«Musik hat keine Grenzen»
21.08.2017 Gstaad, KulturJaap van Zweden, ein äusserst charismatischer Dirigent, leitete seine erste Conducting Academy am diesjährigen Gstaad Menuhin Festival. «Die Liebe zur Musik verbindet die Studenten und Lehrer aus der ganzen Welt», sagte er an der Pressekonferenz.
BLANCA BURRI
Jaap von Zweden ist im Musikolymp angekommen. Seit zehn Jahren ist er musikalischer Direktor vom Dallas Symphony Orchestra. Ab dem Spielplan 2018/19 wird der Holländer zusätzlich musikalischer Direktor der New York Philharmonic. Der charismatische Vollblutmusiker hält diverse weitere bedeutende Positionen inne. Ein Glück für das Gstaad Menuhin Festival, dass es ihn als Artist Director für die Conducting Academy und als Dirigent für das Gstaad Festival Orchestra gewinnen konnte. «Die Anfrage von Christoph Müller war sehr vorausschauend und ich komme gerne nach Gstaad», verriet Jaap van Zweden an der Pressekonferenz am vergangenen Freitag Nachmittag.
Musik verbindet
Drei Wochen lang dauerte die Conducting Academy, bei der Musiker und Dirigenten aus aller Welt zusammen musizierten. Der kulturelle Hintergrund jedes Einzelnen sei enorm unterschiedlich, meinte Jaap van Zweden. Die Musik aber habe keine Grenzen, im Gegenteil: Die Liebe zur Musik verbinde die Kulturen und lasse sie alle zu einer Musikfamilie auf Zeit werden.
«Musik könnte ein Grund dafür sein, dass es keine Kriege mehr gibt», sinnierte er. Musik könne man nicht zeigen oder lernen, die fühle man. Und so mache ein Spitzendirigent nicht aus, dass er alle Einsätze auswendig kenne und diese dem Orchster anzeige, sondern dass er sich komplett in die Musiker einfühlen könne.
Die Damen sind im Vormarsch
Van Zweden lobte die hohe Qualität der zwölf Studenten, welche an der diesjährigen Conducting Academy teilnahmen
– davon waren mehrere Damen. «Weltweit nehmen weibliche Musiker in den Orchestern zu», wusste van Zweden. Der Anteil steige zum Teil auf 50 % an, was wichtig sei, denn in der Musik gehe es immer auch um den Austausch von Energien. Wenn die weiblichen und männlichen Energien ineinanderflössen, sei das wunderbar, so der Stardirigent. Auch der Anteil an Dirigentinnen werde in der heute noch männerdominierten Welt stetig steigen. «In der Musik geht es um Talent und nicht um die Frauenquote», betonte er. Und er kenne inzwischen ein paar junge Dirigentinnen mit unglaublich viel Talent. Er riet den verantwortlichen Talentsuchern, diese Damen zu fördern.
Die Dirigentin Holly Choe (Südkorea/ USA) war Studentin der diesjährigen Academy. Zu diesem Thema meinte sie: «Ich schätzte es sehr, dass ich als Dirigentin für voll genommen und gleich wie meine männlichen Mitstudenten behandelt werde.» Denn es gebe Lehrer, welche die Damen mit Samthandschuhen anfassen würden, das bringe sie aber nicht weiter, sagte sie. Es gebe einem das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Jaap van Zweden ergänzte: «Mit dieser Technik lässt man die Studenten fallen, statt sie durch angemessene konstruktive Kritik zu fördern.»
«Ich liebe Gstaad»
«Die Beziehung zu Gstaad ist viel älter, als mein Engagement bei der Conducting Academy», sagte van Zweden. Der Intendant Christoph Müller sei etwa ein Jahr vor der New York Philharmonic auf ihn zugekommen. «Ich glaube, Christoph Müller erkennt Talent von selbst und engagiert nicht nur grosse Namen», lachte er. Bei der Anfrage habe er nicht lange überlegen müssen, denn: «Ich liebe Gstaad». Wenn er das Magazin «Gstaad my Love» lese, sei das, als ob es für ihn geschrieben worden sei. «Ich fühle mich hier wie zu Hause.»
Wenn er eine Lokalität im Saanenland frei wählen könnte, wo das Gstaad Festival Orchestra spielen sollte, würde er keinen Gletscher oder keine Bergspitze aussuchen, sondern einen Grossanlass. «Ich würde an einem der fantastischen Turniere ein Gratiskonzert für die Sponsoren und die Einheimischen geben, die das Festival so grossartig unterstützen».