Das Anlitz des Neugeborenen

  21.12.2018 Gstaad, Kirche

PFARRER ALEXANDER PASALIDI

Im Zentrum von Weihnachten steht die Geburt eines Kindes. Wer schon einmal eine Geburt miterlebt hat, kennt diesen herzerwärmenden und erhabenen Moment. Jenen Moment, auf den sich werdende Eltern, Familien mit ihren Kindern und die ganze Verwandtschaft sehr freuen. Wie freudig und beglückend ist es, nach der langen Zeit der Schwangerschaft endlich ins Antlitz des neuen Erdenbürgers zu blicken. Der Anblick des Gesichtes und das Wesen des Kindes gehen zu Herzen.

In der hochheiligen Nacht – so die biblische Überlieferung – wurde ebenfalls ein Kind geboren. Doch dieses Kind war und ist so anders. Vor über 2000 Jahren blickten nicht nur Maria und Josef, sondern auch die Hirten und die Sterndeuter aus dem Osten ins Antlitz dieses Kindes und verspürten, dass es etwas Besonderes war. Seither sind Menschen aus allen Zeiten und Epochen sich einig, dass dieses Kind ein einzigartiger und besonderer Mensch war. Juden und Muslime verbindet gar der Glaube, dass dieser Mensch ein grosser Prophet Gottes war und ist. Millionen Christen der verschiedensten Konfessionen aus Dörfern, Städten und Metropolen dieser Erde erblicken im Gesicht des Neugeborenen das Antlitz des Mensch gewordenen Gottes. Christen schauen in dieses Gesicht und teilen die Überzeugung des heiligen Paulus, der in seinem Brief an Titus den erhabenen Moment der Geburt Jesu in folgenden Worten festhielt: «Erschienen ist uns die Menschenfreundlichkeit und Güte Gottes» (Tit 3,4).

Nicht nur das Antlitz dieses Kindes, sondern vielmehr dessen Botschaft ist das, was uns seit jeher in den Bann zieht: die hoffungsvolle Botschaft der Mitmenschlichkeit, der Versöhnung, der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe. Nach diesen Werten sehnen sich auch heute – und besonders auch in der hochheiligen Nacht – Millionen von Menschen. Darin liegt der Grund, warum wir Weihnachten feiern.

Weihnachten berührt weiter, weil die Geschichte dieses einzigartigen Kindes uns zu Herzen geht. Dieses Kind ist Zeugnis dessen, was wir allen Kindern ersparen wollen: Abweisung, Obdachlosigkeit, Verfolgung und Flucht. So berühren uns seine Geburt und sein Antlitz, das uns aus der Krippe entgegenlächelt, und spornt uns an, nicht nur ihm, sondern allen Mitmenschen mit Wertschätzung, Respekt, Zuneigung und Liebe zu begegnen.

Das Betrachten des Antlitzes Jesu an Weihnachten, geboren in einer armseligen Krippe in einer Grotte in Bethlehem, der um Schutz, Hilfe, Geborgenheit und Liebe bittet, lädt darüber hinaus ein, das eigene Menschsein zu hinterfragen. An Weihnachten erinnert das Antlitz Jesu, dass jedes Kind auf der Welt sich nach Geborgenheit und Liebe sehnt, und so ermutigt Weihnachten, für die Würde und Rechte aller Menschen einzutreten. Weihnachten will Menschen anspornen, gegen die sich mehr und mehr breitmachende Ellbogengesellschaft etwas zu tun und für mehr Gemeinwohl und Solidarität einzutreten. Das friedvolle Wesen Jesu ermutigt weiter, uns nicht an Egoismus, Gewalt, Hass und Terrorismus zu gewöhnen. Weihnachten fordert uns Menschen auf, sich überall in der Welt für Mitmenschlichkeit, Gerechtigkeit und Frieden einzubringen. Bemühen wir uns darum nicht nur in der hochheiligen Nacht und zur Weihnachtszeit, sondern auch an jedem Tag im neuen Jahr.

Das Antlitz Jesu in der Krippe helfe uns, über uns hinauszuwachsen. Dann erleben wir in der Tat, dass Weihnachten, bzw. das Betrachten des Antlitzes des Gottessohnes im Jesuskind, mich, dich und die ganze Welt verändern kann!

Darüber freut sich mit Ihnen der neue katholische Pfarrer von Zweisimmen, der Lenk und Gstaad und wünscht allen Feliz Natal, Merry Christmas, Joyeux Noël, frohe und gesegnete Weihnachten.


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