«Ich bin sehr stolz und zufrieden»

  21.12.2018 Interview, Hotellerie / Gastronomie

600 Toques (Kochmützen) bewegten sich an der Eröffnungsfeier des Culinary World Cup in Luxemburg wie die Wellen im Meer. Die Anspannung während der Show und Teampräsentation war gross, danach folgten erfolgreiche Wettkampftage und tolle Resultate. Nun beginnt für Tobia Ciarulli aber alles wieder von vorn.

BLANCA BURRI

Wie geht es Ihnen nach zehn stressigen WM-Tagen?
Gut, stolz und erleichtert. Die Vorbereitung und die WM an sich war intensiv, es waren sehr lange Arbeitstage, aber auch eine tolle Erfahrung. Während der WM habe ich wenig geschlafen, aber wer mit diesem hohen Adrenalinkick findet Schlaf?

Beginnen wir aber beim Anfang. Gibt es eine Teampräsentation, wie das im Sport üblich ist?
Ja. Es ist ein Schmelztiegel der besten Köche der Welt, rund 600 Personen total. Unsere Teams laufen in einheitlichen Kleidern mit der Schweizer Fahne ein. Licht, Musik und Show tun das ihrige dazu, dass dieser Moment sehr emotional wird.

Welche Ziele haben Sie sich für die Kochnationalmannschaft gesetzt?
Mit den besten mitzuhalten. Weil ein neues System eingeführt wurde, haben wir die Kochnationalmannschaft vor zwei Jahren neu zusammengestellt. Vor knapp zwei Jahren also haben wir bei Null begonnen. Ich wollte an dieser WM zeigen, dass auch Wettbewerbs-Neueinsteiger viel erreichen können. Dieses Ziel haben wir erreicht. Meine beiden Coachs und ich haben das Team gefördert, gefordert und trainiert. Mit dem vierten Platz sind wir nun extrem happy. Die Nationalmannschaft hat sich hinter drei sehr starken Konkurrenten und vor vielen weiteren guten Ländern platziert.

Wie weit war die Kochnati vom Podest entfernt?
Nur 1,6 Punkte. Vor uns lagen die sehr starken Schweden, Singapur und Norwegen.

Gelten für alle Kochteams der Welt die gleichen Bedingungen?
An der WM schon, aber in der Vorbereitung unterscheiden sich die Teams stark. Die Mitglieder unserer beiden Teams arbeiten meist Vollzeit als Köche oder Patissiers. Die Freizeit opfern sie für die Nationalmannschaft. Andere Mannschaften wie die Schweden sind in einem Förderprogramm des Staates. Sie verdienen dort ihren Lebensunterhalt mit ihrer Tätigkeit im Verband.

Und trotzdem waren die Schweizer so nah am Podest.
Ja, durch harte Arbeit, Leidenschaft und viel Herzblut haben wir sehr gut abgeschnitten.

Was ist das nächste Ziel?
Die Kocholympiade in Stuttgart vom Februar 2020.

Werden die Teams in der gleichen Zusammensetzung antreten?
Bei den Junioren voraussichtlich nicht. Die 19- bis 25-Jährigen haben bereits vier Jahre gemeinsam gekocht. Das ist eine extrem intensive Zeit, in der man dieser Leidenschaft vieles unterordnet. Zwei vom Team scheiden aufgrund ihres Alters aus, andere haben sich beruflich neu orientiert und sich deshalb entschlossen, zurückzutreten. Wir befinden uns bereits wieder im Selektionsprozess.

Gibt es im Nationalteam eine Änderung?
Die meisten bleiben uns erhalten. Sie sind zwischen 24 und 37 Jahre alt und eigentlich war schon bei der Formierung vor zwei Jahren die Olympiade 2020 das gemeinsame Ziel.

Gibt es Änderungen im Kochprogramm?
Ja, allerdings. Die anspruchsvolle Show, (Culinary Art) bei welcher viele kalte und warme Programme kalt präsentiert werden, wird ersetzt. An ihre Stelle tritt der «Chef’s Table» für zwölf Personen. Das Team hat bei dieser Disziplin sechs Stunden Zeit, um sechs verschiedene Fingerfood, eine Fischschauplatte, ein Vegangericht, einen Hauptgang mit Dessert und Pralinen sowie ein Schokoladenschaustück zu kochen und zu präsentieren. Auf diesem Level ist es extrem anspruchsvoll mit sechs Köchen ein solches Programm innerhalb dieser kurzen Zeit auf die Beine zu stellen.

Wie kann es trotzdem gelingen?
Jeder Arbeitsschritt muss wie im Schlaf sitzen. Das heisst, trainieren und nochmals trainieren. Man muss dranbleiben, durchziehen und das braucht viel Energie. Wir haben pro Mannschaft vier Trainingscamps pro Jahr und trainieren dann oft 16 bis 18 Stunden am Tag.

Welches ist Ihre Aufgabe in den beiden Teams?
Meine Hauptaufgaben sind die Betreuung der beiden Mannschaften, ihre Einsätze über mehrere Jahre zu planen, Synergien zu nutzen, Trends nachzugehen und auch neue Talente zu rekrutieren. Auch die Logistik und die Budgetplanung sind ein wichtiger Teil meiner Aufgaben.

Ist es schwierig, immer noch besser zu werden?
Es ist immer eine grosse Herausforderung, etwas Neues zu kreieren. Dazu braucht es gute Leute, ein begeistertes Team und immer wieder neue Impulse sowie neue Inspirationen.

Wie kann das gelingen?
Das ganze Team bringt viele verschiedene Ideen ein. Die besten verfolgen wir weiter. Wir sind in steter Bewegung, damit wir immer wieder von Neuem überraschen können.

Wo holen Sie die Inspiration her?
Früher machten wir unsere Wanderjahre und liessen uns von den Küchenchefs inspirieren. Man füllte so sein Rucksäckli mit Erfahrungen. Das hat uns geformt, hat unsere Persönlichkeit, aber vor allem unseren Kochstil beeinflusst. Heute lassen sich viele von der Natur und ihren Formen sowie Gerüchen inspirieren, aber auch die Social Media sind eine wichtige Fundgrube.

Wann gingen in Luxemburg die Emotionen am höchsten?
An der Eröffnungsfeier und dann natürlich während und nach der Siegerehrung. Dazwischen war ich extrem konzentriert und auf den Ablauf der einzelnen Programme fokussiert. Ich hatte wenig Zeit für Emotionen.

Haben Sie schon während dem Wettkampf gespürt, dass es für die Schweiz gut läuft?
Ja. Die Mannschaften arbeiteten hochkonzentriert, jeder Handgriff sass und sie hatten den Zeitplan gut im Griff. Als der Service begann, habe ich sofort gemerkt, dass die Qualität noch besser geworden war, als beim letzten Testlauf.

Was erhoffen Sie sich von Stuttgart?
Ich möchte keine Prognosen stellen. Wir müssen uns weiterhin professionell, seriös und perfekt vorbereiten, dann liefern wir eine gute Leistung ab und die Resultate werden stimmen.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote