Sessions-Rückblick von Nationalrat Erich von Siebenthal

  03.11.2017 Saanenland, Region

Nationalrat Erich von Siebenthal kommentierte im Schloss Blankenburg die Sessionen 2017 und berichtete über Ergebnisse.

In der Gerichtsstube des ehrwürdigen Schlosses Blankenburg kommentierte Nationalrat Erich von Siebenthal in einem Sessions-Rückblick die Geschäfte des Nationalrates und erläuterte die wichtigsten Geschäfte der vergangenen Herbstsession. Den über 30 aufmerksamen Zuhörern stellten sich vor dem spannenden Referat die acht SVP-Kandidaten aus dem Simmental und dem Saanenland für den Grossen Rat des Kantons Bern vor. Ueli Stucki gab ihnen mit aktuellen Fragen die Möglichkeit, sich vor einem Publikum zu profilieren.

Zum Aktuellen
Erich von Siebenthal begann seine Ausführungen mit dem «Bauen in der Landwirtschaftszone» begonnen und traf das Interesse der Anwesenden deutlich.

Die Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) sei am 3. März 2013 mit 62,9 % angenommen worden. Ziel der Gesetzesänderung sei es gewesen, durch die Förderung einer kompakten Siedlungsentwicklung die Zersiedelung in der Schweiz zu bremsen.

Der Kanton Bern habe die Ausführungsbestimmungen sehr eng gefasst und die vorangegangene extensive Interpretation der Bauordnungen gebremst. Mit der neuen Auslegung der Bewilligungspolitik sei es fast unmöglich geworden, den Sinn des neuen Raumplanungsgesetzes durchzusetzen. Unter der Führung der Volkswirtschaft Berner Oberland und den Regierungsstatthaltern gab es am Rande der Junisession zusammen mit den Oberländer Nationalräten, dem Ständerat Luginbühl und der Baubehörden von Bund und Kanton eine erste Aussprache.

Zeitgemässes Wohnen
Mit einer Begehung im August im Frutigland habe die gleiche Delegation nicht bewilligte Objekte besucht, die wegen zu niedriger Raumhöhe im Estrich das Dach anheben wollten und dadurch die maximale Bauhöhe marginal überschritten oder die wegen einer geplanten Aussen-Isolation die Gebäudeabstände unterschritten hätten. Mit der Begehung habe man nachweisen können, dass im Kanton Bern die Auslegung des Gesetzes zu restriktiv ausgelegt worden sei. Man erwartet, dass ab sofort die Ausführungsbestimmungen gelockert werden. Im September 2018 werde es eine Folgesitzung geben, um Rückschau zu halten und um festzustellen, ob diese Lockerung stattgefunden habe.

Als zweites Beispiel nannte Erich von Siebenthal die vor drei Jahren geplante Rückvergütung der Mineralölsteuer für Pistenfahrzeuge, wie sie in der Landwirtschaft und auf Flughäfen bereits realisiert sei. Ein hartnäckiger «Kampf» habe stattgefunden und im ersten Anlauf habe man mit dem Vorstoss keinen Erfolg verbuchen können. Mit Lobbying über die Bergbahnen schweizweit habe man schliesslich die Mehrheit erreichen können. Es sei nun möglich geworden, dass 2017 zum ersten Mal die Rückerstattung der Mineralölsteuer für Pistenfahrzeuge Realität werde. Dadurch werde ein schöner «Batzen» Geld auch in das Berner Oberland fliessen, das für touristische Bestrebungen eingesetzt werden könne. Erich von Siebenthal betonte, dass solche Geschäfte nur mit Fairness, Hartnäckigkeit und Lobbying in den Räten und um die Räte realisiert werden könnten.

Die Herbstsession mit der Bundesratswahl
Dass eine Sessionswoche keine Ferienzeit ist, zeigte Erich von Siebenthal anhand des Stundenplans der Räte auf. Er beginne früh am Morgen, dieser sei vollgestopft mit Besprechungen, Sitzungen und Lobbying und ende erst spät in der Nacht.

Das wichtigste Geschäft in der Herbstsession sei für ihn die Wahl des neuen Bundesrates durch die vereinigte Bundesversammlung gewesen. Eine Bundesratswahl sei ein prägendes Erlebnis mit ihren Gepflogenheiten in den Räten, in den Wandelhallen und schliesslich in der eigentlichen Wahl. Das Parlament hat den Tessiner FDP-Nationalrat Ignazio Cassis mit 125 von 244 gültigen Stimmen in den Bundesrat gewählt. Damit sei seit Bundesrat Nello Celio wieder ein Tessiner im Bundesrat, was gut sei.

Die wichtigsten Geschäfte der Herbstsession
Erich von Siebenthal erläuterte die bedeutendsten Geschäfte der Herbstsession 2017 und den Stand der Arbeiten.

1. Wahl von Ignazio Cassis in den Bundesrat

Das Parlament habe den Tessiner FDP-Nationalrat Ignazio Cassis mit 125 von 244 gültigen Stimmen in den Bundesrat gewählt.

2. Schweiz-EU: Institutionelles Rahmenabkommen und Beschränkung der Zuwanderung (Initiative «Raus aus der Sackgasse», RASA)

Mit dem institutionellen Rahmenabkommen würde internationales Recht über Schweizer Recht gestellt.

3. Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren» (No-Billag-Initiative)

Die No-Billag-Initiative wurde durch das Parlament nicht unterstützt, geniesst im Volk aber grosse Sympathien. Ein Bundesratsentscheid wurde gefällt.

4. Volksinitiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre»

Durch die Initiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre» soll die finanzielle Privatsphäre der Bürger geschützt werden.

5. Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und Finanzinstitutsgesetz (FINIG)

Nach dem Ständerat stimmte auch der Nationalrat dem Finanzdienstleistungs- und dem Finanzinstitutsgesetz zu.

6. Ausdehnung des automatischen Informationsaustausches (AIA)

Der automatische Informationsaustausch soll möglichst schnell ausgedehnt werden – ob er in der Praxis funktioniert, ist ungewiss.

7. Vollgeld-Initiative

Der Ständerat lehnt die Vollgeld-Initiative einstimmig ab – auch ein Rückweisungsantrag von SP-Ständerätin Fetz scheiterte deutlich.

8. Umsetzung der Pädophilen-Initiative

Der Ständerat lässt gewisse Ausnahmen bei der Umsetzung der Pädophilen-Initiative zu.

9. Verbot von Preisparitätsklauseln im Vertragsverhältnis zwischen Online-Buchungsplattformen und Hotels

In Zukunft dürfen Hotels, wenn sie auf einer Buchungsplattform inserieren, auf ihrer eigenen Webseite günstigere Tarife offerieren.

10. Immobilienbotschaft 2017

Weit höherer Ausbau der Schweizer Bundesasylzentren im Vergleich zum Ausland

11. Reduktion der gebundenen Ausgaben des Bundes

Die gebundenen Ausgaben steigen immer weiter an – in der Finanzpolitik verliert das Parlament zunehmend Handlungsfähigkeit.

12. Nein zu voller Transparenz im Ständerat

Schliesslich weigerte sich der Ständerat ein weiteres Mal, volle Transparenz über sein Abstimmungsverhalten zu schaffen …

Erich von Siebenthal beurteilte mit hoher Kompetenz und «volkseigenen» Worten die komplexen Geschäfte. Am Schluss forderte er die Anwesenden auf, das Bundeshaus während einer Session zu besuchen, und stellte sich zur Verfügung, solche Besuche zu begleiten.

WALTER ZELLER


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