«Spitalstandort ist nicht zu hinterfragen»

  09.02.2018 Region, Kanton, Saanenland, Zweisimmen, Simmental

Am 22. Januar hat die Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern (GEF) die politischen Behörden aus dem Simmental und Saanenland nach Bern eingeladen. Die erneute Hinterfragung des Spitalstandorts Zweisimmen durch die GEF mit Regierungsrat Pierre Alain Schnegg und die Spital STS AG habe bei den Simmentaler Politikern energischen Protest und Unverständnis ausgelöst, schreibt die Kerngruppe der IG Spitalversorgung Simmental-Saanenland in einer Medienmitteilung.

Dieses Vorgehen zeige einmal mehr, dass die ganze Bevölkerung des Simmentals mit einem angeblichen Spitalneubau an der Nase herumgeführt worden sei und jetzt wiederum mit der erneuten Hinterfragung des Spitalstandorts Zweisimmen. Die IG sei überzeugt, dass sich die Politiker und die Bevölkerung solche den Volkswillen missachtenden Auswüchse nicht länger gefallen liessen.

«Die IG zeigte seit Jahren die Missstände auf»
Die IG habe bereits vor drei Monaten publik gemacht, dass bei der Spital STS AG verwaltungsintern ein Spitalneubau seit längerer Zeit vom Tisch sei und die hohe Planungs-Summe von 2,8 Mio. Franken in der Rechnung dem Spital Zweisimmen bereits belastet wurde (Erhöhung des Betriebsdefizits). Dies, obwohl die Bevölkerung im Glauben an einen Spitalneubau belassen worden sei. Der Kanton habe den von der Spital STS AG geforderten, «unverschämt hohen» Betriebsbeitrag von 3,4 Mio. Franken nicht bewilligt. Wie die GEF zweifle auch die IG an der von der Spital STS geforderten kantonalen Defizitdeckung. Das Defizit sei so hoch gerechnet, dass es von Regierungsrat Schnegg verständlicherweise nicht habe bewilligt werden dürfen. Die Spital STS weigere sich jedoch, ihr Defizitgesuch zu überarbeiten, wie es die GEF gewünscht habe. Stattdessen soll jetzt eine Expertenkommission erneut mit einer Standortevaluation betreut werden, was das Projekt um mindestens weitere fünf bis zehn Jahre nach hinten verschiebe.

Nach dem Treffen vom 22. Januar hätten sich die politischen Behörden des Simmentals am 26. Januar zu einer gemeinsamen Aussprache getroffen und das weitere Vorgehen beraten. Ebenfalls habe sich die IG-Kerngruppe zu einer Besprechung getroffen. Alle IG-Kerngruppen-Mitglieder stünden voll hinter dem Vorgehen und den Beschlüssen der Simmentaler Politbehörden und zu der dazu verfassten, gemeinsamen Medienmitteilung zum Spitalstandort Zweisimmen, welche von den Simmentaler Gemeinden, Grossratsmitgliedern sowie der IG unterzeichnet worden sei (wir haben berichtet).

«Die medizinische Grundversorgung wieder auf Kurs bringen»
Die IG habe seit Jahren regelmässig «vorausschauend mit Berichten, Grafiken, Fotomontagen usw. auf die Fehlentwicklungen und einen kaum realisierbaren Spitalneubau hingewiesen.» Die IG sei heute klar der Meinung, dass für das Saanenland wieder eine bessere Erstversorgung hergestellt werden müsse Dazu gehörten auch die Hinterfragung und Neuorganisation der teuren Ambulanzdienste.

Der Spitalstandort Zweisimmen sei am 10. Mai 2012 durch einen demokratischen, von der Regierung verlangten Beschluss der Bergregion Obersimmental-Saanenland, nach langen Abklärungen und unter Einbezug von Gutachtern (Intraconsult, Arbenz, Oggier) als zentralster Spitalstandort festgelegt worden. Nun soll eine Expertenkommission wieder Saanen als Standort prüfen. «Sollte diese längst verworfene Variante doch wieder ins Auge gefasst werden, dürfte dies das Geburtshaus Maternité ernsthaft gefährden», heisst es in der Medienmitteilung. Die IG Spitalversorgung Simmental-Saanenland befürchte darum schon seit vielen Jahren, dass der Spitalneubau von der Spital STS AG nur vorgeschoben werde, das Spital nie saniert, geschweige denn neu gebaut werden soll. Denn das Hinausschieben eines Entscheids schwäche das Spital, was dazu führe, dass es sich auf lange Zeit selber schliesse – und damit das unausgesprochene Ziel der Spital STS allmählich erfüllt werde. «Man weiss, dass die Spital STS seit ihrer Übernahme nie Mietzinse entrichtete, keine Gebäudesubstanz erhaltende Investitionen tätigte, aber Investitionsabgeltungen kassierte», schreibt die IG. Die IG habe auch schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass die GEF ihre gesetzlich vorgeschriebene Kontrollfunktion gegenüber der Spital STS nicht wahrgenommen habe.

«Warum nicht einen neuen Anbieter?»
Die IG habe Kenntnis davon, dass sich mehrere geeignete Anbieter für eine professionelle Spitalversorgung in Zweisimmen interessierten. «Diese würden sich für stationäre wie ambulante Behandlungen verpflichten und möchten sogar das Leistungsangebot erweitern.» Die IG sehe als nächsten Schritt die Abtretung des Grundstückes, des Legats und der Spitalgebäude vom Kanton an eine zu gründende Gesellschaft.

Nach Ansicht der IG bestehe eine gute Chance, dass mit einem neuen Anbieter die rund 20 000 Einwohner sowie 20 000 Feriengäste eine adäquate Gesundheitsversorgung, wie sie in anderen Gegenden der ganzen Schweiz gang und gäbe sind, zugestanden werde. Ganz abgesehen davon, dass sonst Tourismus und Gewerbe noch schwerer betroffen würden.

PD/ANITA MOSER


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