfe von fantasievollen Leuchtinstallationen lotste er fünf Jahre lang Einheimische und Touristen durch die verschneiten Wälder bis hinauf zu seinem Restaurant Lochstafel. Nun geht das Projekt Zauberweg seinem Ende entgegen. Grund genug, diese fünf kreativen Jahre Revue passieren zu lassen.
SONJA WOLF
Philipp Bigler, wann gabs den ersten Zauberweg?
Den ersten Zauberweg realisierten wir vor fünf Jahren, im Winter 2019.
Wie kamen Sie auf die Idee?
Nach dem Umbau des Restaurants Lochstafel dachte ich mir, diese Location müssten die Leute auch am Abend erleben können. Und das taten sie. Krass war dabei sicher das zweite Jahr: Thema des Zauberwegs war «Mount Everest» und wir waren alle im Lockdown. Kein Restaurant, kein Kino war offen, aber der Zauberweg… Die Besucher liefen wirklich wie auf dem Mount Everest in einer Reihe bis hoch zu uns an die Take-Away-Bar! Da waren schon mal 250 «Bergsteigerinnen» und «Bergsteiger» am Berg unterwegs.
Nicht ganz so hoch wie der Mount Everest, aber mindestens genauso schön: Einkehr nach geschafftem Aufstieg im Mount-Everest-Mottojahr 2021. Fotos: zVg
Der Zauberweg stand ja immer unter einem bestimmten Motto, dem alle Installationen folgten. Woher nahmen Sie die Inspirationen?
Aus meinem Kopf. Das war jeweils eine meiner Sommeraufgaben. Das Gesamtmotto musste kurz, prägnant und möglichst für viele Menschen (und Sprachen) auf Anhieb verständlich sein. Aber es musste natürlich auch für die ausgedachten Installationen umsetzbar sein. Ich hatte am Anfang immer klare Vorstellungen, wie eine Installation auszusehen hätte. Dann aber, beim Umsetzen und Bauen, musste ich doch nach und nach Kompromisse eingehen – vielfach zum Positiven. Eigentlich wie in einer Liebesbeziehung! Der Zauberweg musste aber im Gegensatz zur Liebesbeziehung jeweils «nur» vier Monate halten…
Wer half Ihnen bei der Umsetzung?
Nebst meiner kleinen Baucrew von vier bis fünf Personen hatten wir auch immer spannende externe Künstler engagiert für die eine und andere Installation. Ich erklärte ihnen jeweils im Vorfeld meine Idee und liess sie dann zu 95 Prozent sich selbst verwirklichen.
Der Zauberweg scheint also mehr Aufwand gemacht zu haben als nur ein einfacher PR-Gag, um auf Ihr Restaurant aufmerksam zu machen... Hat sich das ausgezahlt? Es gab ja für den Zauberweg ausser dem Wegzoll und der freiwilligen Konsumation der Besucher keine Einnahmen.
Der Zauberweg war finanziell gesehen eher ein Hobby, aber ich empfand es auch als ein Privileg, so etwas realisieren zu können. Der Zauberweg kostete zwischen 30’000 und 50’000 Franken pro Jahr. Gut die Hälfte bis zwei Drittel konnte ich mit den Einnahmen finanzieren, den Rest via Querfinanzierung vom Tagesgeschäft. Auf der anderen Seite war das Projekt aber auch eine gute Werbung für uns und das Restaurant Lochstafel. Sicher hätte ich auch Sponsoren und öffentliches Geld auftreiben können, aber so behielt ich mir meine Narrenfreiheit und konnte tun und lassen, was ich wollte.
Nicht ganz... Ich erinnere mich, als Sie im Jahr 2021 gezwungenermassen ein Bau- und Ausnahmegesuch im Amtlichen Anzeiger veröffentlichen mussten, und in der Folge dazu sogar eine Stellungnahme in dieser Zeitung veröffentlicht haben.
Ja, das ist eine Geschichte für sich! In den ersten zwei Jahren hatte ich keine Bewilligung, dann aber musste ich ein Baugesuch zur «Erstellung eines Themenweges» mit Plänen vom Weg im Massstab 1:100 einreichen. Diese haben wir wie gewünscht in siebenfacher Ausführung auf die Gemeinde geliefert. Das waren 17,5 Meter Pläne! Auch war es nicht ganz einfach, bei der Stellungnahme ohne Sarkasmus die richtigen Antworten zu schreiben. Zum Beispiel bei der Frage, wie wir es betreffend den Pilzsuchenden machen werden. Oder dass wir weder Flachmoore noch Tiere beeinträchtigen oder etwas Fixes ausserhalb der Bauzone bauen. Schlussendlich hat wohl in Bern oder auf der Gemeinde jemand eingesehen, dass der Zauberweg nicht bewilligungsfähig ist, aber auch niemandem schadet. Das weiss ich wirklich zu schätzen. Den entsprechenden Verantwortlichen sei Dank!
Transformers tauchen den Zauberwald im Jahr 2022 in ein geheimnisvolles Licht, ganz gemäss dem Motto «Out of Space». Der Stromverbrauch zur Beleuchtung der Installationen hielt sich laut Bigler dank LED-Beleuchtung in Grenzen, wenn man diesen etwa mit dem Betrieb einer Gastroküche vergleicht.
Gibt es noch andere kuriose Erinnerungen an die fünf Jahre?
Einen Moment lang hatten wir die Auflage, es dürfe kein Baum angeleuchtet werden, denn es gebe keine Studie über die Folgeschäden für den Baum. Aber als vor zwei Jahren die Schwellenkorporation mit dem zuständigen Beamten von Wald und Forst 200 Bäume markierten, die ohnehin wegmüssten, nahm ichs mit dem Beleuchten nicht mehr ganz so ernst….
Etwas Schönes, was Sie in Erinnerung behalten werden?
Ich hatte zwar jeweils die Ideen und war erster «Materialbeschaffer», aber meine Jungs waren im Wald, auf der Terrasse und auf der Leiter. Im Frühling durfte ich die Sachen jeweils abbauen, und da sah ich dann immer, wie doch der Zauberweg mit viel Know-how, Tricks und «Improvisationsknoten» aufgebaut worden war. Das sind für mich die wahren Künstler!
Am 2. März werden die Besuchenden den Zauberweg zum letzten Mal gehen. Warum beenden Sie das Projekt nach diesen fünf bewegenden Jahren?
Ich hätte da schon noch Themen und Installationen für einen sechsten und siebten Zauberweg im Kopf, aber es gibt wesentliche Veränderungen im Kernteam und so musste ich mich fragen: Wie weiter? Es gibt gute Momente, ein Projekt zu starten, aber es gibt auch gute Momente, um loszulassen. Wie in der Liebe…
Haben Sie für den letzten Zauberweg-Abend etwas Spezielles geplant?
Am letzten Abend lasse ich Ballone steigen und ganz laut Nena mit ihren «99 Luftballons» abspielen. Zum einen passen die Ballone gut zum letzten Thema «Luna Park», zum anderen aber auch zur weltpolitischen Lage. Speeches hatte ich in den letzten fünf Jahren jeden Freitag gehalten, das letzte Wort gehört also Nena...